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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 14.04.2017, 23:24   #67
Richard L.
 
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Zitat:
Zitat von talking head Beitrag anzeigen
der "Laden": siehst du einen Weg, die Reste noch zusammen zu halten bzw. zu reparieren?
Hallo talking head,
bei der Gemengelage? No way. Europa ist ein Hirngespinst, das zeigt sich doch jeden Tag. Da kann man auch an einen gerechten Gott glauben.

Viele Grüße,
Richard
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Alt 15.04.2017, 09:10   #68
männlich Ex-DrKarg
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Standard Re: Europa, Du!

Richard L.,
Europa ist ein herrlicher Traum und eine wunderbare Vision, der/die uns beheimaten kann - wenn wir es denn zulassen!
Außerdem ist dies ein Kontinent mit einmaliger geografischer Lage und Ausformung - und mit einem für uns segensreichen Klima.
Wo alles auseinanderfällt bzw. sich separiert, wie dies im Augenblick der Fall zu sein scheint, wird es künftig schwer werden, sich einheimisch zu fühlen.....
Viele Grüße!
H. H. Karg
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Alt 15.04.2017, 11:04   #69
Richard L.
 
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Zitat:
Zitat von DrKarg Beitrag anzeigen
Außerdem ist dies ein Kontinent mit einmaliger geografischer Lage und Ausformung - und mit einem für uns segensreichen Klima.
Danke für den kurzen Geografieunterricht, Dr. Karg! Endlich weiß ich, wo ich lebe. Warum "zulassen"? Das hier ist seit 46 Jahren meine sogenannte "Heimat".

Viele Menschen müssen sich aus geopolitischen Gründen - und das ist sehr milde ausgedrückt - komplett von diesem Begriff trennen, und da klagen Sie über ein fehlendes Heimatgefühl? Ich bitte Sie, können Sie sich eigentlich vorstellen, alles zurücklassen zu müssen und in ein Land zu gehen, dessen Waffen Sie hätten töten können? Ist Ihnen eigentlich klar, wie unglaublich arrogant dieses Klagen ob eines fehlenden Heimatgefühles, einer fehlenden Harmonie, in den Ohren der Betroffenen klingen muss?

Oder habe ich Sie jetzt falsch verstanden? Wenn dem so ist, dann bitte ich um eine Präzisierung Ihres Gedankenganges.

Es ist generell ein grotesker Zustand: Ein im Grunde völlig amerikanisiertes Volk (seit 1945) hat Angst vor einer sog. Islamisierung und suhlt sich in „Identitätsproblemen“? Das, Dr. Karg, ist ein dritter Vorhang, der schwerste, den die meisten Menschen nicht in der Lage sind wegzuziehen.

Mit dem Rest Ihrer Ausführung kann ich leider nichts anfangen, da ich kein Kirchgänger bin, oder jemand, der mit feuchten Wangen die Neujahrsansprachen oder sonstige Volksverblödungen von Frau Dr. Angela Merkel verfolgt.

Jetzt habe ich Ihnen doch wieder geschrieben, denn dazu muss man etwas schreiben.

MfG,
Richard
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Alt 15.04.2017, 11:26   #70
männlich Eisenvorhang
 
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Das Problem vieler Betrachtungsweisen ist das Intellektualisieren und Reflektieren der Zusammenhänge in der Gegenwart.
Viel mehr sehe ich die Gespaltenheit der Gruppen, die vom Eigentlichen abweichen, die Idiosynkrasie oder auch der Idiosynkrasiekredit, wie es die Sozialpsychologen zu sagen pflegen. Die Akzeptanz nimmt ab und mündet in Toleranz, weswegen auch die Toleranzspanne für Konflikte geringer wird.

Menschen beziehen ihre Position und generieren eine Meinungspolitik quasi aus meist politisch reflexiven Spannungen und Radikalisierungen. Die Angelegenheit rund um EU ist weitaus komplexer und vielumfassender als Kultur, Politik und Heimat.
Es ist eine Kulturproblematik, die sich zwischen nationalen Angelegenheit zu drängen scheint. Das Problem sind also nationale Kulturen auf mehreren Ebenen.
Die nächsten 100 Jahre sind der Beweis.
Trotzdem ist die EU für mich authentischer und echter als Amerika. Denn eigentlich sind die Amerikaner Europäer und eigentlich sind die Europäer keine Amerikaner, weil die Amerikaner so gut wie ausgelöscht wurden.
Und das wird den Europäern auch bald blühen.
Wenn nicht durch Mensch, Kultur und Politik: dann durch metereologische Beweggründe, durch geologische und geografische.
Damit meine ich Begriffe wie Urbanisierung, Bevölkerungsdichte, Klimawandel, Energieknappheit, Wasserknappheit etc.

vlg

EV
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Alt 15.04.2017, 17:30   #71
Thing
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Zitat:
Zitat von Richard L. Beitrag anzeigen
Ich bitte Sie, können Sie sich eigentlich vorstellen, alles zurücklassen zu müssen und in ein Land zu gehen, dessen Waffen Sie hätten töten können?

***

Es ist generell ein grotesker Zustand: Ein im Grunde völlig amerikanisiertes Volk (seit 1945) hat Angst vor einer sog. Islamisierung und suhlt sich in „Identitätsproblemen“?

***


Mit dem Rest Ihrer Ausführung kann ich leider nichts anfangen, da ich kein Kirchgänger bin, oder jemand, der mit feuchten Wangen die Neujahrsansprachen oder sonstige Volksverblödungen von Frau Dr. Angela Merkel verfolgt.



MfG,
Richard
Zu 1. Warum sollte er? Auf Deutschland fallen keine Bomben, in Deutschland herrscht kein gefährlicher Diktator über einen Bürgerkrieg.

