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Alt 11.06.2008, 01:15   #1
Sim
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Standard Connie mit K.

Seine Frau Vera, verbrachte ein Wellness-Wochenende im Schwarzwald, natürlich mit Ruth. Ruth war eine dieser Kampf-Emanzen. Sie sah aus wie Alice Schwarzer und es wunderte ihn nicht im Geringsten, dass sie keinen Mann hatte.
Eines von Ruths Schlagwörtern war Selbstverwirklichung. Wenn er das hörte, sträubten sich ihm die Nackenhaare, und er bekam Ausschlag am Hintern.
Er konnte Ruth nicht leiden, und sie mochte ihn genauso wenig, aber sie war Veras beste Freundin, also lächelte er sie brav an und verschwand in sein Arbeitszimmer, wann immer sie zu Besuch kam.

Die beiden waren seit gestern Nachmittag fort und ihm war langweilig. Er hatte sich vorgenommen endlich mal wieder zu lesen. Er war um neun Uhr dreißig aufgestanden, hatte sich Kaffe gekocht, Feuer gemacht und die Zeitung durchgeblättert. Dann stand er eine geschlagene halbe Stunde vor dem hohen Bücherregal und studierte die Buchtitel, konnte sich aber für keinen entscheiden. Jetzt saß er in seinem – schon leicht durchgesessenen – Lieblingssessel vor dem Kamin. Es war mittlerweile elf Uhr, und er trug immer noch seinen Schlafanzug unter dem dunkelblauen Bademantel, – ein Geburtstagsgeschenk seiner Schwiegermutter. Er trommelte mit den Fingern den Takt zu ’we will rock you’ mit, trank den Rest seines inzwischen kalt gewordenen Kaffees aus und starrte ins Feuer. Er könnte Connie anrufen.

Connie war einundvierzig Jahre alt und sah – wenn sie etwas Make-up auflegte und ihre Haare machte – für ihr Alter noch ganz passabel aus. Gut, sie hatte diesen kleinen Schwimmring um die Hüften, und die Hautpartien um ihre leicht gebogene Nase waren etwas fettig und neigten zu Akne, aber wenn man die Augen zusammenkniff und sich intensiv auf einen ihrer Pickel konzentrierte, erinnerte sie ein bisschen an Carrie Bradshaw.

Er griff nach seinem Handy und suchte im Telefonverzeichnis unter C nach Connies Nummer. Da fiel es ihm plötzlich wieder ein. Connie schrieb man mit K. Darauf bestand sie schon bei einem ihrer ersten Treffen. Konstanze schriebe man schließlich auch mit K, hatte sie gesagt und dabei theatralisch mit dem Zeigefinger auf den Tisch geklopft.

Konstanze Kontowski arbeitete mit ihm zusammen in der Firma seines Schwiegervaters. Sie war eher der stille Typ und machte auch gerne mal die eine oder andere Überstunde.
Er hatte sie vor drei Monaten – gleich an ihrem zweiten Arbeitstag – angesprochen, und kurz entschlossen um ein Date gebeten. Sie sagte sofort zu.
Seit dem gingen sie mehr oder weniger regelmäßig aus, wenn Vera beruflich unterwegs war, oder sie sich mal wieder ein stressfreies Wochenende gönnte.

Die Verabredungen mit Konnie verliefen immer gleich. Sie trafen sich in einem italienischen Restaurant in der Nähe ihrer Wohnung. So konnte er – unauffällig – zwei Straßen weiter parken und sie zu Fuß nach Hause bringen. Nach dem Essen und etwas Smalltalk nahmen sie noch ein oder zwei Grappa und gingen auf einen Absacker in ihre kleine Wohnung. Zum krönenden Abschluss gab es mehr oder weniger gelungenen Sex auf ihrer WohnzimCDPouch. – Missionar oder Löffelchen. Es lief also alles bestens.

Bei ihrem letzten Treffen vor eineinhalb Wochen verlief zuerst alles wie immer. Sie saßen auf dem Sofa in ihrem Wohnzimmer, hatten das zweite Glas Lambrusco geleert, und sie zog ihre Bluse aus. Er kaute gerade an ihrem Ohrläppchen und hantierte umständlich am Verschluss ihres BHs, als sie sagte, sie würde gerne mal was anderes ausprobieren. Er sah sie verwundert an und sie wurde ein wenig rot. Okay… er war ja schließlich nicht prüde oder verklemmt.
„Na klar“ nickte er, „was denn?“
Sie lächelte schüchtern. „Lass dich überraschen.“

Er hatte Konnies Telefonnummer gefunden und drückte die Kurzwahltaste. Es war besetzt. Seine Gedanken kehrten zum letzten Wochenende zurück.

