Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Forum durchsuchen Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Gedichte-Forum > Zeitgeschehen und Gesellschaft

Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 23.12.2005, 21:17   #1
meerjungfrau
 
Dabei seit: 12/2005
Beiträge: 2

Standard Weihnachtsgeschichte

Diese Geschichte ist in meiner Heimatstadt angesiedelt, Ort der Handlung ist CH-Basel[color=cyan]

Das Schneeflöckchen und der Taschendieb.

Weihnachtsgeschichte

Es begab sich in der Adventszeit, als ich täglich eine lange Strecke zur Arbeit zurücklegen musste.
Kein Tag verging, an dem nicht mindestens einmal die Lautsprecher in der überfüllten Strassenbahn verkündeten:"Liebe Fahrgäste, bleiben Sie auf der Hut, es sind wieder vermehrt Taschendiebe unterwegs."
Ich hatte jedoch nicht viel mehr bei mir als meine Träumereien, und die lassen sich ja nicht stehlen.So sah ich meine Protagonisten eines frühen Abends, als ich von meinem Fensterplatz aus ins Schneetreiben hinausblickte, vor mir.
Die stattliche Dame stand an der Tramhaltestelle am Marktplatz, beladen mit Papiertüten, die propevoll mit bunten Weihnachtskugeln gefüllt waren.Pausbackig stand sie da,- in ihrem purpurroten Mantel unterschied sie sich kaum von einer Riesenweihnachtskugel.
Nichts schien an sie heranzukommen ausser,- und das war die Gelegenheit, der berühmt- berüchtigte Taschendieb Mister Krähenklaue.
Verhohlenen Schrittes schlich sich die düster hagere Gestalt, die schwarze Baskenmütze tief ins Gesicht gezogen, von hinten an die Dame heran.In ihrem parfümumwölkten Mantelkragen machte Krähenklaue ein weihnächtlich glitzerndes Schneesternchen dingfest, dass er irrtümlicherweise für einen besonders wertvollen Diamanten hielt.
Blitzschnell und geübten Griffes packte er zu und liess die winzige Beute in seiner dunkeln Manteltasche verschwinden.Die Weihnachtskugeldame
betrat kurz darauf nichsahnend, unbedarft in ihrer Parfümwolke schwebend, das Tram Richtung Barfüsserplatz.
Den tanzenden Geschwisterchen des armen unschuldigen Schneeflöckchens jedoch, war diese Szene nicht entgangen und gemeinsam, in stillschweigender Absprache beschlossen sie, dem Wüstling, der sich so erbarmungslos an ihrer kleinen Schwester vergriffen hatte, eine gehörige Lektion zu verpassen. Im Nu kamen sie herbeigeflogen, zu tausenden und abertausenden...Ein dichtes Schneegestöber wurde in Sekundenschnelle zu einer einzigen weissen Wolke, die den Tunichtgut vollends verschlang. Von allen Himmelsrichtungen kamen sie herbeigesaust und krallten sich erbarmungslos an Mister Krähenklaue fest. Und ebensoschnell wie sie gekommen war, jagte die Schneewolke von dannen.
An der Tramhaltestelle am Marktplatz stand nun ein riesiger hagerer Schneemann, einzig die schwarze Baskenmütze lugte ziemlich schief, zuoberst aus ihm heraus.Er sah recht erbärmlich drein.-
"Vermutlich weil er keine Rübennase hat," dachte sich die Gemüseverkäuferin, die am Abendverkauf ihre Bio Karotten feilbot.Sie erbarmte sich seiner, griff nach der fettesten Rübe und stiess sie dem armen Wicht tatkräftig ins Gesicht.Dabei traf diese mit voller Wucht auf Krähenklaues Nasenspitze.Worauf der Schneemann jämmerlich aufheulte, und sehr zum Ertaunen der Marktfrau davonrannte,- über den Marktplatz, in die freie Strasse hinein.Das war ein Riesengaudi!Gross und Klein, das gesamte Fussvolk der Innenstadt, beladen mit Päckchen und Weihnachtsbäumen jagte dem dahinfliehenden Schneeman hinterher...Der Schneemann rannte um sein Leben...Und da,-es musste ja so kommen,- prallte er frontal mit einer aus der entgegenkommenden Richtung daherschreitenden Passantin zusammen. Und wie es der Zufall so wollte,- es war die stattliche Dame im purpurroten Mantel!
Da vollzog sich der Urknall.Ihre Papiertüten platzten und eine bunte Schar grosser und kleiner Weihnachtskugeln kullerten fröhlich über den weissen Schneeteppich.Inmitten aber stand die Weihnachtskugelfrau und vergoss bittere Tränen.Kugelrund quollen sie aus ihren weitaufgerissenen blauen Sternenaugen.Da verspürte Krähenklaue zum ersten Mal in seinem Leben so etwas wie Erbarmen.Und weil sich sein Herz erwärmte, schmolz sein Schneekostüm dahin. Die Tränen der Weihnachtskugelfrau versiegten augenblicklich! Welch ein rührender Anblick! Da verwandelte sich doch tatsächlich vor ihren Augen ein Schneemann in einen leibhaftigen! Es erschien ihr beinahe wie im Märchen vom Froschkönig! Vergessen waren die Weihnachtskugelnscherben.
Vor einem Jahr hatte sie ihr Ehemann verlassen,- war einfach mit einer Anderen auf die Südseeinseln abgehauen.Seither versuchte sie ihren Kummer zu vergessen, indem sie sich tagtäglich mit neuen Einkäufen der sonderlichsten Art tröstete.Nun schienen die Weihnachtsscherben ihr Glück gebracht zu haben! Eiligst packte sie Mister Krähenklaue am Arm und begab sich mit ihm zur Aphoteke an der Schifflände, wo sie als treue Kundin immer neuer Heilmittelchen bestens bekannt und geschätzt war.Dort kaufte sie eine Salbe mit der sie liebevoll Mister Krähenklaues Nase pflegte, die nicht mehr rübenfarben, sonder vielmehr veilchenblau war.
Kurz darauf schritt das ungleiche Paar gemächlich ineinander eingehakt via Mittlere Brücke und verschwand im Schneetreiben.Unterwegs hielten sie inne und blickten versonnen übers Brückengeländer den Schneeflöckchen nach, die munter und still in den schwarz dahinfliessenden Rhein tanzten. Ein winziges Weihnachtsglitzersternchen verfing sich in ihrem parfümumwölkten Mantelkragen. Doch er liess es dort liegen, weil er fand, dass es sehr hübsch dorthin passte.
Die Beiden feierten zusammen Weihnachten und führten fortan gemeinsam ein anständiges Leben.
meerjungfrau ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Weihnachtsgeschichte

Themen-Optionen Thema durchsuchen
Thema durchsuchen:

Erweiterte Suche



Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.