Zu 2. Ein Gutteil ist wenn schon russianisiert seit 1945. Wer suhlt sich in Identitätaproblemen? Der Americophobe?

zu 3. Wie kannst Du Frau Dr.Merkel dermaßen herabsetzen, haben wir doch ihrem "das schaffen wir!" Deine heißgeliebten Flüchtlinge zu verdanken, die hier vor d e n Waffen sicher sind, die hier produziert werden, um sie (die Migranten) anderswo auszurotten.
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Alt 15.04.2017, 18:08   #72
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Eisenvorhang Beitrag anzeigen
Trotzdem ist die EU für mich authentischer und echter als Amerika. Denn eigentlich sind die Amerikaner Europäer und eigentlich sind die Europäer keine Amerikaner, weil die Amerikaner so gut wie ausgelöscht wurden.
Die Vereinigten Staaten von Amerika - nicht "Amerika" - sind mit der EU überhaupt nicht vergleichbar. Es stimmt, dass die sog. "Amerikaner" in den ersten Generationen noch als Angehörige europäischer Mutterländer anzusehen waren, vornehmlich England, Irland, Niederlande, Deutschland und Frankreich. Inzwischen kann man sehr wohl von den "U.S.-Amerikanern" als eigene Nationlität sprechen.

Ausgelöscht wurden diese "Amerikaner" keineswegs. Gemeint sind die Ureinwohner (wenn man sie so nennen kann, denn sie kamen irgendwann ebenfalls sehr wahrscheinlich aus dem fernen Europa), die wir zusammengefasst als "Indianer" oder "American Indians" bezeichnen. Aber auch diese wurden nicht ausgelöscht, sondern dezimiert und in Reservate gezwungen. Nicht immer war der Grund die Unversöhnlichkeit der "Kulturen" oder der Kampf um das Land im Westen. Vielmehr stellten sich eine Reihe von einflussreichen Stämmen während des Unabhängigkeitskrieges auf die Seite der Briten - die bekanntlich den Krieg verloren. Andere Stämme wiederum kooperierten mit den Franzosen, die vornehmlich als Trapper unterwegs waren - ein Geschäft, das keine Zukunft hatte.

Es kamen also viele Faktoren zusammen. Inzwischen nimmt die indianische Bevölkerung in den U.S.A. kontinuierlich zu, so dass von einer Auslöschung keine Rede sein kann.
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Alt 15.04.2017, 18:47   #73
männlich Eisenvorhang
 
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Hallo Ilka

Ok. Was Du nicht sagst
Wo liest man denn solche Dinge?
Das klingt nämlich sehr theoretisch.
Hast du dort gelebt? Ich schon.
Die Betroffenen erzählen sich andere Geschichten und der tägliche Umgang ist für die Mehrzahl von Erniedrigung und Rassismus geprägt.
Recht hast Du mit der Population. Seit den siebzigern erholt sich das Volk.
Aber nicht gesellschaftlich. Etwas. Ein wenig.

Und den klassischen Amerikaner kann ich nicht ernst nehmen.
Für mich sind diese Identitätslos.


vlg

EV
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Alt 15.04.2017, 19:04   #74
Richard L.
 
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Immerhin wurde in #73 festgestellt, dass Diktatoren gefährlich sind. Den Rest ordne ich der Politsatire zu, über die ich aber nicht lachen konnte.
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Alt 15.04.2017, 20:39   #75
Thing
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Zitat:
Zitat von Richard L. Beitrag anzeigen
Immerhin wurde in #73 festgestellt, dass Diktatoren gefährlich sind. Den Rest ordne ich der Politsatire zu, über die ich aber nicht lachen konnte.
Paradebeispiel eines erheiternden u n d leeren Kommentars.
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Alt 15.04.2017, 20:50   #76
Richard L.
 
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Habe ich Deine überaus gehaltvollen Essays zum Thema überlesen?




Es wird mal wieder Zeit, Dich an die Regeln aus Deinem eigenen Forum zu erinnern:

(...)Persönliche Anfeindungen, Herabwürdigungen sowie die Belustigung auf Kosten anderer Forenteilnehmer sind ausdrücklich unerwünscht(...)

http://www.dielyrik-wiese.de/lyrik-w....php?topic=2.0

Immer wieder frage ich mich, warum Du Dich hier eigentlich nicht so verhältst, wie Du es von den Usern in Deinem Forum verlangst.

In diesem Sinne, Richard
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Alt 15.04.2017, 20:56   #77
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Eisenvorhang Beitrag anzeigen
Und den klassischen Amerikaner kann ich nicht ernst nehmen.
Für mich sind diese Identitätslos.


Was nun? Klassisch oder identiätslos? Wie bringt es fehlende Identität dazu, klassisch zu werden?
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Alt 15.04.2017, 21:02   #78
Thing
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Zitat:
Zitat von Richard L. Beitrag anzeigen
Habe ich Deine überaus gehaltvollen Essays zum Thema überlesen?



Es wird mal wieder Zeit, Dich an die Regeln aus Deinem eigenen Forum zu erinnern:

(...)Persönliche Anfeindungen, Herabwürdigungen sowie die Belustigung auf Kosten anderer Forenteilnehmer sind ausdrücklich unerwünscht(...)

http://www.dielyrik-wiese.de/lyrik-w....php?topic=2.0

Immer wieder frage ich mich, warum Du Dich hier eigentlich nicht so verhältst, wie Du es von den Usern in Deinem Forum verlangst.

In diesem Sinne, Richard
Oh, habe ich Dich persönlich angefeindet? Wo denn?
Habe ich Dich herabgewürdigt? Wo denn?
Hab ich mich gar belustigt auf Deine Kosten? Ja - wo und wann denn, Du armes Hascherl?
Zeig es mir und ich will tief, tief Buße tun!
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Alt 15.04.2017, 21:11   #79
männlich Ex-Larkin
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Das Gedicht polarisiert mitnichten - zumindest nicht nach meinen Begriffen einer sog. Polarisierungsfähigkeit; ich bin und bleibe dabei, dass der Lyrik politisch Grenzen gesetzt sind, deren Übertretung schließlich dazu führt, dass man zu einem schlichten Propagandisten, zu einem vereinfachenden Prätender verkommt. Das Gedicht, wie mir es scheint, versteht sich als Ratschlag - deswegen alleine wäre es für den Autor recht fatal, für ein Stück Polarisierung bejubelt zu werden: ein Ratschlag will nicht polarisieren oder provozieren, er will per definitionem Anleitung, Stütze, Hilfe sein. Wenn ein Ratschlag tatsächlich polarisieren würde, dann wäre seine ethische oder soziale Reichweite auf die Provokation beschränkt, nicht aber auf das, worauf er eigentlich abzielt - Anleitung zu sein. (Es hat seine Gründe, warum Aphorismen vergleichsweise selten Objekt der philosophischen Kritik sind - ein Aphorismus ist v.a. verarbeitete Lebenserfahrung, deshalb natürlich kritisch beschaubar, deshalb allerdings nicht weniger gültig.)

