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Alt 09.12.2012, 14:38   #1
männlich endoflexx
 
Dabei seit: 12/2012
Alter: 30
Beiträge: 1

Standard Gezeichnet vom Leben

Hallo liebe Freunde des Prosa-Sports,

im Folgenden findet ihr ein paar Worte, die mir vor etwas längerer Zeit einmal zu der Aufgabe "Schreiben Sie eine Geschichte, in welcher der Erzählstil gewechselt wird!" über die Finger gegangen sind. Der kurze Prosatext kam damals ganz gut an und nun bin ich gespannt, was ihr dazu denkt. Ich bin für alles offen!

LG
endoflexx

__________________________________________________
Gezeichnet vom Leben.

Es hatte die ganze Nacht geregnet. Der Morgen war trüb und grau. In Paris‘ Straßen machte sich der Nebel breit. Sie waren unbelebt. Eine Schar von Vögeln nahm ihr morgendliches Bad vorm Louvre. Obdachlose, mit Zeitung verpackt – Le Monde; Paris im Wandel. Streiks bei etlichen Gewerkschaften. Wohin mit dem Müll? Sarkozy mit neuer Amtszeit? Fabelhafte Amelié ist schwanger. Europa sagt nein-Atomkraft vor dem Aus? – schliefen unter dem rot schimmernden Himmel. Auch er. Er war kein gewöhnlicher Junge – Sebastien. 16 Jahre. Durchschnittsjugendlicher. Neureiche Eltern. Scheidungskind. Nicht unintelligent. Vom Leben tagtäglich gezeichnet – schlief unter diesem Zelt der Welt. Die erste Straßenbahn am Morgen ratterte vor seinem Fenster vorbei. Mit seiner Mutter wohnte er in einer der teuersten Departements von Paris. Im Centre. Sie teilten sich zu zweit eine komfortable fünf-Zimmerwohnung im einundzwanzigsten Stock. Trotz der einundzwanzig Etagen Entfernung bis zur Straße erwachte er.

Ich stand auf. Mir war kalt. Schon in den ersten Sekunden des Morgens musste ich einen klaren Gedanken fassen. Was war los die Nacht? Was war das für ein absurder Traum? Hmm … nichtsdestotrotz wird es Zeit einen Blick aus dem Fenster zu werfen. Ich sah heute nicht weit. Ich konnte die Vögel am Louvre nur hören. Ich suchte vergebens Alberto im Park. Auf meinem Fenster waren Tropfen. Es hat geregnet. Es hat endlich wieder geregnet. Es hat seit Tagen nicht geregnet. Ich ließ mich nicht von der Trübe des Tages anstecken und sprang unter die Dusche. Ich war kein Mensch. Kein Mensch ohne nachdem Aufstehen Wasser an meinen Körper zu lassen. Mama wollte mir das hin und wieder verbieten, als wir von Monaco zurück nach Paris gejettet sind. Wir mussten damals zwischenlanden. In Lyon. Sie meinte, dass diese Flughafentoiletten nichts für Leute wie uns wären. Ich bin normal. Ich bin ein Mensch, wie jeder andere auch.

Es war Montag. Er suchte sich alles Erdenkliche zusammen und verließ das Haus. An der Brasserie vorbei, wo der Kaffee und die Croissants schon lockten. Er konnte nur schweren Herzens widerstehen. An jedem Schultag wartete er auf Emma unter dem Eifelturm. Er empfand es als eine gewisse Alltagsromantik, welche in der heutigen Hektik nicht verloren gehen dürfe. Er mochte es sich nicht eingestehen, aber er war verliebt. Sein Blick fiel auf die Uhr des Hotel des Invalides. Sie sagte 1 Uhr und 30 Minuten. Sie muss stehen geblieben sein... Das Uhrwerk, welches die gestressten Businessmänner aus ihren verzockten Nächten riss. Sein Blick verschärfte sich und er erkannte ein paar Männer, welche sich höchstwahrscheinlich daran versuchten, die Uhr wieder in Gang zu setzen. Seine Gedanken schweiften ab. – Eine Uhr. Was würde ich ohne sie machen? Würde die Zeit in Schnelle vergehen? Das wäre schlecht, dann könnte ich nicht jede Sekunde mit Emma genießen. Jedoch wäre ich eher mir selbst überlassen und könnte tun und machen, was ich will. Was würde Papa ohne Uhr machen? Er würde jeden seiner Geschäftstermine verpassen. Gestresster Mann und immer in Eile, aber ohne ihn wäre auch alles doof. Den Einzigen, den ich kenne, der keine Uhr braucht, ist Alberto. Er schläft ein, wenn der Mond zu scheinen anfängt und steht auf, wenn es ihm die Sonne befiehlt. Ich habe ihn mal eines Tages gefragt, was er macht, wenn Mondfinsternis ist. Er meinte, dass er die Nächte durch Gitarre spiele und sich nicht von Uhren sondern von der Natur zu Bett schicken ließe. Er war ein kluger Mann. Erzählt mir immer viele Geschichten. Viele sind wahr, glaube ich, aber ebenso Viele sind erfunden. Er kann sich nicht von der Flasche losreißen. –

