Was wir jetzt sind

[Ex-Pepito]

Die Sonne steht hoch und sie gart unerbittlich
den fiebrigen Tag, er ist staubig und heiß.
Moskitos befinden mich ganz offensichtlich
für höchst aromatisch und kleben am Schweiß.

Das Gras liegt erschöpft vor der weißen Veranda
und wird in der Hitze zu trockenem Stroh.
Das Zirpen der Grillen ist Mundpropaganda
und Werbung für Sommer auf höchstem Niveau.

Ein Windspiel tüncht zaghaft die leisesten Klänge
in all diese Töne und schreibt einen Blues.
Mein Schatten verwischt und gewinnt etwas Länge,
der Abend kommt langsam und immer zu Fuß.

Dein Schaukelstuhl steht auf der kleinen Terrasse
gleich hinter dem Haus und knarzt einsam im Wind.
Die Nacht ist gekommen und abermals hasse
ich das was wir taten und was wir jetzt sind.

[Ilka-Maria]

Ein Gedicht, das Beachtung verdient. Große Klasse.

[Ex-Pepito]

Vielen Dank, liebe Ilka.

Herzliche Grüße

Pepito

[Perry]

gelungen das innere Befinden am äußeren Umgeben reflektiert.
Kleine Unschärfe, trockenes Gras nennt man "Heu", aber das stört nicht wirklich.
LG
Perry

[Nöck]

Hallo Pepito,

genial, wie wortgewandt und bildhaft das lyrische Ich seinen seelischen Zustand anhand seiner Umgebung beschreibt. Die letzte Strophe lässt den Leser darüber grübeln, was wohl Schlimmes passiert sein könnte und ob das lyrische Du noch anwesend ist, das gefällt mir.

Was Perry aufgefallen ist, ließe sich etwa so beheben:

Das Gras liegt erschöpft vor der weißen Veranda
und gleicht in der Hitze dem trockenem Stroh.

Das Gras liegt erschöpft vor der weißen Veranda
und dörrt in der Hitze wie trockenes Stroh.

LG Nöck

[Ex-Pepito]

Guten Morgen zusammen,

vielen Dank für die tolle Resonanz. Den kleinen Fauxpas mit dem Stroh habe ich gar nicht bemerkt. Und ich glaube, das wäre wirklich kaum aufgefallen. Aber jetzt stört er mich doch etwas.
Danke für die Vorschläge Nöck.
Aus verschiedenen Gründen erscheint mir

"und wirkt in der Hitze wie trockenes Stroh"

vernünftig. Oder übersehe ich da was?
Wenn nicht, liebe Ilka, würde ich hier gerne eine Veränderung vornehmen lassen.

Vielen Dank

Pepito

[Evren]

Blues )

[dunkler Traum]

... da wird mir selbst im unbeheizten Zimmer warm. Passt scheinbar nicht zur Jahreszeit, doch die Stimmung des LI wird super rüber gebracht.

wünsche schöne Träume
dT

[Ilka-Maria]

Zitat von Pepito

Aus verschiedenen Gründen erscheint mir

"und wirkt in der Hitze wie trockenes Stroh"

vernünftig. Oder übersehe ich da was?
Wenn nicht, liebe Ilka, würde ich hier gerne eine Veränderung vornehmen lassen.

Ich habe darüber nachgedacht und ein bisschen recherchiert. Wenn Stroh als Synonym für Heu nicht akzeptabel ist, dann auch nicht als Vergleich. Warum nicht Heu als das benennen, was es ist? Außerdem habe ich mittlerweile Zweifel daran, ob Grillen "auf hohem Niveau" zirpen, denn es klingt monoton, weil sie über ein sehr eingeschränktes Repertoire verfügen. Ich mache folgenden Vorschlag:

Das Gras liegt erschöpft vor der weißen Veranda
und dörrt in der Hitze zu saftlosem Heu.
Das Zirpen der Grillen ist Mundpropaganda
und wirbt für den Sommer, der Spezies getreu.

Lieben Gruß
Ilka

[Ex-Pepito]

Hallo Ilka,

da muss ich drüber nachdenken. Das hohe Niveau galt nicht dem Zirpen der Grillen. Es galt der Werbung. Werbung auf höchstem Niveau. Ist das missverständlich? Für mich war es klar so gedacht. Lyrik ist ein listiges, kleines Ding. Was in so wenigen Sätzen unterschiedlich aufgefasst werden kann... War das von mir falsch formuliert? Ich habe es gerade nochmal gelesen, aber ich komme automatisch immer auf die Werbung. Aber ich habe es ja auch geschrieben. Klar, dass ich da betriebsblind bin...

Gruß

Pepito

[Ilka-Maria]

Zitat von Pepito

Das hohe Niveau galt nicht dem Zirpen der Grillen. Es galt der Werbung. Werbung auf höchstem Niveau. Ist das missverständlich? ... Ich habe es gerade nochmal gelesen, aber ich komme automatisch immer auf die Werbung.

Da steht doch klar und deutlich:

Das Zirpen der Grillen ist Mundpropaganda
und Werbung für Sommer auf höchstem Niveau.

Zirpen, Propaganda und Werbung sind für mich hier identisch, eigentlich ist Propaganda sowieso ein Synonym für Werbung (laut Synonym-Lexikon "Werbung im wirtschaftlichen Bereich"). Übrigens zirpen Heuschrecken nicht mit dem "Mund", sondern mit den Flügeln.

[Ex-Pepito]

Ich grüble jetzt seit Tagen darüber nach.

Beispiel:

Wie sein Leben bisher verlaufen ist, ist Werbung fürs Scheitern auf höchstem Niveau.

So, in der Art meinte ich das. Das höchste Niveau bezieht sich hier ja auch nicht auf sein Leben.
Ich kann es nichts anders ausdrücken. Sorry.

Das mit den Flügeln und Hinterbeinen bei den Grillen stimmt natürlich.

Gruß

Pepito

[Silver]

Hallo Pepito, Dein Gedicht ist Dir sehr gut gelungen. Ob nun Gras, Heu oder Stroh, entscheidend ist doch, was Du ausdrücken wolltest. Der Leser durchlebt einen wahren Blues der Gefühle. Ich mag die bildliche Beschreibung wie: "Der Abend kommt langsam und immer zu Fuß."

Liebe Grüße Silver

[Ex-Pepito]

Danke Silver,

da war viel in mir, was auf Papier musste. Schön, dass es gefällt.

Pepito

[aufgeklappt]

das Unvergängliche so schön gerahmt...

Beste Grüße

[Eisenvorhang]

Hi P.,

Das Gras liegt erschöpft vor den weißen Balkonen
und formt in der Hitze ein braches Plateau.
Das Zirpen der Grillen, will keinen verschonen,
ist Werbung für Sommer auf höchstem Niveau.

Willst du Stroh behalten, dann mach es glühend. Aber bitte nicht trocken.
Mundpropaganda ist semantischer Unfug. Reimgeschuldet.

Lg e