In summa: Würde Dr. Karg also wirklich provozieren und polarisieren wollen, dann hätte er eine andere Wortwahl verwendet. Sein Gedicht, ich verweise insb. auf die Zeilen 7, 11 und 12, versteht sich jedoch vielmehr als Ratschlag, untermauert mit einer Darstellung, die offenbar zu beweisen sucht, dass dieser Ratschlag "richtig" ist. (Wenn man dann in Rechnung stellt, dass das Gedicht bewusst "verklärend" abgefasst wurde, dann muss man konstatieren: Auf der Basis einer Verklärung soll ein politisch-sozialer Ratschlag erteilt werden, der - der Natur einer solchen Anleitung entsprechend - selbstverständlich Wahrheitsanspruch besitzt. Ob das lyrisch wie politisch dann noch ein "großer Wurf" ist, sei dahingestellt...)

Allerdings, und das ist entscheidender, besitzt das Gedicht auch deshalb keine "Polarisierungsfähigkeit", weil es schlicht die politischen Grenzen der Lyrik übertritt - wie soll ich denn eine klare, realistische und, nach Möglichkeit, rationale Bestandsaufnahme zu einer derart komplexen Thematik abfassen, die sich zugleich an die Gesetze der Metrik zu halten hat, wohlklingend (reimend) verfasst ist und in eine für den Leser angenehme Strophenzahl und -form hat? Selbstverständlich bin ich dann gezwungen, zu vergröbern - das ist hier nämlich geschehen; die Verklärung ist nur der Effekt, ihr Grund ist die Vergröberung. Um meinen Standpunkt dann trotzdem noch einigermaßen ordentlich zu transportieren, werden solche Worte wie "Dauerkampfgeschlecht" usw. verwendet - mit dem Erfolg, dass ich nun selbst in einer Kontroverse stecke. Denn ich habe einerseits vergröbert, womit der Interpretationsraum vergrößert wird - das Gedicht kann von links wie rechts mit einigem Augenzwinkern bejubelt werden -, und andererseits werfe ich diese Begriffe hinein, um meinen Standpunkt doch wiederum klar herauszustellen. Das Ergebnis: Die Leser suchen ihre politischen Standpunkte entweder gegenüber dem Gedicht zu verteidigen oder sehen sich in ihm bestätigt. Deshalb diese Diskussion - aber das ist nicht Polarisieren...

Wir hatten es eben ja: "Dauerkampfgeschlecht" - ich habe zuerst an Feministinnen denken müssen. Diese Furien werden allerdings nicht gemeint sein ... aber was denn dann?! Inwiefern ist diese Kategorisierung von Menschen in politische Geschlechter überhaupt gerechtfertigt, d.h. auf welcher Basis kann man mit allem Rationalismus und ernst eine solche vornehmen - und warum? Eine ähnliche Frage stellt sich nach diesen Zeilen:

"Wehre Dich gegen Anspruchshorden,
Die nur mit Ängsten auf Dich schießen,
Sich Deines Segens frech bedienen,
Ohne Dein wahrer Freund zu sein."

You thought the obvious thing, right?! Wenn man mit Ängsten "beschossen" wird, dann hat man etwas grundverkehrt gemacht, dann hat das seinen Grund - aber hier ist es nun umgekehrt; jene "Anspruchshorden" - auch wieder ein Begriff, in den alles und damit nichts gelegt werden kann - sind Schuld, weil sie Angst haben. Ist diese Angst begründet? Ist die Kritik an dieser Vision von "Honig und Milch" gerechtfertigt? Keine Ahnung. Über was für Ängste sprechen wir eigentlich und wer sind diese Anspruchshorden? Und wer hat je den Anspruch ( ) erhoben, als Anspruchshorde, die unsere Honig-Milch-Vision mit Ängsten "beschießt", zugleich auch "dein wahrer Freund" sein zu müssen? Soll damit nun ein vermeintlicher Verrat, eine Falschheit der "Anderen" - wer immer die auch sind - o.ä. suggeriert werden?

Ich halte also fest - meiner Meinung nach ist die romantische Vergröberung - in der Politik fehl am Platze, immer eine sonderliche Gefahr, v.a. wenn man, aufgrund polit. Umstände o.ä. zu einem Chauvinismus neigt - des Gedichts viel zu leer, als dass sich wirklich damit in einer Diskussion arbeiten ließe. Aber: nun wird auf Basis dieser Vergröberung - "Verklärung" - sowohl eine polit. Bestandsaufnahme durchgeführt und ein Ratschlag erteilt. Ich zimmere mir also ein Luftschloss und verwende dessen Argumentationslinien auf die Realität - das für sich genommen ist bereits Grund genug, dem Gedicht eher ablehnend gegenüber zu stehen ... aber was für Ratschläge hier erteilt werden! Sie sind reinste Metaphysik, ich nehme nichts mit, was mir vielleicht helfen könnte, meine Meinung fortzubilden usw.

Und eines noch: Ich für meinen Teil benötige keine Vision, um mich irgendwo heimelig zu fühlen...
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Alt 15.04.2017, 21:19   #80
Thing
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Liest man #1 - #80 und läßt Larkins profunden Beitrag außen vor (er paßt nicht so recht ins "Beuteschema"), dann haben wir das bekannte Telefonspiel vor uns.

Larkin hat, ähnlich wie Ilka-Maria, einen ordnenden Verstand, der wohltuend Klarheit in allerlei Wirrnis bringt.
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Alt 15.04.2017, 21:30   #81
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Eisenvorhang Beitrag anzeigen
Seit den siebzigern erholt sich das Volk.
Es gibt nicht "das Volk". Es gibt eine vielzahl von Stämmen - Ethnien - mit unterschiedlichen Sprachen, Traditionen und Lebensgewohnheiten. Es sind so viele, dass sie für jemanden, der sich nicht intensiv damit beschäftigt, komplex und unüberschaubar sind.

