Die feine Gesellschaft

[Ilka-Maria]

Teil 1

Früher hätte ich Hemmungen gehabt. Aber jetzt gehe ich entschlossen durch die Tür. Ich muß es loswerden.

Die Puffmutter nimmt mich persönlich in Empfang.

"Etwas um die dreizehn? Frisch und unverbraucht? Da habe ich nur eine, die Marie - gerade angekommen. Aber die ist noch nicht soweit."

"Mir egal, ich zahle was Sie wollen."

"So einfach ist das nicht. Ich lasse mir mein Frischfleisch nicht kaputtmachen."

"Wieviel?"

Ich lege tausend Euro hin, die keiner Antwort bedürfen. Sie verhandelt trotzdem:

"Für wie lange?"

"Wenn sie mir gefällt, lege ich in fünfzehn Minuten das gleiche drauf."

Der Deal ist gemacht. Marie, ungelernt und jungfräulich, muß ran und ihre Sache gut machen. Es geht um was.

Nach fünfzehn Minuten zücke ich meine Brieftasche. Es tut gut, reich zu sein und die eigene Tochter verschonen zu können. Die Phantasie ist kostenlos, sozusagen Rabatt. Dreizehn – was für ein Alter!


Teil 2

Er ist ja ein guter Kerl. Hab's nie schlecht gehab. Aber daß er mir abnimmt, ich hätte mir die Perlenkette vom Haushaltsgeld abgespart, ist eine Beleidigung.

"Hey, da war doch nichts, nur ein bißchen Kuschelei! Mußtest Du ihn gleich durch die Wohnung jagen und die Treppe runterstoßen?"

Und dann hat er mir auch noch die Kette vom Hals gerisssen – meine Kette!

Nicht viel passiert, es gibt auf Bewährung. Dann geht alles weiter seinen Gang.


Teil 3

Ich will bezahlen und sehe, da liegt ein nicht einkassiertes Geldstück auf dem Tresen. Finger drauf, hingeschoben – die Verkäuferin merkt nichts und nimmt es, gibt sogar Wechselgeld zurück.

So macht man Geschäfte.

Habe ich ein Drecksgefühl?

Nein, nicht jetzt. Aber Jahre später. Die Erinnerung ist ein scharfer Richter.

2. Mai 2010
© by Ilka-M.


Macht jemand weiter ... ?

[Glasauge Bill]

Teil 4

Mum meinte immer, man soll nicht mit dem Essen spielen. Das war vor vierzig Jahren, die Gute ist längst im Himmel.

Komisch, dass ich immer noch an sie denken muss.

Heut ist ihr Namenstag und ich halt ihr 'ne kleine Feier ab.
Hab den Nachbarsjungen eingeladen und mit Panzertape am Tisch befestigt, wollte erst noch ein bisschen Spaß mit ihm haben, aber dann sind mir Mums Worte wieder eingefallen.

Man soll nicht mit dem Essen spielen.



Teil 5

Mein bester Kumpel feiert uptodate seinen zwanzigsten. Bin auch da, voll in Schale geworfen und die Pornobrille im Anschlag. Schleppe heute noch sein Girlfriend ab, die kleine soll einsame Spitze sein, hat er mir mal im Vertrauen gesagt.

Vorher ne Line ziehen und ein paar Valium mit nem Bier hinterher, dann bin ich noch cooler.

Er wirds mir schon nicht krumm nehmen, wozu hat man denn Freunde?



2. Mai 2010
© by Glasauge B.


Macht jemand weiter ...?

[Ilka-Maria]

Teil 6

Es ist furchtber schwer, eine geradezu herkulische Aufgabe, die Klappe der Spülmaschine zu betätigen, man stellt das Geschirr samt Essensresten ungeniert ab, das spart Energie. Die ganz Schlauen ersparen den Putzkräften die Arbeit, indem sie gleich alles, Teller inbegriffen, in den Mülleimer werfen. Auch eine Lösung!

Feine Gesellschaft!