O Tannenbaum bei Poetry.de

Ilka-Maria · 11.12.2016, 14:10

Es steht ein junger Tannenbaum
mit Nadeln voller Saft und Kraft
in eines Waldes tiefstem Raum,
wohin kein Pfad es je geschafft.

Doch eines Tages ist‘s soweit:
Das Unterholz betritt ein Mann,
zum Schlagen frischen Grüns bereit -
am Stamm der Tanne setzt er an.

Er stellt sie auf dem Markte aus
und gibt sie feil für gutes Geld,
so landet sie in feinem Haus
und wird geschmückt, wie’s Kunz gefällt.

Doch noch vor dem Sylvesterkrach
sind ihre Nadeln dürr und grau,
die Kerzen leuchten nur noch schwach,
und damit endet ihre Schau.

Sie landet auf dem Bürgersteig
und wartet auf die Müllabfuhr,
und jeder nackte Tannenzweig
mahnt ausgezehrt: „Ich war Natur.“

11.12.2016

gummibaum · 11.12.2016, 14:19

Das ist eine Tragödie, liebe Ilka. Mir tun sie auch immer leid, wenn sie da liegen. Aber auch vorher schon, wenn sie leuchten und zu glänzen müssen, obwohl ihnen der Fuß abgesägt ist.

Mitfühlend gelesen.
LG g

Thing · 11.12.2016, 14:25

und jeder nackte Tannenzweig
mahnt ausgezehrt: „Ich war Natur.“

Diese beiden Verse schmerzen.
Seit Jahren wird in meiner Familie ein lebender kleiner Baum gekauft, der "danach" in den Garten gepflanzt wird.

Unar die Weise · 11.12.2016, 14:30

Ein schönes, wenn auch trauriges Gedicht, liebe Ilka-Maria.
Es erinnert mich an die Geschichte "vom Tannenbäumchen".
Ich mochte diese Geschichte sehr. Das Gedicht mag ich auch.

Hier der Link zur Geschichte:http://www.weihnachtsstadt.de/geschi...annenbaum.html

Herzliche vorweihnachtsgrüße, von Unar.

Hier geht es zum Märchenbuch, in dem die Geschichte zu lesen ist.

1474810616

11.12.2016, 14:10	#1
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.111 Meine Gedichte Meine Favoriten	O Tannenbaum Es steht ein junger Tannenbaum mit Nadeln voller Saft und Kraft in eines Waldes tiefstem Raum, wohin kein Pfad es je geschafft. Doch eines Tages ist‘s soweit: Das Unterholz betritt ein Mann, zum Schlagen frischen Grüns bereit - am Stamm der Tanne setzt er an. Er stellt sie auf dem Markte aus und gibt sie feil für gutes Geld, so landet sie in feinem Haus und wird geschmückt, wie’s Kunz gefällt. Doch noch vor dem Sylvesterkrach sind ihre Nadeln dürr und grau, die Kerzen leuchten nur noch schwach, und damit endet ihre Schau. Sie landet auf dem Bürgersteig und wartet auf die Müllabfuhr, und jeder nackte Tannenzweig mahnt ausgezehrt: „Ich war Natur.“ 11.12.2016

11.12.2016, 14:25	#3
Thing R.I.P. Dabei seit: 05/2010 Beiträge: 34.998 Meine Gedichte Meine Favoriten	Liebe nicht nur Ilka-Maria - und jeder nackte Tannenzweig mahnt ausgezehrt: „Ich war Natur.“ Diese beiden Verse schmerzen. Seit Jahren wird in meiner Familie ein lebender kleiner Baum gekauft, der "danach" in den Garten gepflanzt wird.

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11.12.2016, 14:19	#2
gummibaum Dabei seit: 04/2010 Alter: 70 Beiträge: 10.909 Meine Gedichte	Das ist eine Tragödie, liebe Ilka. Mir tun sie auch immer leid, wenn sie da liegen. Aber auch vorher schon, wenn sie leuchten und zu glänzen müssen, obwohl ihnen der Fuß abgesägt ist. Mitfühlend gelesen. LG g

11.12.2016, 14:30	#4
Unar die Weise Dabei seit: 10/2016 Ort: in einem sagenhaften Haus Alter: 42 Beiträge: 5.271 Meine Gedichte Meine Favoriten	Ein schönes, wenn auch trauriges Gedicht, liebe Ilka-Maria. Es erinnert mich an die Geschichte "vom Tannenbäumchen". Ich mochte diese Geschichte sehr. Das Gedicht mag ich auch. Hier der Link zur Geschichte:http://www.weihnachtsstadt.de/geschi...annenbaum.html Herzliche vorweihnachtsgrüße, von Unar. Hier geht es zum Märchenbuch, in dem die Geschichte zu lesen ist. 1474810616