Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Gedichte-Forum > Lebensalltag, Natur und Universum

Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 22.07.2012, 16:35   #1
männlich Desperado
 
Benutzerbild von Desperado
 
Dabei seit: 03/2012
Ort: Erde, Europa, Deutschland, Bayern
Beiträge: 1.747

Standard Vaters Geburtstag

Vaters Geburtstag

So lass uns deinen Runden feiern
an diesem Sonnentag
ganz ohne deine Kinder
mit ihrer Enkelschar
die irgendwo durchs Leben eiern
und was ich zu behaupten wag
Dummköpfe sind nicht minder
im Tod vollendet ist dein letztes Lebensjahr

Dein Freund hat angerufen
er wusste es noch nicht
hat deine guten Wünsche schon vermisst
und war zutiefst betroffen
auch er ist auf den letzten Stufen
der Treppe hoch ins Licht
ein Kamerad der nicht vergisst
dass du mit ihm gesoffen

Die andern wollten nur dein Geld
und warteten auf deinen Tod
der Jüngste trauert ohne Frage
mit dem du’s nie gekonnt
die Töchter aber dieser Welt
sind schlimmer noch als die von Lot
und werfen ihre Kinder in die Waage
ach Väterlein wie wohlig hättest du dich heut gesonnt

Ein Hörgerät wär’ das Geschenk
auch gegen deinen sturen Willen
du sollst dem Unsinn lauschen
das Nichts das aus den Menschen spricht
vernehmen törichtes Gezänk
um eitle Geltungssucht zu stillen
und Nichtigkeiten aufzubauschen
was für ein albernes Gezücht

Und schweigend wärst du dagesessen
genau wie ich und meine Liebe
um still dir deinen Teil zu denken
wenn plötzlich ist vom Mammon da die Rede
geruhsam hätten wir gegessen
betrachtet bunte Blütentriebe
gelächelt über den Geschenken
denn Geld dafür und nochmals Geld will eine Jede

Ein Auto sich zu kaufen
den Führerschein zu machen
die Schulden zu begleichen
und sonstiges was kostet
weil sie in Hypothek ersaufen
unstillbar gierig ist ihr Rachen
es gibt ein Ziel das gilt es zu erreichen
ob auch das Herz dabei verrostet

Sie sammeln sich wie Geier
und warten auf die Beute
was springt dabei heraus wenn du gegangen
belauert sitzt du von Hyänen
zerrissen ist vor dir der Schleier
in dem verborgen diese Meute
im eignen Netz ist sie gefangen
es kostet dich ein lautes Gähnen

Wer seine Kinder Habgier lehrt
sie stärkt in Selbstgerechtigkeit
um über dir den Stab zu brechen
der heuchelt noch so gut und ist durchschaut
wer nicht den Vater und den Opa ehrt
dem ist verkürzt die eigne Lebenszeit
sein stolzer Hochmut wird sich rächen
er hat sein Haus auf losen Sand gebaut

Drum lass uns deinen Runden feiern
den Neunzigsten genaugenommen
wem nützt die ganze Traurigkeit
du hast den Lebenskreis betagt geschlossen
durchs wilde Kurdistan und unter Geiern
bist Du zuletzt gut angekommen
du gingst genau zur rechten Zeit
und hast die alten Tage still genossen

Was da an Erben du zurückgelassen
scheint recht bedeutungslos zu sein
mal bringt der Stammbaum gute Frucht
dann wieder lässt er’s bleiben
wie aber soll der alte Mensch die Jugend hassen
ist auch ihr Wesen noch so hundsgemein
weil sie von Anfang an verrucht
so gibt es keinen Grund die Bitterkeit zu übertreiben

Denn ihre Sorgen kümmern dich nicht mehr
du hast weiß Gott das Ganze überstanden
und was aus ihnen wird ist nicht mehr dein Problem
du hast dein Scherflein dazu beigetragen
dass diese Menschheit zahlreich wie das Sternenheer
ist weit verstreut in nahen und in fernen Landen
im Grunde ist der Tod doch ziemlich angenehm
entrückt bist du vom Erdensein mit allen seinen Plagen

Nun wird es langsam Zeit für uns zu gehen
das brache Feld zu räumen
um dem Verkauf zu überlassen
die alten Mauern die geduldig schweigen
ob sie nun fallen oder fortbestehen
verwildern mag der Garten samt den Bäumen
das Laub sich türmen auf den alten Straßen
der Apfelberg verfaulen mit den Feigen

Wir nehmen deine heißgeliebte Katze mit
denn unsere ist sie bereits geworden
sie hat uns gnädig adoptiert
nachdem die Trauerarbeit abgeschlossen
ist wohlgenährt verwöhnt und fit
sie wird auch anderswo die fetten Mäuse morden
und ihre Knochen brechen ungeniert
wohl auch auf Vögel lauern unverdrossen

Der ganze Unfug dieses Daseins ist von dir genommen
sie mögen sich um dein Vermächtnis streiten
sei froh dass du’s nicht sehen musst
denn ihre Niedertracht kann nur verletzen
wie die der Finsternis mag ihre Stunde kommen
wie Pesthauch mag ihr Atem sich verbreiten
wie ein Atompilz ihre böse Lebenslust
wenn gierig sie die Hinterlassenschaft zerfetzen

Ich bin es leid mir dieses auszumalen
und überdrüssig diese Stunden zu erwarten
da unsre Heimat wird verkauft
für einen Judaslohn
im warmen Licht der Frühlingsstrahlen
erwacht der altvertraute Garten
mit zartem Grün getauft
ein Hemmschuh ist dein erstgebor’ner Sohn

Gern hätte ich dein Gut erhalten
doch sind die Hände mir gebunden
der Kuchen ist zu groß für mich allein
geteilt durch vier wird er gefressen
ich will mein Leben anderswo gestalten
und in der Ferne drehen meine Runden
so ist es und so soll es sein
doch diese meine Heimat will ich nie vergessen

Das Grab wird dennoch nicht verwildern
ich werde regelmäßig nach ihm sehen
ach Bruder Wind ich höre deine Stimme
die Stundenuhr zieht träge ihre Kreise
ihr Schatten spiegelt sich auf alten Bildern
leb wohl denn ich muss gehen
bereit zum Schuss sind Korn und Kimme
bin gut gerüstet für die neue Reise


08
Desperado ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.07.2012, 18:06   #2
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Lieber Desperado -


laß mich nur Eines dazu sagen:

Das Gedicht steht auf meiner Favoritenliste.
Alles Andre wäre Bla-Bla.

Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.08.2012, 12:53   #3
weiblich Zicke
 
Benutzerbild von Zicke
 
Dabei seit: 04/2012
Beiträge: 204

Außnahmsweise kann ich mich dem widerspruchslos anschließen - das ist dir echt gelungen
Zicke ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Vaters Geburtstag



Ähnliche Themen
Thema Autor Forum Antworten Letzter Beitrag
Meines Vaters Hand gummibaum Geschichten, Märchen und Legenden 10 02.02.2013 03:00
Vaters Wandel gummibaum Geschichten, Märchen und Legenden 5 09.06.2012 16:33
Geburtstag Browny Liebe, Romantik und Leidenschaft 1 07.04.2012 22:33
Geburtstag Rena Sonstiges Gedichte und Experimentelles 11 08.10.2009 11:24
der geburtstag Georg Grieg Humorvolles und Verborgenes 0 29.06.2009 11:21


Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.