Was "wissen" denn die Europäer über die "Neue Welt", als sie noch alt war?

Da hörten sie von barbarischen Indianerhorden folgender Stämme: Commanchen, Apachen und Kiowah. Etwas differenzierter ging es zu, wenn von den Sioux und Seminolen die Rede war. Aus dem Norden waren die Huronen und Irokesen ein Begriff.

Aber dann hörte das Wissen auf.

Ein bisschen mager angesichts der Vielfalt auf diesem Kontinent.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.04.2017, 21:38   #82
Richard L.
 
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Zitat:
Zitat von Larkin Beitrag anzeigen
Und wer hat je den Anspruch erhoben, als Anspruchshorde, die unsere Honig-Milch-Vision mit Ängsten "beschießt", zugleich auch "dein wahrer Freund" sein zu müssen? Soll damit nun ein vermeintlicher Verrat, eine Falschheit der "Anderen" - wer immer die auch sind - o.ä. suggeriert werden?
Selbstverständlich, aber das wird hier natürlich nicht zugegeben bzw. präzisiert. Heikle Sache. Auch Stachels Ausführung in puncto "Mangelnde Bekämpfung parasitären Verhaltens" wabert im metaphorischen Dünkel. Die ganz harten Themen anfassen, sich dann aber unter Schlagsätzen verkriechen, na das kann ich ja leiden..
Richard L. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.04.2017, 23:05   #83
Thing
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Zitat:
Zitat von Richard L. Beitrag anzeigen
Selbstverständlich, aber das wird hier natürlich nicht zugegeben bzw. präzisiert. Heikle Sache. Auch Stachels Ausführung in puncto "Mangelnde Bekämpfung parasitären Verhaltens" wabert im metaphorischen Dünkel. Die ganz harten Themen anfassen, sich dann aber unter Schlagsätzen verkriechen, na das kann ich ja leiden..
Na, hättest Du Dich angestrengt und etwas Brauchbares beigetragen...
aber nein, es muß auf Dr.Karg herumgehackt werden auf Teufel komm raus.
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.04.2017, 09:41   #84
Richard L.
 
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Zitat:
Zitat von Thing Beitrag anzeigen
aber nein, es muß auf Dr.Karg herumgehackt werden auf Teufel komm raus.
Bist Du verrückt? Der Teufel ist doch nicht in Dr. Karg, außerdem ist heute Ostersonntag!
Richard L. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.04.2017, 10:21   #85
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Standard Re: Europa, Du!

Liebe Dichterfreunde,
es geht offenbar manchen Kommentatoren hinsichtlich Europas so wie mir gegenüber: Wer sich nicht auf ein Verstehen einlassen will, der harkt halt seine eigenen Wieschen durch und sucht nach Verfaultem und nach selbst gesehenen Defiziten....
Im Ernst:
Beheimatung ist nichts Automatisches und Identität ist eine sehr fragile Angelegenheit, die jederzeit bedroht bleibt.
ICH LIEBE EUROPA!
Euch allen ein frohes Osterfest!
H. H. Karg
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Alt 16.04.2017, 10:52   #86
Richard L.
 
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Zitat:
Zitat von DrKarg Beitrag anzeigen
es geht offenbar manchen Kommentatoren
..darum, zu eruieren, was Sie hier geschrieben haben, Herr Dr. Karg, und nichts anderes! Niemand geht Sie hier persönlich an. Nicht zu fassen, wie Sie hier den Diskutanten in die Wangen kneifen, als wären sie kleine Jungen. Ja, man merkt, wie sehr Sie Europa lieben. Schönen Gruß an die Anspruchshorden! Passen Sie gut auf Ihr Stückchen Kuchen auf, es könnte jemand über den Gartenzaun klettern..
Richard L. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.04.2017, 10:57   #87
männlich Ex-DrKarg
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Standard Re: Europa, Du!

Ach, Richard L.,
darum geht es doch überhaupt nicht. Mein Gedicht hat doch einen ganz anderen Aussagekern.
Ich kneife nicht, ich rücke nur zurecht. Das aber verträgt mancher Zeitgenosse halt nicht!
HHK
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Alt 16.04.2017, 13:12   #88
Thing
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Laß ihn, lieber Dr.Karg - Deine Gedichte sind seine Obsession!
Worüber sonst sollte der Arme sich aufregen?

Frohe Ostern
wünscht
Thing
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Alt 17.04.2017, 06:29   #89
männlich Ex-DrKarg
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Standard Re: Europa, Du!

