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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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09.04.2023, 23:14 | #1 |
Komm aus Verhältnissen, so groß –
Wenn mich wer fragt, woher ich komm,
so sag ich: Leute, was die Frage! Komm aus Verhältnissen – echt groß wie meine Kinderstubentage. Groß war zum Beispiel wirklich sehr der Durst von unserm lieben Vater. Groß seine Lust auf Kneipenlärm und groß des Morgens auch sein Kater. Groß war, scheint mir, die Enge dort, wo wir, zu sechst, zusammenlebten. Zwei Zimmer gab‘s, Gemeinschaftsbad und Streit und Krach – die Wände bebten. Groß war die Lust von Vaters Hand, zu zeigen, wer der Herr der Bleibe. Ins Riesenhafte wuchs sie oft, kam er spät abends aus der Kneipe. Groß war der Rückstand immer mal beim Zahlen uns’rer kleinen Miete. Groß wie der Schreck in Mutters Blick, versteckte Vater die Lohntüte. Nicht minder groß: der Nachbarn Lust, mit Fingern auf das Pack zu zeigen, das wir in ihren Augen war’n. So groß die Scham – und unser Schweigen. So sag ich also, fragt mich wer, wo ich persönlich mich verorte: Komm aus Verhältnissen, so groß – und arm wie solche Frageworte. |
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10.04.2023, 10:50 | #2 |
Hallo Ottilie,
das war keine schöne Kindheit für das LI .... Das Gedicht finde ich gut gemacht. LG DieSilbermöwe |
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10.04.2023, 11:05 | #3 |
Hallo Ottilie
ein schöner Jambus und ein guter Text. Du sagtest mal, dass du deine Texte nach denen großer Meister schreiben bzw nach deren Form setzen würdest. Ist das hier auch der Fall? Wenn das deine eigene Weise ist Texte zu schreiben, gefällt diese mir wesentlich besser. Mir gefällt auch die Reimgebung a,b,c,b wobei die Reime a und c immer offen bleiben. Auch die Anaphern mag ich, sie sind ein schönes Mittel um auf Schlüsselmomente hin zu weisen. Bei der Betonung von "Lohntüte" tue ich mich etwas schwer, aber ich kann mir nicht erklären warum. Gefühlt passt es aber als Stolperstein. Gerne gelesen Lg Mono |
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10.04.2023, 13:16 | #4 | |
Forumsleitung
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Zitat:
mit der "Lohntüte" liegst du richtig, MonoTon, der Vers fällt aus dem Rythmus. Da hat sich vor diesem Wort ein Daktylus eingeschlichen, der dazu zwingt, es auf der falschen Silbe zu betonen. Auch stört der Widerspruch von "immer mal". Entweder etwas findet immer statt oder eben nur mal. Hier hätte sich besser "öfter mal" angeboten. Ebenfalls widersprüchlich ist der "Rückstand beim Zahlen der Miete", denn wenn die Miete gezahlt wird, ergibt sich kein Rückstand. Auch ergeben die Verse drei und vier in dieser Strophe keinen Sinn. Möglicherweise sollte Vers drei heißen: "Groß war der Schreck ...". Oder aber der Vergleich "wie" bezöge sich auf den ersten Vers, dann hätte ich aber ein Komma statt eines Punkts gesetzt, um den engen Zusammenhang zu wahren. Vorschlag: Groß war der Rückstand öfter mal bei Fälligkeit der kleinen Miete, groß wie der Schreck bei Mutters Blick in Vaters leere Einkunftstüte. Ansonsten gut durchgehalten und flüssig zu lesen. LG Ilka |
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10.04.2023, 14:08 | #5 | |
Zitat:
