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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 14.03.2018, 21:16   #1
männlich Laie
 
Benutzerbild von Laie
 
Dabei seit: 04/2015
Ort: Oberpfalz
Alter: 33
Beiträge: 847

Standard Labyrinth

Ich bin ein Labyrinth. In meinen Gängen
irrt eine Seele traumverarmt umher.
Die dunklen Mauern neigen sich und drängen
an sie heran und werden mehr und mehr,
fast so, als ob das Irren selbst sie baute,
und jedes Licht zu neuen Schatten graute,
und jeder Anfang wie eine Ende wär.

Und diese Seele weiß nichts von den Dingen,
auch daher ist sie klein und stumm und bang.
Oft ist der Tag ihr ein Nachatemringen,
wie ein Sichfragen, wie ein Untergang,
aus dem sich Zweifel heben; diese schallen
von ausdruckslosen Wänden und sie ballen
sich tief in ihr und leben viel zu lang.
Laie ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.03.2018, 23:42   #2
männlich Schmuddelkind
 
Benutzerbild von Schmuddelkind
 
Dabei seit: 12/2010
Ort: Berlin
Alter: 38
Beiträge: 4.798

Wow,

wo nimmst du nur diese Ideen her, Laie?
Allein schon "Ich bin ein Labyrinth" ist genial. Aber auch "als ob das Irren selbst sie baute" - da sind wieder all die Ebenen des Gedichts miteinander verwoben - beinahe labyrinthartig und der Leser findet sich in derselben Situation wieder wie das LI.

Jedenfalls ist das mir aus früheren Tagen bekannte Lebensgefühl, nichts von den Dingen zu wissen und in einem Labyrinth aus Ideen gefangen zu sein, gut bei mir angekommen und trotz der Schwere ist es gut zu lesen.

LG
Schmuddelkind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.03.2018, 00:01   #3
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Lieber Laie,

Das ist ein sehr gutes Bild, das zunehmende Verwirrung und Vereinsamung zeigt. Sprachlich ausgesprochen gut (die Nominalisierungen liegen noch auf der kunstvoll-filigranen Seite, ohne maniriert zu wirken.

Nur hat die Seele mit "traumverarmt" schon ihre Geschichte, was etwas im Widerspruch zu klein und bang steht.

Sehr gern gelesen.

LG g
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.03.2018, 02:13   #4
männlich pathos79
 
Benutzerbild von pathos79
 
Dabei seit: 03/2010
Ort: Sauerland
Alter: 44
Beiträge: 737

Hallo Laie,

es fehlt der Seele der rettende Faden, um zum Glück geleitet zu werden.
Dieses beklemmende Gefühl des in-Sich-gefangen-Seins bringst Du stark zum Ausdruck...

Take care
pathos79 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.03.2018, 20:55   #5
männlich Laie
 
Benutzerbild von Laie
 
Dabei seit: 04/2015
Ort: Oberpfalz
Alter: 33
Beiträge: 847

Hi Schmuddelkind,

dein Kommentar freut mich sehr! Schön, dass ich das Empfinden so in Worten einfangen konnte, dass es der Leser nachfühlen kann


Hi gummibaum,

vielen Dank für dein Lob Was das "traumverarmt" angeht, hast du recht. Ich glaube, ich werde es durch "richtungslos" ersetzen.


Hi pathos,

auch dir ein großes Dankeschön! Ja der Seele fehlt der Faden, und dazu wohl noch die Vorstellung, woher dieser Faden kommen könnte.

Viele Grüße,
Laie
Laie ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.03.2018, 22:45   #6
Stachel
 
Benutzerbild von Stachel
 
Dabei seit: 03/2015
Ort: Niederrhein
Beiträge: 954

Ich hatte gerade überlegt, ob du ein Zweitaccount von eKy (Erich Kykal) bist. Ich sehe da gewisse Parallelen. Aber das ist natürlich Quatsch.
Du näherst dich mit diesem Text dem Duktus Rilkea an, wie ich finde.
Als typisch fallen mir dabei besonders Wendungen wie der bereits gelobte Vers 5, aber auch die Substantivierungen in den Versen 10 und 11 auf.
Ich bin kein großer Rilke-Fan, aber du schaffst es in meinen Augen, den Stil zu nutzen, dabei ein Ding-Gedicht mit einer Innenansicht zu verschmelzen und die Sprache dennoch von überbordendem Schmalz freizuhalten.

Respekt!

Freundliche Grüße von
Stachel
Stachel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.03.2018, 23:07   #7
männlich Laie
 
Benutzerbild von Laie
 
Dabei seit: 04/2015
Ort: Oberpfalz
Alter: 33
Beiträge: 847

Hi Stachel,

ich bin tatsächlich kein Zweitaccount Die Parallelen kommen womöglich daher, dass ich wie er ein Rilke-Fan bin. So lehnt man sich natürlich hier und da an Kleinigkeiten der Vorbilder an. Die Nutzung von Substantivierungen ist ein Beispiel dafür. Erst durch Rilke habe ich sie als ein wunderbares Werkzeug erkannt.

Hab vielen Dank für dein Lob. Es freut mich wirklich sehr, dass dir mein Gedicht gefällt

Gruß,
Laie
Laie ist offline   Mit Zitat antworten
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