Liebe Dichterfreunde,
nun muss ich doch zu Ostern 2017 noch etwas mehr geistig ausholen, damit ich vielleicht von manchen wenigstens in Nuancen verstanden werde und um mich nicht selbst mit Nebenkriegsschauplätzen zu behängen.
Ich bin mir durchaus darüber bewusst, dass der Heimat-Begriff historisch vielfach ideologisiert und missbraucht worden ist und immer noch missbraucht wird. Gleichwohl möchte ich die folgenden drei Punkte im Hinblick auf mein Gedicht und auf mein geliebtes Europa zu bedenken geben:
1. Spätestens seit den Frankenkönigen und Karl dem Großen (deren Handlungsweisen nicht immer human waren!) stand fest, dass man Europa nur mit Hilfe des Christentums einigermaßen aus dem Chaos der Völkerwanderung herausführen konnte, um mit geistigen und militärischen Mitteln diesen Kontinent zu befrieden. Das Chaos in der Welt ist ja bis auf den heutigen Tag der Normalzustand geblieben - nicht Humanität und Frieden!
Der Auferstehungsglaube des Christentums mit dem Dekalog, mit der Nächstenliebe und mit der Feindesliebe sind die religiösen Leitnormen in Europa geworden. Natürlich gab es da auch noch den Islam und andere Religionen. Und ich bin mir auch bewusst, dass die Kreuzzugsexzesse in Europa, der Eroberungswahn in Lateinamerika, wie ihn Las Casas beschrieben hat, der Umgang mit den Indianern in Nordamerika und die Zwangsmissionierungen weltweit Perversionen des Christentums darstellen, für die weder die Bibel, noch Jesus Christus verantwortlich zu machen sind. Mit dem Christentum kehrte in vielen Landesteilen Europas trotz aller Eroberungspolitik ab dem Jahre 800 schon so etwas wie eine brauchbare geistige und religiöse Grundlage ein, auf der man und mit der man gut leben konnte. Sollte diese Grundlage verloren gehen, müssen wir damit rechnen, dass Europa in die Jemeinigkeit zurückfällt, denn Phylogenese, Soziogenese und Biographien können sich auch rückwärtig entwickeln. Wohlstand, Freiheit und Recht wären dann massiv gefährdet, weil die Grundlagen nicht mehr ernst genommen werden, denn sie sind nicht mehr oder nur noch verbal eingefordert. Und Europa würde nicht nur an den Rändern geistig und politisch ausfransen.
2. Die zweite Größe Europas ist die der Reformation. Gerade im Lutherjubiläumsjahr 2017 sollten wir nicht übersehen, dass die Minderung der Angst vor den Höllenqualen und die Inkompetenzsetzung des Individuums mit der Reformation einsetzten. Das hat auch politische und wirtschaftliche Konsequenzen:
Europa muss sich immer wieder reformieren, um nicht zu verkrusten. Es darf weder zum Spielball fremder Mächte werden, noch darf es sich von den Institutionen nur verwalten lassen, denn zu einem "Gehäuse der Hörigkeit" (Max Weber) könnte gerade ein bürokratisiertes Europa werden. Bürokratie darf daher nur dienende Funktion haben!
3. Die dritte große Entdeckung Europas geht auf Immanuel Kant zurück. In seiner Anthropologie nennt er den Menschen als "aus krummem Holz geschnitzt". Der Mensch ist also nicht automatisch und a priori gut, er muss erst durch Erziehung und Vorbilder dorthin geführt werden. Wo sind diese heute?
Noch bedeutender ist in diesem Zusammenhang seine Definition von Aufklärung: "Aufklärung ist die Befreiung des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit". Dies muss er erst mal selbst begreifen! Da der Mensch für seine persönlichen und globalen Desaster selbst verantwortlich bleibt (auch wenn er sich in die soziale Hängematte legt!), muss er und müssen Staaten und muss auch wenigstens sein Heimatkontinent etwas dagegen unternehmen, dass die Unmündigkeit nicht weiter voranschreitet und er wie die Menschheit insgesamt sich nur treiben lassen - bis ihnen Freiheit, Glück, Wohlstand und die allgemeinen Lebensgrundlagen wegschmelzen, weil er nichts dagegen unternimmt, sondern nur noch Panoramabilder entwickelt.
Das setzt Bescheidenheit voraus - und den Willen, auch schmerzhafte Änderungen positiv zu begleiten - immer auf Basis unserer Religions- und Rechtstradition. Dazu muss sich auch unser Gemüt anstrengen - ganz im Sinne von: "Wenn Ihrs nicht fühlt, Ihr werdets nicht erjagen."
Herzliche Grüße und noch schöne Ostertage 2017 Euch allen!
H. H. Karg
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Alt 18.04.2017, 20:19   #90
Stachel
 
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Zitat:
Zitat von „talking head“
zu Satz 1: das Gedicht selbst gibt das nicht her, wo sind da Feinde von innen? Das ist nachträgliche Deutung.
Der Dichter trifft im Gedicht keine Aussage zu Herkunft oder Ursprung der „Anspruchshorden“, aber im Rahmen der anschließenden Kritik ist direkt das Thema „Flüchtlinge“ angeklungen. Der Dichter hat, möglicherweise aus leidiger Erfahrung mit der Fremddeutung seiner Texte, direkt eingeschoben, dass die Ansprüche auch von innen, auch von uns kommen können.

Es ist gute alte Tradition, bei der Deutung eines Gedichts den Kontext zu betrachten. Bei alten Künstlern müssen wir oft raten, weil sich der Kontext nicht ohne Weiteres in die Gegenwart übertragen lässt. Hier hat der Dichter selbst Stellung bezogen. Warum sollte man das nicht unmittelbar aufgreifen?

Zitat:
Zitat von „talking head“
zu Satz 2: der Kampf gegen parasitäres Verhalten ist längst gewonnen
Das mag sein, wenngleich ich das anders sehe. Aber das alles hat wenig mit dem Gedicht zu tun. Im Wesentlichen zeigt sich aber an vielen Ausführungen und Kritiken, dass jeder seine eigene Wahrheit in das Gedicht hineininterpretieren kann. Das ist auch in meinen Augen die eigentliche Aufgabe und Leistung der Verse. Sie regen zum Nach- und Weiterdenken an. Dabei ist es in meinen Augen auch völlig unerheblich, ob der Leser die vermuteten oder offensichtlichen Ansichten des Dichters teilt. Der Text polarisiert dabei so stark und regt derart zum beharrlichen Widerspruch an, dass zum einen der Dichter in Person angegangen wird, zum anderen der Text für nicht Enthaltenes und Hinzugedichtetes als übergroße Projektionsfläche wirkt. Der größte Teil der Diskussion dreht sich nicht um das Gedicht, sondern um politische Ansichten, die sich nur gelegentlich und auch dann nur annähernd mit konkreten Textelementen auseinandersetzen.

Zitat:
Zitat von „talking head“
Satz 3 und 4: das hat der Dichter ja schon selbst geklärt:
Ich sehe keinen Zusammenhang mit der von dir zitierten Passage des Dichters und meiner Aussage. Ich sprach von der Auseinandersetzung mit den Ebenen des Gedichts, der Dichter von Ebenen der gesellschaftlichen Auseinandersetzung.

