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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken. |
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11.10.2006, 19:17 | #1 |
Dabei seit: 10/2006
Beiträge: 1
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Ein Lied der Nacht
EIN LIED DER NACHT
Neon lockt flackernd zum Kauf, zu Völlerei und dunklem Spiel - und zum letzten Schlaf. Särge, schwarz und braun, gebettet in stimmiges Licht. Poliert, Spiegeln gleich, werfen sie die Augen zurück, die ihrer Zukunft schauen. Münzenfresser schmatzen nebenan. Es stinkt nach verbranntem Fett und welligen Würsten in hopfengeschwängerter Luft. Hochhackige Lüste versprechen. Im verdreckten Waschsalon streiten zwei Paradiesvögel um Weißes und Buntes. Hinter rauchbraunem Glas prügeln tote Schlagzeilen aufeinander ein. Der schale Strom fließt zu den parfümierten Kloaken. Er spült Unrat an die Seiten - aufgesammelt von Uniformen und an den Stadtrand geworfen. Ein knochiger Baum mit Kragen ist zum Sterben freigegeben. Seine Arme singen Trauer, wie das verhungernde Haus, das bröckelnd seine Haut verliert. Es ist Zeit. Er kriecht aus dem Loch, eingewickelt in Grau, und folgt seinem Ruf, wie die getriebenen Massen, die an ihm vorbeifliegen, ihren Rufen folgen. Sie sehen seinen kalten Schatten nicht. Das alte Weib zeigt flehend ihr stolperndes Herz. Er geht vorbei. Sie muß ihre Falten noch tragen. Ein blinder Hund schnuppert an seiner erdigen Hand und hetzt heulend davon. Er riecht nach Endlichkeit, wie der, der an der Ecke steht und ihn nicht erwartet. © Stefan P. 2006 |
11.10.2006, 19:29 | #2 |
Hallo,
Dein Text mit seinen gesichtslosen Nachtgestalten, die nur noch Schatten ihrer Selbst sind, erinnert mich einerseits an die Stunden nach dem Oktoberfest, anderseits aber auch an Berlin Alexanderplatz. Ich würde den Ortsbezug deutlicher machen, die Typen deutlicher markieren, fast wie bei einer Bildbeschreibung. Von der Idee her jede Mühe lohnend. Mit freundlichen Grüßen Michael |
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15.10.2006, 23:19 | #3 |
Hallo Stefan!
Die Bilder, die Du hier zeichnest sind zum großen Teil in ein sehr schönes Wortgewand gebettet, leider sind sie mir zu wahllos aneinandergereiht. in mir weckt es das Gefühl, das beliebig fortsetzen zu können. Hier fehlt trotz der Momentaufnahme der Spannungsbogen. Das ist auf jeden Fall noch ausbaufähig! plüschigst Al-eX |
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16.10.2006, 03:16 | #4 |
Hallo Stefan,
erstmal willkommen! Ich hatte vor nicht all zu langer Zeit bei einem Berlin-Gedicht angemerkt, dass es für mich - und ich konnte nicht einmal Gründe nennen - diese Stadt nicht so ganz wiederzugeben vermag. Umso überraschter war ich jetzt, als ich unter unscheinbarem Titel plötzlich Berlin fand, wie ich es (oft) sehe. Bereits in Zeile 4 der 1.Strophe fand ich mich mitten in Friedrichshain wieder, genauer: Bänschstr., die stimmig(?) angestrahlten Särge im Schaufenster gegenüber der Kirche. schön! Und dazu diese verschwommenen Nachtgestalten, die (und hier musss ich Michael widersprechen [sorry!]) nur bei Tageslicht deutlicher gezeichnet werden können/sollten. Was lyrische Gesichtspunkte angeht, hat es Al-eX mit dem fehlenden Spannungsbogen gut ausgedrückt - anderseits passt dessen Abwesenheit, sowie der Eindruck des beliebigen Fortsetzens zum Inhalt. Jetzt könnte der Schluss gezogen werden, das nächtliche Berlin sei lyrisch nicht wiederzugeben, was aber sicher auch nicht stimmt und außerdem ins off-topic abdriften würde 8) Der vielen Worte kurzer Sinn: gefällt mir aufgrund der Vielzahl hervorgerufener Assoziationen sehr gut - doch trotz seiner Endlichkeit erscheint mir (persönlich) das Treiben nicht unbedingt kernschattig. Liebe Grüße! |
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17.10.2006, 08:01 | #5 |
gesperrt
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RE: Ein Lied der Nacht
Ich finde, dein gedicht ist ein meisterwerk!
liebe grüße norbert |