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Alt 08.08.2007, 13:45   #1
Dingenskirchen
 
Dabei seit: 07/2007
Beiträge: 20


Standard Der Feind in meinem Bett.

Astronaut und Bauarbeiter wolle er werden, erklärt mir mein Sohn. Zwei ehrbare Berufe, in denen sich Kraft und Intelligenz vereinen. Stolz blicke ich auf mein kleines Ebenbild. „Und wenn ich groß bin, heirate ich Mama“. Langsam kleiner Freund, denke ich und tätschel ihm gütig die Schulter. Immer noch stolz auf unseren Nachwuchs, küsse ich meine Frau und will eben meine Arme um sie legen, als der Bub mit energischen Ärmchen dazwischen geht. „Meine Mama“ skandiert er. „Natürlich ist das deine Mama mein Schatz, aber meine Frau“ ich glaubte etwas bestimmtes in der Stimme gehabt zu haben und setze zu einem erneuten Versuch an, meine Gattin zu herzen. Das Kind hatte sich inzwischen schützend um den Hals meiner Frau gewickelt und schielte mit giftigen Augen zu mir rüber. Natürlich, das Kind ist in der Ödipalen Phase. Ein vollkommen normales Verhalten. Ich verschiebe die zärtlichen Momente mit meiner Frau in die Abendstunden. Richtige Erziehung und die Bestärkung der kleinen Seele, sind mir wichtiger als meine Bedürfnisse. Als Elternteil muss man auch zurückstecken können.
Spielerisch biete ich dem Kleinen ein Kämpfchen an und lasse mich bei der kleinsten Berührung in den Dreck fallen. Ich hatte den abfälligen Blick nicht bemerkt, den er mir auf Grund meiner offensichtlichen Schwäche zuwarf. Ich war gerade dabei mich von einem meiner debilen Schwächeanfälle aufzurappeln, als mir mein Sohn einen Teller über den Schädel zieht. „Zuuooonggg“ brüllt er mit wachsender Begeisterung. Instinktiv greife ich mir an den Kopf, um mögliche Platzwunden zu orten. Mein Sohn nutzte die Gelegenheit der Schutzlosigkeit und versenkte seinen fest beschuhten Fuß zwischen meinen Beinen. Sein „Boioioing“ nahm ich nur schemenhaft wahr. Auch der zufriedene Blick, mit dem er mich taxierte, entging mir. Ich freute mich auf den Abend zu zweit und kühlte mein Gemächt mit dem Bewußtsein meinem Sohn Selbstvertrauen geschenkt zu haben.
Der Abend kam, die Zu-Bett-geh-Arie lag hinter uns, er hatte getrunken, gepinkelt, die Mama geküsst, noch mal getrunken, noch mal gepinkelt und noch mal die Mama geküsst. Wir lagen im Bett und begannen uns eben zu erinnern, dass wir mehr als Eltern sind. Mein Gemächt hatte sich soweit erholt, so das ich gewillt war, es zu benutzen. Die Tür ging auf und das weinerliche, zu einer Fratze verzerrte Gesicht meines Kindes quoll aus dem Spalt. Mein Gemächt löste sich in baumelnde Nichtigkeit auf, als hätte es erneut den Fuß meines perfiden Stammhalters zu spüren bekommen. Er habe schlecht geträumt, erklärt er uns in einem jammernden Singsang. Dabei bohrt sich der kleine Körper wie ein Pfahl zwischen meine Frau und mich. Bequem liegt er dort. Das Köpfchen an der Brust seiner Mutter. Seine Beinchen, weit gespreitzt über das Bett verteilt, schläft er zufrieden ein. Ich bemühe mich meinen Leib schlangenartig auf dem Rest des Bettes zu verteilen und bin trotz misslicher Lage eben dabei einzunicken, als der linke, enorm spitze Ellenbogen meines kleinen Schmarotzers in meinem rechten Auge landet. Ich habe diese Nacht auf dem Sofa geschlafen und einmal mehr über die Sinnhaftigkeit von Fortpflanzung nachgedacht.
Dingenskirchen ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.08.2007, 14:16   #2
Marion
 
Dabei seit: 07/2007
Beiträge: 76


Ich habe laut gelacht, und mich an solche Situationen erinnert.