Zitat:
Zitat von „Richard L.“
Da möchte man doch wissen was gemeint ist, oder? Nein, das wird natürlich nicht näher definiert, warum wohl?
Es mag damit zusammenhängen, dass wir nicht auf der gleichen Ebene diskutieren. Vermutlich erwartest du von mir „greifbare“ politische Aussagen, zumal du mir „Politikersprech“ zum Vorwurf machst. Ich habe diese kurze Passage als Aufhänger zitiert, weil zumindest noch rhetorische Fragen enthalten sind. Mein Problem mit der Auseinandersetzung mit deinen Kritikbeiträgen, die du dir offenbar gewünscht hättest, liegt in der fehlenden Greifbarkeit. Du stellst politische Ansichten ein, denen man zwar entgegnen könnte, aber es fehlen konkrete Textbezüge zum Gedicht. Selbst die Kritik an meinem Beitrag enthält vor allem zynische Seitenhiebe und die zitierten rhetorischen Fragen. Doch wie antwortet man sinnvoll auf einen Beitrag, dem es im Kern bereits erkennbar nicht um Austausch über einen Text, sondern um das Abladen von politischem Frust geht?
Zu den Fragen: Ja, warum denn wohl? Was wäre deine Antwort gewesen? Offenbar hast du eine. Wir hätten darüber diskutieren können und ich hätte meine Beweggründe auch gerne mitgeteilt, so du ernsthaft nach ihnen gefragt hättest.
Naja, nun bist du fort und ich finde endlich Zeit für eine Antwort. Welch Ironie des Schicksals.

Zitat:
Zitat von „Larkin“
Das Gedicht polarisiert mitnichten - zumindest nicht nach meinen Begriffen einer sog. Polarisierungsfähigkeit; ich bin und bleibe dabei, dass der Lyrik politisch Grenzen gesetzt sind, deren Übertretung schließlich dazu führt, dass man zu einem schlichten Propagandisten, zu einem vereinfachenden Prätender verkommt.
Wir haben offenbar eine unterschiedliche Definition von „Polarisierung“. Wo liegen denn nach deiner Meinung die Grenzen politischer Dichtung und wie stehst du in diesem Sinne z.B. zu Brecht, Biermann, Mey oder Wader?

Zitat:
Zitat von „Larkin“
die Verklärung ist nur der Effekt,
Zunächst mal ist die Verklärung die ausdrückliche Intention des Dichters, also das Leitmotiv des Werks. Was die Polarisierungsfähigkeit (P) mit dem politisch-lyrischen Grenzübertritt zu tun hat, führst du zwar näher aus, jedoch ohne logischen Zusammenhang. Es bleiben Behauptungen. Im Wesentlichen behauptest du, dass eine Vergröberung nicht polarisieren könne. Da sehe ich keinen zustimmungsfähigen Zusammenhang. Es scheitert schon daran, dass du die P an eine „klare, realistische […] rationale Bestandsaufnahme“ koppelst, was mir als widersinnig erscheint. Gerade Unsachlichkeit und Unausgewogenheit sind besonders gut zur P geeignet und übrigens wird gerade solches dem Dichter laufend vorgehalten.

Zitat:
Zitat von „Larkin“
Wenn man mit Ängsten "beschossen" wird, dann hat man etwas grundverkehrt gemacht, dann hat das seinen Grund -
Hier machst du kurzerhand die Opfer zu Tätern.

Zitat:
Zitat von „Larkin“
aber hier ist es nun umgekehrt; jene "Anspruchshorden" […] sind Schuld, weil sie Angst haben.
Die Schlussfolgerung ist unzulässig. Wer mit Angst schießt, muss keine (in sich) haben. Wer mit Projektilen schießt, trägt diese auch nur bei sich, nicht in sich.

Zitat:
Zitat von „Larkin“
meiner Meinung nach ist die romantische Vergröberung [...] des Gedichts viel zu leer, als dass sich wirklich damit in einer Diskussion arbeiten ließe
Deine Meinung sei dir unbenommen, jedoch zeigt mir die Länge des Threads und die Vehemenz mancher Beiträge das Gegenteil, von der Länger unserer beider Beiträge ganz zu schweigen.

Freundliche Grüße von
Stachel
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Alt 18.04.2017, 22:09   #91
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Zitat:
Zitat von Stachel Beitrag anzeigen
Wir haben offenbar eine unterschiedliche Definition von „Polarisierung“. Wo liegen denn nach deiner Meinung die Grenzen politischer Dichtung und wie stehst du in diesem Sinne z.B. zu Brecht, Biermann, Mey oder Wader?
Die Grenze politischer Dichtung liegt für mich darin, dass sie in keinem Falle Träger von politischen Ratschlägen, Systemen, Kritik usw. sein kann. Politische Lyrik ist der Träger von Gefühlen, die sich mit politischen Ereignissen verbinden, die sich mit dieser Kritik verbinden usw. - sie hat politisch und sozial den Wert, dass sie ein Spiegelbild des politischen Gefühls einer Gesellschaft, Klasse, Schicht, Gruppe darstellt; sie ist, aufgrund ihrer ästhetischen Begrenzungen (Metrik, Rhythmus usw.), weder in der Lage, eine politische Handlungsanleitung - wie das hier, wenn auch nur sehr seicht, versucht wurde - noch ein politisches Programm zu sein oder darzustellen. Tut sie das, verfrachtet sie ein vergröberndes - und damit schlussendlich verfälschendes - Element in die politische Stimmung; sie kann Gefahr laufen, "Auftragslyrik" zu werden oder Katalysator einer Radikalisierung - man denke an die Sprüche, die im Juli und August 1914 auf Wiener Häuserwänden auftauchten: "Alle Serben müssen sterben!" oder an die Poetik der Sowjetunion, z.B. Ilja Ehrenburg, einerseits der Namensgeber der Tauwetterperiode andererseits abgekanzelt für seinen Artikel "Es reicht!" von 1945.

In summa: Überschreitet die politische Lyrik die Grenzen politisch-sozialen Gefühlstransports, muss sie sich der Vergröberung ergeben, ohne damit einen ästhetischen oder politischen Nutzen für die Politik zu haben - es sei denn als Propagandamittel. (Selbst die Poetik einer Opposition wird dann zu einem Propagandamittel - in dieser Hinsicht gibt es kein "gut" oder "böse" im herkömmlichen Sinne, da die Lyrik dann politische Aufgaben - eben als Propaganda- oder Agitationsmittel - zu übernehmen hat, die sie ihrer ästhetisch-geistigen Freiheit zwangsläufig berauben.) In den Worten Rousseaus: "Die Vergröberung macht Gegenstände nicht hassenswert, sondern nur lächerlich."

