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Sonstiges Gedichte und Experimentelles Diverse Gedichte mit unklarem Thema sowie Experimentelles.

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Alt 22.11.2007, 16:38   #1
Franke
 
Dabei seit: 05/2007
Beiträge: 539

Standard In der Reihe

Kein Nelkenregen
wusch uns rein
die Schleifen blassen
in den Herbst

Seit diesen Tagen
nehm ich alles schwer
und blicke
über Schultern
wissend und markiert
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Alt 23.11.2007, 11:29   #2
Tamiflu
 
Dabei seit: 02/2007
Beiträge: 129

in der reihe. das klingt nach einordnen, mitmachen, mitlaufen, nicht auffallen.
in der s1 bin ich schon gestern beim lesen gestolpert. nun entscheide ich mich dafür, es als eine regionale tradition zu lesen. ich sehe eine enge und klar strukturierte dorftradition. die zugezogenen oder die andersdenkenden werden nie dazugehören, selbst wenn sie mitfeiern.
die "neuen", die "anderen" , die mit der tradition brechen, haben einen unsichtbaren stempel auf ihrer stirn und sollten fortan vorsichtig sein, ja sogar argwohn vermuten. nichts sollte mehr unbedacht geschehen. der verweigerer wird bis auf die haarspitzen beobachtet.

eine weitere lesevariante ergäbe sich, wenn man den text aus einem partnerschaftlichen blickwinkel her für sich erschlösse. in dem sinne, dass die alten wunden, die festgeklopften verhaltensmuster trotz schöner gemeinsamer momente am ende doch noch durchschimmern und dominant bleiben, ja sogar übermächtig in den trüberen tagen.


lg tamiflu
Tamiflu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.11.2007, 11:39   #3
Franke
 
Dabei seit: 05/2007
Beiträge: 539

Hallo!

Die Lesart mir der Tradition ist möglich, aber nicht gewollt von mir.

Ich erkläre mich mal näher:

Nelken - Schleifen: Bilder für Beerdigung

Ich habe vor Kurzem einen Artikel gelesen, in dem es über die Auswirkungen auf die Pysche eines Menschen geht, dem der letzte Elternteil gestorben ist. In diesem Augenblick steht die Reihenfolge fest - niemand ist mehr über einem, man ist selbst der Nächste in der Reihe.
Ist in dem Sinne auch mal wieder ein persönliches Gedicht, weil ich gerade selbst in der Situation bin.

Liebe Grüße
Manfred
Franke ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.11.2007, 11:41   #4
swiff
Gast
 
Beiträge: n/a

Franke:
für mich ein klassisches Beispiel: erst mit der erklärung duften die worte
- ich mag sie
swiff
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Alt 23.11.2007, 11:47   #5
Tamiflu
 
Dabei seit: 02/2007
Beiträge: 129

mit dieser erklärung kommt die s2 viel stärker zur geltung. das umschauen, kurz innehalten, ein lebensfazit ziehen, und das bewußtsein auch auf der liste zu stehen.

nelken und schleifen- ich habe zunächst an ein fest gedacht. eine beerdigung ist ein etwas anderes fest. die schleifen verblassen in den herbst. ja, das ist die grundstimmung, die sich noch weiterträgt.

lg tamiflu
Tamiflu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.11.2007, 11:51   #6
Franke
 
Dabei seit: 05/2007
Beiträge: 539

Ja, ist manchmal ein komisches Gefühl zu wissen, dass man abgescannt ist.

Liebe Grüße
Manfred
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Alt 23.11.2007, 12:43   #7
WuRscHtBr0T
 
Dabei seit: 07/2007
Beiträge: 14

Hallo Franke,
auch mich hat dein Gedicht zum Grübeln bewegt.
Dennoch komm ich mit dem Inhalt noch nicht ganz klar.

Die zweite Strophe erinnert mich irgendwie an einen Juden im 3.Reich, eingereiht in die Scharen mit der Erkenntnis zu sterben.
Doch zu diesem Bild passen die blassenden Schleifen aus S1 nicht.
Diese stellen für mich eine Art Begrüßung in der Vergangenheit da, ein Willkommenheißen, von dem jetzt keine Spur mehr zu sehen ist.
Da die Juden nie wirklich Willkommen geheißen wurden, versagt hier mein erstes Bauchgefühl.

Dann musste ich an die Armee denken, erst wurden die jungen Männer geworben, mit ideologischen Motiven überschüttet, dann waren sie nur ein Teil des Ganzen, eingesetzt mit dem Sieg als Ziel, ohne Rücksicht auf Verluste,
doch hier will mir die Markierung nicht ins Gesamtbild passen.

Wie auch immer, ich hoffe du erleuchtest mich bals, da ich bis jetzt noch nicht wirklich schlau aus deinen worten geworden bin.


EDIT: Na toll, jetzt kommen die Erklärungen, da hätt ich mir ja meine irren Gedanken sparen könne
WuRscHtBr0T ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.11.2007, 12:49   #8
Leyla
 
Dabei seit: 11/2007
Beiträge: 3

Standard RE: In der Reihe

Nichts macht erwachsener als der Tod, oder? Da kommt einem der Gedanke, dass man sein Leben lang nur in einer Schlange steht (andern über die Schulter guckend ...), abwartend bis man dann auch an der Reihe ist. Und die Schlange wird kürzer wenn es die eigenen Eltern schon erwischt hat.
Leyla ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.11.2007, 18:45   #9
Franke
 
Dabei seit: 05/2007
Beiträge: 539

@Leyla
Genau das wollte ich mit meinem Gedicht ausdrücken.
Danke fürs Verständnis.

@Wurschtbrot
Mit Schleifen sind die Bänder an den Grabgestecken gemeint. Die Inschriften verblassen nach einer Weile, aber das mulmige Gefühl bleibt.

Zitat:
eingereiht in die Scharen mit der Erkenntnis zu sterben.
Das trifft meine Aussage am besten.

Danke fürs Lesen

Liebe Grüße
Manfred
Franke ist offline   Mit Zitat antworten
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