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Sonstiges und Experimentelles Andersartige, experimentelle Texte und sonstige Querschläger.

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Alt 20.08.2006, 21:04   #1
lichtelbin
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

Standard Lieblos

Als ich wieder einmal durch die Nebel streifte, die mich für gewöhnlich umgeben, sah ich dort dich, allein, verwirrt über die Netze für meine Feinde, die dich gefangen hatten. Ich berührte dich an der Schulter, du drehtest dich um und sahst mich an, als hättest du noch nie jemanden wie mich gesehen. Du hattest vermutlich auch noch nie jemanden wie mich gesehen. Ich werde für gewöhnlich nicht gerne gesehen und agiere auch so, dass die Leute über mich staunen, aber nicht wissen, über wen sie staunen. Ihr Staunen macht mich Schmunzeln, auch, wenn ich sie nur durch meinen Nebel sehe. Du warst damals noch sehr klein. Ein dünnes Etwas mit langen, blonden Haaren, strähnig bis zum Gehtnichtmehr, aber trotzdem fasziniertest du mich. Du lächeltest nicht, als du mich sahst, du erschrakst vielmehr, dein Atem wurde schneller, dein kleines Herz schlug. Ich schluckte vor Schreck darüber. Es ist lange her, als ich das letzte mal in meinem Nebel Jemanden fand, der noch am Leben war. „Was ist?“, fragte ich, meine Stimme war ganz eingerostet, da ich selten redete. Du erschrakst noch vielmehr, deine Augen, so blau, trotz des Nebels, öffneten sich weit. „Wer bist du?“, fragtest du, als wäre es die elementarste Frage meines Lebens. „Du bist ER, oder? DER, der von niemandem betreten werden darf.“ Ich schüttelte den Kopf. „Der, den niemand betreten darf.“, verbesserte ich, nicht sicher, ob du überhaupt den Unterschied verstehen würdest. „Was tust du jetzt?“, fragtest du, wieder mit schreckgeöffneten Augen, Einsamkeit in deinem Blick. „Was möchtest du, dass ich mit dir mache… oder was glaubst du zumindest, werde ich mit dir machen?“, fragte ich. Ich wußte nicht, wieso, aber es war mir, als wolltest du, dass ich dich fragte. Es war mir auch so, als wüstest du, warum du noch lebtest. Ich wußte es nicht. Du überlegtest kurz. Wie ein Kind im Bonbonladen, dachte ich ärgerlich. Doch ich ließ dich gewähren. „Ich wollte weg und jetzt will ich nicht mehr zurück.“, sagtest du, herausfordernd, frech. Ich war mir zuerst so sicher, doch du schienst doch nicht zu wissen, dass du in meinem Reich warst. Also nahm ich dich mit. Dorthin, wo es wieder Schatten und Licht gab und dort, wo keine Nebel mehr waren und keine Fallen. Es war sozusagen mein Herzstück, meine Wohnung und einzige Zuflucht. Du benahmst dich plötzlich wieder, als wüßtest du nicht, was du davon halten solltest. Du setztest dich und sahst mich an, als wäre ich der Eindringling und nicht du. Plötzlich begannst du, zu weinen. Das war der Ausschlaggeber für mein Herz, die Arbeit wieder aufzunehmen. Es schlug und brachte mich dazu, dich zu trösten. „Es wird gut.“, versprach ich und wußte nicht, dass dieses das falsche Versprechen gewesen war. „Wieso bist du hier?“, fragte ich. „Die Anderen wollen mich nicht.“, sagtest du, blicktest auf und trafst mich mit deinen Blicken aus glühendem Draht. „Haben sie…“, ich schluckte und spürte einen Klumpen im Hals. „Haben sie dich… verletzt?“ Du nicktest, seltsam leise. Dann zogst du dein schneeweißes Hemd an der Schulter hinunter. Kratzer, riesig, wie von wilden Tieren zogen sich darüber. Doch viel tiefer waren die Kratzer in deinen Augen. „Das muß aufhören.“, sagte ich, bestimmt. Ich stand auf und ballte die Fäuste. Du erschrakst, als dachtest du, ich sei wütend über dich. Dann begann ich damit, dir alles zu zeigen. Du solltest lernen, wie man sich zurückzieht, lehrte dir, Nebel und Fallen um dich herum zu legen. Du wuchst mit jedem Tag, wurdest stark und lerntest, im Verborgenen zu agieren. Doch du wuchst zu schnell und in dir war noch frischer Hass, frische Wunden und du kanntest die da draußen. Ich hatte sie schon längst vergessen. Du warst mein Stolz. Eines Tages kamst du zu mir. Du warst ein seltener Gast geworden und so war ich verwundert und erfreut. Du sagtest, du würdest die da draußen nicht mehr aushalten. Du sagtest, du wolltest sie vernichten. Mit einem Stoß. Du warst so begeistert. Ich half dir. Wir versammelten uns bei dir. Du warst so begeistert. Du erklärtest mir, der Krieg würde ein Ende haben. Nach der Schlacht. Dann lichtete ich den Nebel, den wir nicht mehr verlassen konnten. Mit großen Schritten und das Schwert gezückt, aber geblendet vom Licht der Sonne stürmte ich voran. Du warst viel schneller als ich. Plötzlich sah ich die Anderen. Sie waren Menschen. Ich blieb stehen und ließ das Schwert sinken. Ihre Herzen schlugen und mein Herz schlug. Du ranntest vorwärts, das Schwert über dem Kopf wirbelnd. Bald würdest du sie erreichen. Die Menschen. Mit den Herzen. Ich schrie nach dir. Immer wieder. Du tatest nichts, ranntest weiter. Da zückte ich mein Schwert und schleuderte es nach dir. Getroffen sankest du nieder. Die Menschen mit den Herzen jubelten. Ich weinte. Der Nebel war fort und ich hatte entdeckt, dass wir alle Menschen waren. Es war die falsche Entscheidung gewesen, zu kämpfen und ich weinte. Weinte, weil ein Teil von mir gestorben war. Ich war zu mir selbst gekommen und hatte meinen eigenen Hass bekämpft. Ich sah die Menschen. Die Menschen mit den Herzen. Ich hatte ein Herz und ging zu ihnen. Ich erwartete Liebe aus ihren Herzen. Doch die Menschen hatten nicht nur Herzen, sondern auch Dolche. Ein Herz bedeutet noch lange nicht Liebe. Das hatte ich im Nebel verlernt.