Im selben Moment steuerte Emma auf Sebastien zu. Sie beobachtete ihn eine Weile und überlegte, was sie mit ihm anstellen könnte. Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange.
Die beiden gingen zusammen zur Schule. Ein privates Gymnasium am Rande von Paris. Die Straßenbahn war ihr täglicher Begleiter. Die Stunden vergingen schnell. Englisch. – „Be or not to be.“, zitierte ihr Lehrer. Französisch. – „On ne voit bien qu'avec le cœur. L'essentiel est invisible pour les yeux.“, verriet ihnen der Fuchs sein Geheimnis und sie dachten nach.
Es war kurz vor halb sechs. Beide packten ihre Sachen…
„Sebastien! Warte auf mich!“ Hmmm!? „Emma!“ und wie jedes Mal zauberte sie mir ausversehen ein Lächeln auf die Lippen. Sie habe heute viel nachdenken müssen, meinte sie zu mir. Ihr gehe der Satz von Antoine de Saint-Ex nicht mehr aus dem Kopf. – Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. – „Emma?“ „Sebastien?“ Sie runzelte mit einem unwiderstehlichen Lachen ihre Stirn. – Ich muss widerstehen. Verdammt. Arwww, sie macht mich verrückt. – „Ich habe auch über den Satz nachdenken müssen.“ „Welchen Satz?“ „Och Emma. Du bist blond und hast wunderschöne blaue Augen, aber das gibt dir nicht das Recht, alles zu vergessen, was du vor einer Sekunde gesagt hast!“ Sie fing an mit lachen: „Du bist süß Sebastien. Ich mag dich.“ Uns verband die Stille, ihr charmantes Lächeln und meine zufriedene Miene. Ihr reichte ein Zucken meiner Lippen, da sie wusste, dass ich selten lache. Warum wissen wir beide nicht. Sie unterbrach die Pause und wurde ernst: „Glaubst du der Fuchs weiß, von was er da redet?“ „Er ist mir sympathisch. Ich vertraue ihm. Ich komme nur noch zu keinem Entschluss. Der kleine Fuchs sagt mir, dass ich auf meine Gefühle hören soll, nur weiß ich denn was ich will, ohne dass ich genau hinsehe?“ „Du bist komisch Sebastien. Schau mich an. Schau uns an. Woher nehmen wir jeden Tag die Kraft aufzustehen? Den Tag immer wieder aufs Neue als Abenteuer zu sehen? Ich nehme sie aus meinem Herzen und weil ich weiß, wenn ich jeden Abend die Augen zu mache, dass ich dich zehn Stunden später träumend wiedersehe.“ Ich hatte Gänsehaut und ihre Augen glänzten. „Das hast du schön gesagt. Emma...schön gesagt.“ Ich konnte mir die Träne nicht verkneifen. Emma gab mir Kraft.

Die Zeit verging. Sie schauten in unzählige Läden hinein und verpassten die Zeit. Sie warfen einen Blick auf die wieder funktionierende Uhr im Hotel des Invalides und beeilten sich. Nach ein paar Minuten waren sie schon bei Alberto angelangt, der schon auf der Stelle tretend auf sie wartete. Emma und er schafften Sebastien nach Hause. Wie jeden Abend.
Sebastien versuchte sich so leicht wie möglich zu machen und er wurde aus dem Rollstuhl heraus in das Haus getragen. Emma klappte den Rollstuhl zusammen und lief hinterher. Oben angekommen. Saß Sebastien wieder in seinem Helfer, mit welchem er ein Leben lang verbunden sein wird…
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Alt 12.12.2012, 19:27   #2
weiblich FantasyGirl1995
 
Benutzerbild von FantasyGirl1995
 
Dabei seit: 12/2012
Ort: Wien
Alter: 28
Beiträge: 3


Ich hab richtig Gänsehaut bekommen.Ich finde die Geschichte einsame spitze und ich hoffe du schreibst mehr solche Geschichten.
FantasyGirl1995 ist offline   Mit Zitat antworten
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Stichworte
behinderung, leben, paris

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