Sie ließ ihn, nach ihrer geheimnisvollen Ankündigung, auf der Couch sitzen und verschwand hinter der Schlafzimmertür. Als sie kurze Zeit später zurückkam – er hatte gerade den Rest Rotwein direkt aus der Flasche getrunken –, verband sie ihm mit einem schwarzen Seidentuch gewissenhaft die Augen.
„Nicht gucken!“ sagte sie. Dann hörte er die Tür klappen und war wieder allein. Er war ein wenig aufgeregt, und träumte gerade von Handschellen und Gina Wild, als Konnie auch schon zurückkam. Sie zog ihm die Jeans runter und schwang sich auf ihn. So wild hatte er sie noch nie erlebt. Er war ein bisschen überrumpelt, dachte aber nicht weiter darüber nach und entspannte sich.

Er war kurz vor dem Höhepunkt, als sie wie ein Huhn zu gackern anfing. Er riss sich das schwarze Tuch vom Kopf und sah sie fassungslos an. Sie verdrehte gerade die Augen und ähnelte einem riesigen Frettchen auf LSD. Das wäre nicht weiter schlimm gewesen, aber sie war – wie Bibo aus der Sesamstrasse – in ein leuchtend-gelbes Federkleid gehüllt. Er war wirklich tolerant. Aber das war dann doch zu viel. Er wollte sich aufrichten, doch sie nagelte ihn mit den Knien auf dem Sofa fest, bis sie kurze Zeit später mit einem finalen Krähen kam.
Sie stieg ab, ging wortlos ins Schlafzimmer und schloss sich ein. Nachdem er noch einige Minuten auf die geschlossene Tür gestarrt hatte, zog er sich an, ging zum Auto und fuhr nach Hause.
Am nächsten Tag meldete Konnie sich krank. Seitdem hatte er sie noch nicht wieder gesehen und – wenn er ehrlich war –, auch noch nicht an sie gedacht.

Er wählte noch einmal ihre Nummer. Es klingelte durch.
„Hallo?“ Ihre Stimme klang wie ein Hühnchen. Er überlegte kurz und unterbrach die Verbindung ohne ein Wort zu sagen. Er blickte noch einen Moment ins Feuer und beschloss endlich mal ’Krieg und Frieden’ zu lesen.
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Alt 11.06.2008, 09:25   #2
Smilodon
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LIederliche FOtos
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Alt 11.06.2008, 23:43   #3
Sim
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Hallo Smilodon

Da hast du sehr sehrgut beschrieben, wo mein Problem liegt und das ist u.a. die Textlänge. Ich versuche hier (oder versuchte - der Text ist schon ein bisschen älter) auf eine gewisse Länge zu kommen, was dann zu dem teilweise unnötigen Geschwafel führt. Und ich habs unter KG’s eingestellt und nicht unter Satire, weil es mir dafür selbst zu wenig Satire ist.

Der Teil mit der Kampf-Alice war mir wichtig (Ist natürlich ein ziemliches Klischee, aber der Text steckt ja voll davon. *g), um zu zeigen, was für ein armes Würstchen der Typ eigentlich ist. Die Abhängigkeit von seiner Frau und Schwiegervater versucht er, durch die Affäre mit der grauen Maus Konnie zu kompensieren, die sich dann aber als recht farbiges Huhn entpuppt.

Warum ich das Ganze aus der „Rückschau“ erzähle ist eine gute Frage, kann ich dir auch nicht sagen, aber ich muß dir recht geben, das ist unnötig, könnte man rausnehmen und das Ganze, im Jetzt und chronologisch erzählen, das würde wahrscheinlich besser kommen.
In der ersten Version hat der Typ am Ende, anstatt zu lesen onaniert und wenn ich es mir jetzt noch mal angucke, finde ich das eigentlich besser, obwohl deine Version auch überdenkenswert ist.

Das ursprüngliche Ende war in etwa so:
Er wählte noch einmal ihre Nummer. Es klingelte durch.
„Hallo?“ Ihre Stimme klang wie ein Hühnchen. Er überlegte kurz, unterbrach die Verbindung ohne ein Wort zu sagen und onanierte.

Ich hab Konnie am Anfang mir C geschrieben, weil ihm erst später einfällt, dass sie darauf bestand mit K geschrieben zu werden. Mir erschien das logisch, aber ist vielleicht für den Leser nicht ganz nachvollziehbar.

Auf jeden Fall gibt’s wohl noch einiges zu verbessern, aber wie du sagst, ich experimentiere noch. Ich hab immer so meine Probleme an älteren Texten viel zu ändern bzw brauch ich dazu den richtigen Moment, aber ich versuche mich von Text zu Text weiterzuentwickeln und da sind mir so konstruktive Kritiken wie deine eine große Hilfe.

Besten Dank und Gruß
Sim
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