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Alt 28.08.2006, 16:15   #1
Keks
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 16


Standard Kurzgeschichte "Zigeunerbraut"

Das Knistern des Feuers war für sie ein vertrautes Geräusch. Lauer Sommerwind spielte mit ihrem Schleier, sie atmete den Duft von gegrilltem Fleisch, der sich mit einem schwersüßen Geruch von Räucherstäbchen mischte. Musikalische Klänge erfüllten ihr Ohr, wie oft schon hatte sie diese gehört, wie oft schon hatten sie ihr sehnsüchtiges Herz erfüllt und ihre Beine zum tanzen verführt.

Wenn sie ihre Arme bewegte, klimperten die vielen goldenen Armketten, ein Klang, den sie schon lange kannte, und doch war er heute ein besonderer, denn heute war sie es, die sie trug. Zwischen Planwagen und Zelten spielten Kinder Verstecken, streunten Hunde und rollten sich Katzen zum Nachtschlaf zusammen. Eine wunderbare Schwerelosigkeit machte sich in ihr breit, ihr Herz war geöffnet bis ins kleinste Detail, um all das aufzunehmen und darin einzuschließen, für immer. Warme Hände legten sich auf ihre Schultern, ein Blick nach links, und sie blickte in die schwarzen Augen von Guiseppe. Lächelnd strich er ihre roten Locken beiseite und küsste sanft ihre Schulter, sie erschauderte.
“Wollen wir tanzen,” fragte er und schmiegte sein weiches dunkles Gesicht an ihren Hals. Das ferne Klappern eines Mühlrades und seine Zärtlichkeit ließen sie die Augen schließen.
“Ja, mit Dir tanze ich jetzt für mein ganzes Leben,” hauchte sie.

Leichtfüßig stand sie auf, ihre nackten Füße standen nun auf warmem trockenen Laub, etliche vertrocknete Blätter knisterten unter ihren Schritten als sie auf ihn zuging und ihn in ihre Arme nahm. Er führte sie nah an das Feuer, unter den silbernen Mond und zwischen die Stimmen der anderen. Ihre Hände berührten den feinen Seidenstoff seines Hemdes, das Gefühl gab ihr die vertraute Sicherheit die sie brauchte. Langsam drehten sich die lachenden Gesichter um sie herum, der warme Atem des Feuers umschlang ihre Beine und ihr Rock wehte wie ein schwebender Vorhang im Wind des Tanzes um sie herum. Die Augen geschlossen sah sie die Bilder ihrer Kindheit vor Augen, die grüne Lichtung im Wald am Rande der Stadt. Menschen, die um Zelte tanzten und lachten, den lockenköpfigen Leierkastenspieler, der versunken eine fremde Melodie spielte, die sich für immer in ihr Herz gebrannt hatte. Die Nächte, in denen sie sich heimlich aus dem Haus der Eltern geschlichen hatte, als sie kein Kind mehr war und noch keine Frau, tauchten vor ihren Augen auf. Sternenklare Nächte in sicheren Verstecken, nicht entdeckt aber immer beobachtend. Und dann der erste Blick in seine schwarzen Augen, seine Hand welche die ihre nahm und mit zum Feuer führte, ihr Brot und Wein angeboten hatte. Die Melodien, die sie umfingen, als sie eine wunderschöne Frau gesehen hatte, die mit klimpernden Armreifen in den Armen eines großen schmalen Mannes tanzte.

Sie öffnete die Augen.
Ihr Mann reichte ihr ein Glas Wein und führte sie zu ihrem warmen Platz unter den Bäumen zurück, küsste ihre Stirn, ihre Augenlider und dann ihren Mund. Lächelnd drehte sie ihren Kopf zur Seite, mit geschlossenen Augen genoss sie seine Lippen auf ihrer Haut. Als sie ihre Augen wieder öffnete erblickte sie hinter einem Wildrosenbusch das Gesicht eines Kindes. Ein kleines Mädchen mit blondem Haar hatte ein paar Zweige auseinander gebogen und schaute mit großen Augen zu ihr herüber. Sie lächelte. Sie wusste, was das Mädchen fühlte, denn sie hatte genauso gefühlt. Und jetzt... jetzt war sie die Zigeunerbraut.
Keks ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.08.2006, 22:26   #2
Appelschnut
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 279


Hm, erstmal Frage: Gibt es hier einen tieferen Sinn? (Ich meine die Frage nicht böse - nicht falsch interpretieren...) Ich finde nämlich keinen.
Allerdings gefällt mir dein Schreibstil sehr, da du sehr schön bis in kleine Details beschreibst ohne zu langweilen.
Auch die Thematik mag ich: Zigeunerromantik trifft halt meinen Nerv... Dass diese dann noch in so schönen Bildern eingefangen wird, kann ich nur loben...
Allerdings, wie gesagt, tieferer Sinn?
Liebe Grüße und ein Lob
Appelschnut ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.08.2006, 10:20   #3
Keks
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 16


Hallo Fussballerin!
Nein, meine Geschichte hat keinen tieferen Sinn, sie ist einfach nur zur Unterhaltung gedacht. Vielleicht ist ja doch ein kleiner Sinn drin, nämlich der, dass manche Träume in Erfüllung gehen? Alles in allem ist es aber einfach eine kurze Erzählung aus Bildern, die mir in den Kopf gekommen sind. Danke für Deine Kritik!
Keks ist offline   Mit Zitat antworten
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