Toll geschrieben.

Danke Dir fürs lesen

Marion
Marion ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.08.2007, 17:18   #3
Lúinwe
 
Dabei seit: 01/2007
Beiträge: 24


Ja ja ... und als Mädchen versucht man die Mama gegen den Papa aus zuspielen, denn schließlich ist man ja Papas Prinzesschen
und wenn man in die kleinen Kulleraugen schaut, dann kann er nicht wiederstehen.
Lol...hab das früher selber getan

Aber jetzt wieder hier zu, ich fand es echt gut, wie du die kleinen Spitzelein und Gehässigkeiten des Sohns rübergebracht hast. Fand das echt witzig

MFG
Lúinwe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.08.2007, 17:53   #4
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007


Hallo Dingenskirchen,

insgesamt gefällt mir das gut. Eine gelungene und durchaus belustigende Geschichte. Vorallem einige Formulierungen geben ihr einen besonderen Charme:
zu einer Fratze verzerrte Gesicht meines Kindes quoll aus dem Spalt.
um den Hals meiner Frau gewickelt
Mein Gemächt löste sich in baumelnde Nichtigkeit auf

Kritikpunkte:

Du hast Probleme mit dem Tempus. Einmal Präsens, dann wieder Präteritum, dann wieder Präsens...

„Und wenn ich groß bin, heirate ich Mama“.
--> das habe ich erstens noch nie so von einem Jungen gehört und zweitens ist mir das als Hinweis auf die "Ödipale Phase" viel zu deutlich. Das nimmt Spannung weg, weil es alles Folgende schon erklärt.

Auch der zufriedene Blick, mit dem er mich taxierte, entging mir.
Interessant. Ein Ich-Erzähler, der benennen kann, was er gar nicht wahrnimmt...

Als Eltern muss man auch zurückstecken können.
Elternteil. Ansonsten ist es grammatischer Unfug, weil Eltern nur in der Mehrzahl stehen.

Zubettgeharie
--> würde ich der besseren Lesbarkeit wegen mit Bindestrich schreiben. Ich musste mehrmals lesen, bis ich erkannte, was das für ein Wort sein soll.

Grüße

Struppi
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.08.2007, 18:30   #5
Dingenskirchen
 
Dabei seit: 07/2007
Beiträge: 20


Das mit den Zeiten stimmt. Habe es zum großen Teil gändert. Ich finde so macht es Sinn.

Das mit dem Ich-Erzähler sehe ich anders. Ich erzähle aus einer Position mit Abstand, wodurch mir Dinge im Nachhinein auffallen können.

Elternteil, Zubettgeharie. Stimmt habe ich geändert.

„Und wenn ich groß bin, heirate ich Mama“.
Ist tatsächlich ein Satz den kleine Jungs gerne bringen auch wenn du ihn noch nie gehört hast.

Das mit der Ödipalen Phase stimmt schon. Finde ich aber nicht so schlimm, weil ich mich in der Situation selbst mit diesem Gedanken beruhige und er daher dort hin gehört, auch wenn er Spannung nimmt.

Danke für die konstruktive Kritik sie war sehr hilfreich.
Dingenskirchen ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.08.2007, 15:00   #6
morefun
 
Dabei seit: 05/2007
Beiträge: 240


Als Eltern ist tatsächlich grammatischer Unsinn und doch umgangssprachlich gebräuchlich. Daher finde ich es nicht so schlimm.
"Auch der zufriedene Blick, mit dem er mich taxierte, entging mir" finde ich hingegen auch unlogisch.

Ansonsten ist dir deine Geschichte gut gelungen. Witzig geschrieben.
"Das zu einer Fratze verzerrte Gesicht meines Kindes quoll aus dem Spalt" wird mich noch eine Weile begleiten. Mir drängt sich sofort ein urkomisches Bild auf und ich muß immer wieder lachen.
Toll gemacht.
morefun ist offline   Mit Zitat antworten
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