Wenn ich mir die Arbeiten von Heine - z.B. den bekannten Reimspruch über den Deutschen Bund, der von Bismarck in seiner Zeit als Abgeordneter sogar zu einem künftigen Volkslied postuliert wurde - oder von Freiligrath - ich denke insb. an seine Arbeiten zur Reichsgründung -, dann fallen mir sofort zwei Dinge auf:

1. Das Fehlen einer politischen Wortwahl, d.h. das Fehlen eines politisch-rhetorischen Diktats, und
2. Das Fehlen einer politischen Linie, trotz eines politischen Grundtons; bei Heine und Freiligrath wären das entsprechend die Opposition zum Deutschen Bund (etwas, dass von Nationalisten wie Sozialisten übernommen werden konnte) respektive die Hochstimmung zur Reichsgründung (wiederum etwas, dass von Nationalisten wie Sozialisten - im Sinne der, von Marxisten so gesehenen, notwendigen gesellschaftlichen Entwicklung - zumindest indirekt übernommen werden könnte).

Was Biermann oder auch Konstantin Wecker usw. angeht, so erachte ich sie politisch nicht als bedeutend - ich kann, wie Biermann oder Wecker, immer viel von Frieden und Antikapitalismus dichten oder singen; aber die Vergröberung ihrer Dichtung macht diese Arbeiten nicht für eine politische Programmatik, nicht einmal für Agitationszwecke mehr interessant - dafür ist ihre Arbeit tatsächlich zu vergröbert, zu ... allgemein. Das Problem, dass ich insb. mit Biermann und Wecker habe, ist, dass diese lyrische Vergröberung nicht Stilmittel sondern ihre Weltanschauung zu sein scheint - und das macht sie politisch nicht unbedeutend sondern durchaus gefährlich - Romantik hat in der Politik nichts verloren, sie trägt hier dann schnell Schwarz-weiß-Malerei in sich ... und das kann als Wurzel einer Gleichschaltung betrachtet werden.

Zu Bertold Brecht, das gestehe ich freimütig, möchte ich weniger "mein" Urteil abgeben, weil mir sein Werk nicht so geläufig ist, wie das bei anderen Dichtern der Fall ist; er hat mir, wie Grass oder Böll, vergleichsweise wenig zu geben, zumindest scheint mir das Grund für mein Desinteresse an diesen Schriftstellern - was allerdings nicht als Werturteil zu verstehen ist, jeder hat persönliche Präferenzen. Solschenizyn gab mir weitaus mehr, gerade weil er - wie z.B. in der "Krebsstation" - die verschiedensten Sichtweisen mit argumentativer Stärke auf engstem Raume, und dazu in einem Raume der wahrlich gleichmacht, gegenüberstellt. Diese Dialektik - wenn man es denn so nennen will - sorgt nicht für interpretative Weite sondern Tiefe, für den Zwang einer klaren Auseinandersetzung mit dem, was vorgebracht wird.

Dr. Kargs Gedicht besitzt vielleicht eine Weite, aber insofern keine Tiefe, weil eine Auseinandersetzung nur deshalb möglich gemacht wird, da jeder - wirklich jeder - alles mögliche hineininterpretieren kann; das erzeugt schließlich die Diskussion, die daran angehängt wurde. Aber nur, weil ich alles mögliche darin finden kann, heißt es noch nicht, dass etwas davon auch enthalten ist. Das wäre die m.E. fehlende Tiefe.


Zitat:
Zitat von Stachel Beitrag anzeigen
Zunächst mal ist die Verklärung die ausdrückliche Intention des Dichters, also das Leitmotiv des Werks. Was die Polarisierungsfähigkeit (P) mit dem politisch-lyrischen Grenzübertritt zu tun hat, führst du zwar näher aus, jedoch ohne logischen Zusammenhang. Es bleiben Behauptungen. Im Wesentlichen behauptest du, dass eine Vergröberung nicht polarisieren könne. Da sehe ich keinen zustimmungsfähigen Zusammenhang. Es scheitert schon daran, dass du die P an eine „klare, realistische […] rationale Bestandsaufnahme“ koppelst, was mir als widersinnig erscheint. Gerade Unsachlichkeit und Unausgewogenheit sind besonders gut zur P geeignet und übrigens wird gerade solches dem Dichter laufend vorgehalten.
Selbst, wenn die Verklärung - wie ich das auch beachtet habe - die Intention war, ändert das nichts an meiner Aussage; sie muss nämlich erzeugt werden. In dieser Hinsicht sei auch gesagt, dass ich mir wirklich nicht gerne Worte in den Mund legen lasse, v.a. nicht von einem Diskutanten, der anderen Teilnehmern ähnliches zum Vorwurf macht.

Ich habe nirgends behauptet, dass Vergröberung, Unsachlichkeit usw. nicht polarisieren können - ich habe behauptet, dass es dieses Gedicht nicht tut. Warum? Weil es sich durchaus auch als Ratschlag versteht - etwas, dass du leider an meinen Ausführungen völlig ignorierst, obwohl sie zentraler Bestandteil meiner Kritik waren. Ich zitiere:

"Das Gedicht, wie mir es scheint, versteht sich als Ratschlag - deswegen alleine wäre es für den Autor recht fatal, für ein Stück Polarisierung bejubelt zu werden: ein Ratschlag will nicht polarisieren oder provozieren, er will per definitionem Anleitung, Stütze, Hilfe sein. Wenn ein Ratschlag tatsächlich polarisieren würde, dann wäre seine ethische oder soziale Reichweite auf die Provokation beschränkt, nicht aber auf das, worauf er eigentlich abzielt - Anleitung zu sein. (Es hat seine Gründe, warum Aphorismen vergleichsweise selten Objekt der philosophischen Kritik sind - ein Aphorismus ist v.a. verarbeitete Lebenserfahrung, deshalb natürlich kritisch beschaubar, deshalb allerdings nicht weniger gültig.)"