also 1. fällt mir kein besserer titel ein, aber irgendwie passt er nicht
2. bin ich nicht das erzählende ich... es ist jemand anders
hoffe, es gefällt

engelsgruß, lichtel
lichtelbin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.08.2006, 21:19   #2
Bloodthirst
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 2

Standard RE: Lieblos

Hey lichtel der text gefällt mir ganz gut nur dieses
Zitat:
Original von lichtelbin
strähnig bis zum Gehtnichtmehr
will mir nicht so recht gefallen aber vieleicht ist es ja auch von dir in dieser wortweise gewollt
besonders die erkenntniss der erzählenden person zum schluss gefällt mir in der situation

mfg Bloodthirst
Bloodthirst ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.08.2006, 21:25   #3
lichtelbin
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

danke bloodthirst... aber irgendwie war mir "sehr stränig" zu wenig... es soll auch ein wenig abfällig klingen... du hast vielleicht recht, dass die wortwahl nicht so toll ist -.-
trotzdem danke für das lob

engelsgruß, lichtel
lichtelbin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.08.2006, 22:02   #4
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007

Zitat:
Als ich wieder
Zitat:
Ich rührte dich an der Schulter,
berührte oder? Oder hat das lyrische Ich mit einem Löffel in der Schulter gerührt?

Zitat:
Du wuchst mit jedem Tag, wurdest stark und lerntest,
Das zweite wäre sonst kein Satz.

Ansonsten noch die üblichen Verdächtigen: wusste, musste usw., die mit Doppel-s geschrieben werden.

Warum ist die Geschichte erst ab 18?

Interessant ist sie. Auch die Lehre, die sich am Ende ergibt. Sehr phantastisch, vom Wesen her. Erinnert mich an DSA.

Wenn mir noch ein Titel einfallen sollte, melde ich mich.
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.08.2006, 07:49   #5
lichtelbin
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

ab 18 o.O
das wusste ich gar nicht... ich selber hab das nicht eingestellt!
und das mit dem wusste, musste bleibt bei mir auch so... ja woll ja... aus protest nämlich... ich mag das scharfe ß so gerne und will es nicht verlieren *scharfesßknuddel*
danke für die restlichen fehler, werde sie gleich ausmertzen!

engelsgruß, lichtel


edit: ich hab nochmal nachgeschaut... wo steht hier denn ab 18 ?!
lichtelbin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.08.2006, 09:10   #6
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007

Dann musst Du aber auch die ganzen "dass" mit ß schreiben und überhaupt in alter Rechtschreibung schreiben, damit alles homogen bleibt. So ein Mischmasch ist nicht schön.

Edit: Bei dem ab 18 muss ich einen Denkaussetzer gehabt haben... keine Ahnung, wie ich darauf komme... echt nicht... ich hoffe, ich muss mir keine Gedanken deswegen machen...
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.08.2006, 09:14   #7
lichtelbin
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

doooch mischmasch an die macht... ne im ernst... du hast ja recht... ich bin eben ein äußerst verwirrtes bayernkind, dass nicht recht weiß, wie es am besten schreiben soll und deshalb ignoriert man am besten das mit den ss und ß
ich ignoriere es ja selber auch -.-
du hast ja recht, verdammt! aber es ist mir jetzt ehrlich gesagt zu blöde nochmal alles umzuändern (rate mal,wer in den deutschaufsätzen wegen der rechtschreibung immer fast runtergestuft wird -.- )
das mach ich vielleicht, wenn ich mal wieder total bockiere... gedanklich

engelsgruß, lichtel
lichtelbin ist offline   Mit Zitat antworten
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