Der Artikel fügt sich ja dem eigentlich alternierenden Metrum. Hauptsächlich lag es bei mir am Wort "Lohntüte" selbst, bei dem ich mich fragte ob die Betonung nicht eigentlich auf dem Substantiv "Lohn" liegt und die "tüte" in männliche und weibliche Deklination unterteilt werden kann. Das Wort "Tüte" kann nämlich auf erster Silbe betont, aber als Erweiterung eines Morphemes auf der selben Silbe gebeugt werden. Tü-te Xx/ Lohn-tü-te Xxx Das eine ist ein Anlaut (Tü) Kadenz männlich. Das andere ein Hauptwort (Lohn) Stammsilbe bei dem sich eine männliche und eine weibliche Kadenz anhängen. Ich glaube ich erklär schon wieder zu viel, weil ich nicht weiß wie ich es konkreter sagen kann. Sorry Ich teste gerade ein Metrumanalysetool und das sagt hier liegt ein alternierender Jambus vor...im Nachhinein überlege ich gerade ob das stimmt. Je öfter ich lese, desto mehr drängt sich mir ein Daktylus auf, aufgrund der Zeilenanfänge. Ich bin gerade echt überfragt. Lg Mono |
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10.04.2023, 14:24 | #6 | |
Zitat:
Das Wort "Groß" würde ich ebenfalls als Stammsilbe betiteln, da es nur in der Vokalwurzel verändert werden kann. Groß - vergrößern, größeren, unvergrößert, großartig, gleichgroß ich kann es nicht beugen bin ich der Ansicht. Das fällt mir besonders in Strophe 2 auf, wo die Position des Wortes eigentlich an Betonter stelle steht, aber als Anlaut? benutzt wird? |
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10.04.2023, 14:34 | #7 |
Forumsleitung
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Was machst du es dir so schwer, MonoTon? Es sind Jamben mit Auftakt, keine Trochäen. Die Betonungen liegen auf der zweiten Silbe.
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10.04.2023, 14:38 | #8 |
Ok
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11.04.2023, 22:10 | #9 |
Liebe Leser, vielen Dank fürs fleißige Kommentieren! Zu den Anmerkungen:
@Silbermöwe: Nee, leicht war die Kindheit nicht... @Mono-Ton: Ich weiß nicht, ob es sich hier wirklich um Jamben handelt. Ich habe beim Schreiben - vor ca. 10 Jahren, so alt ist der Text - selbst gestutzt und mich gefragt, ob man hier von einer Folge von unbetonter zu betonter Silbe reden kann. Ich weiß es bis heute nicht so ganz genau, denke aber nicht mehr drüber nach... Man kann das Wörtchen "groß", das ja für sich genommen durchaus betont wird, aber mit schwacher Betonung sprechen, es wäre im Sinne des Gemeinten, das ja das "Große" letztlich als arm und zwangvoll beschreibt Ich verstehe Deine Bedenken, lieber Mono-Ton... Den Text habe ich übrigens nicht nach irgendwelchen Vorbildern rhythmisiert/metronomisiert. @Ilka-Maria: Kann sein, dass es Daktylen in den Versen gibt. Ich habe meine Zweifel, ob man griechische Versmaße aufs Deutsche übertragen kann. "Immer mal" ist eine gängige Redewendung, zumindest in meinem Umfeld; es gibt ja auch Wendungen wie "wieder und wieder", "über kurz oder lang", "dann und wann" - vielleicht stöberst Du mal im Netz, z.B. in "Openthesaurus.de"? Wieso der "Rückstand beim Zahlen der Miete" missverständlich sein soll, leuchtet nicht ein: Die Miete musste im Abstand von 14 Tagen in einem Briefkuvert der Verwalterin überbracht werden. Passierte das zwei Tage nach der 14-Tage Frist, befand man sich im Rückstand. Und das war halt "immer mal" der Fall... Gewundert habe ich mich, dass Du meine "Machwerke" kommentierst. Trotzdem Danke. Schönen Abend wünscht Ottilie |
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11.04.2023, 22:23 | #10 |
Forumsleitung
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Au weia. Bin ich dir mal an die Karre gefahren? Sorry.
Aber nicht bei diesem Gedicht. "openthesaurus" ist eine Fundgrube, nutze ich schon lange und habe es schon mehrfach empfohlen. Kann man gar nicht oft genug darauf hinweisen. |
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