Ich verweise erneut auf die Zeilen 7, 11 und 12 des diskutierten Gedichts. Und weiter schrieb ich dazu: "Sein Gedicht [...] versteht sich jedoch vielmehr als Ratschlag, untermauert mit einer Darstellung, die offenbar zu beweisen sucht, dass dieser Ratschlag "richtig" ist. (Wenn man dann in Rechnung stellt, dass das Gedicht bewusst "verklärend" abgefasst wurde, dann muss man konstatieren: Auf der Basis einer Verklärung soll ein politisch-sozialer Ratschlag erteilt werden, der - der Natur einer solchen Anleitung entsprechend - selbstverständlich Wahrheitsanspruch besitzt. Ob das lyrisch wie politisch dann noch ein "großer Wurf" ist, sei dahingestellt...)"

Wie du siehst, habe ich auch das Wort des Herrn Doktor in Betracht gezogen, er habe bewusst verklären wollen.

Wenn man mir logische Zusammenhanglosigkeit vorwirft, dann bitte nicht vergröbert - - sondern anhand von Zitaten. Darum würde ich, auch im Sinne eine gehaltvolleren Diskussion, bitten.


Zitat:
Zitat von Stachel Beitrag anzeigen
Hier machst du kurzerhand die Opfer zu Tätern.
Die Schlussfolgerung ist unzulässig. Wer mit Angst schießt, muss keine (in sich) haben. Wer mit Projektilen schießt, trägt diese auch nur bei sich, nicht in sich.
Etwas so Spekulatives wie Moral kann schlecht "unzulässig" sein - und auch ein Täter wird seine Gründe haben, mit seinen Projektilen zu schießen. Wenn das geschieht, dann wäre es doch fruchtbar, einmal darüber nachzudenken, warum das geschieht, anstatt sich - vergröbernd - darüber aufzuregen, dass es geschieht. Das Kausalitätsprinzip gilt für menschliche Handlungen - alle menschliche Praxis hat seinen Grund - wie es für anderes ebenso gilt. Die Täter - wer immer das sein soll - werden von mir nicht zu Opfern gemacht, ich stelle die - von der Lyrik nicht erfüllbare, weil zu detailfordernde - Forderung, den Grund dieses "Beschusses" zu finden. Den gibt es - und der liegt bestimmt auch in den eigenen Handlungen, sonst wäre man wohl kaum "Zielscheibe".

Oder, um erneut mit Rousseau zu sprechen: "Wo keine Wirkung ist, braucht man keine Ursache zu suchen." Da wir eine Wirkung haben - wo ist die Ursache?


Zitat:
Zitat von Stachel Beitrag anzeigen
Deine Meinung sei dir unbenommen, jedoch zeigt mir die Länge des Threads und die Vehemenz mancher Beiträge das Gegenteil, von der Länger unserer beider Beiträge ganz zu schweigen.
Allerdings stellt sich doch die Frage, ob Länge des Themas und unserer Beiträge nicht mehr den Interpretationen als dem Gedicht angelastet werden könnte. Ich zitiere mich noch einmal selbst, denn ich lese mich gerne selber reden: "[...]Die Leser suchen ihre politischen Standpunkte entweder gegenüber dem Gedicht zu verteidigen oder sehen sich in ihm bestätigt. Deshalb diese Diskussion - aber das ist nicht Polarisieren..." Die von mir angesprochene Leere des Gedichts sorgt für einen großen Interpretationsspielraum - diese vielen Interpretationen, die sich dann daraus ergeben können, kollidieren. Damit hat der Ratschlag, der dem Gedicht beigegeben worden ist - wenn auch, wie gesagt, halbherzig - seine Wirkungskraft eingebüßt und auch sonst ist den Interpretationen mehr zu entnehmen als dem eigentlichen Gedicht. Ob das dann noch einen politischen Wert besitzt, ganz gleich, ob nun als Agitation (für was auch immer) oder als Gefühlstransport, sei dahingestellt...

Geändert von Ex-Larkin (18.04.2017 um 22:31 Uhr) Grund: Ergänzungen
Ex-Larkin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2017, 22:46   #92
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City, auf der richtigen Seite des Mains
Beiträge: 31.043

14 Zeilen Gedicht.
93 Beiträge.

Das spricht für sich.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2017, 23:51   #93
männlich talking head
 
Dabei seit: 05/2016
Ort: NRW
Alter: 63
Beiträge: 754

"Das ist auch in meinen Augen die eigentliche Aufgabe und Leistung der Verse."
Zitat Stachel

Ja.
Ich sag Dir bis hierher erstmal danke schön für Deine geistige und sprachliche Leistung, womit ich die Tiefe der Analyse und den zugewandten Grundton meine; das füllt ein Forum wie's sein soll aber nicht muss; will ja keine Vorgaben machen, Freiheit ist was wert.
Für heut gut Nacht, für Inhalte reicht's nicht mehr....
lg, th
talking head ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.04.2017, 10:09   #94
männlich Ex-DrKarg
Gast
 
Dabei seit: 01/2012
Alter: 76
Beiträge: 3.139

Standard Re: Europa, Du!

Liebe Dichterfreunde,
es geht bei den "Anspruchshorden" keinesfalls um Flüchtlinge. Die "Anspruchshorden" kann man tagein tagaus bei uns erleben und beobachten - und es können durchaus Einheimische wie auch Pseudoeliten von außerhalb unseres Landes - oder Diktatoren mit Anhängerschaft sein.
Herzliche Grüße und vielen Dank für die oftmals sehr profunden Beiträge zu meinem Gedicht!
H. H. Karg
Ex-DrKarg ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.04.2017, 11:10   #95
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Ja, vor allem Stachel und Larkin haben dazu beigetragen, daß ich überhaupt wieder einmal über Tagespolitik intensiv nachgedacht habe.
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.04.2017, 10:12   #96
männlich Ex-DrKarg
Gast
 
Dabei seit: 01/2012
Alter: 76
Beiträge: 3.139

Standard Re: Europa, Du!

Liebe Thing,
das sollten wir alle! Die Tagespolitik bestimmt ja weitgehend unser Leben. Dennoch muss es erlaubt bleiben, ein Loblied auf den eigenen Kontinent zu singen, auf dem wir beheimatet sind (mehr oder weniger...).
Herzliche Grüße DIR und allen guten und fairen Kommentatoren!
H. H. Karg
Ex-DrKarg ist offline   Mit Zitat antworten
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