Dementi Jammerlappen

[Volldaneben]

Ich glaube es geht einfach um das ganz normale Menschsein, dazu schadet es vielleicht auch nicht viel gelesen zu haben, viele philosophische, spirituelle und lebensnützliche Theorien zu kennen. Aber es ist nicht unbedingt nötig, es genügt auch der ganz einfache Hausverstand, wenn darin ein guter Wille enthalten ist, das man einfach den Wunsch hat, die Sehnsucht in sich spürt mit anderen Menschen gut auszukommen. Sicherlich das, gute Auskommen ist nicht einfach, ich glaube das kennen wir alle, dass es oft genug nicht gelingt.

Es ist interessant, auf die Frage wie geht’s? Geht’s allen gut, in der Partnerschaft läuft auch alles bestens. Nach dem 7 Bier ist dann alles Scheiße und nach dem 12 Bier ist alles egal…

Alkohol als Wahrheitstonikum und Problemlöser ist eben auch keine Lösung. Ein ehrliches Gespräch auf Augenhöhe wäre besser.

Ok, angenommen eine Gruppe von Menschen macht das, ganz ehrlich sich alles erzählen – was wäre dann? Ich meine das wäre wahrscheinlich das Gejammere des Jahrhunderts. Alles Scheiße, in der Arbeit, zuwenig Geld, in der Beziehung passt es nicht, psychische Probleme, Streitereien, Konflikte oder sonstige Probleme mit weiß Gott wem, usw.
Will man das? Nein, also sagt man – passt eh ungefähr alles und versucht eine schöne Zeit miteinander zu verbringen – das ist vielleicht auch das Beste.

Vielleicht wäre es aber auch wirklich Heilsam mal ordentlich zu jammern, Also wenn mal in einer Gruppe das uneingeschränkte Jammern erlaubt wäre da würde ich schon mitmachen. Oh, ich würde so viel Jammern, ich glaube ich würde überhaupt nicht mehr aufhören, zumindest eine Zeitlang. Vorerst mache ich es aber wie alle anderen auch, gejammert wird erst ab dem 7 Bier, vorher nicht.

[Jeronimo]

Lieber Volldaneben,

ich denke, du bist ein sehr harmonie“süchtiger“ Mensch, und du leidest vermutlich unter
unangebrachter Kritik.
Ich denke, es reicht nicht aus, einfach nur einen Stuhlkreis zu bilden und dann erzählt jeder
jedem seine Sorgen, oder man trinkt sich erst Mut an, um von seinem Leid zu erzählen.
Vielleicht ist es auch gar kein bestimmtes Leid, vielleicht braucht man einfach nur mal jemanden, der einem zuhört und ernst nimmt. Das ist sicher ein Problem in unserer Online-Gesellschaft, mit den angeblich hunderten „Freunden“ in den Netzwerken oder den anonymen Gestalten in den Foren, die sich nur selbst profilieren wollen.

„Jammern“ ist zudem wenig männlich, zieht Spott auf sich und man wird gern als Weichei abgestempelt, auch bei Verwandten oder in Gesellschaft. Zudem können manche wirklich unentwegt jammern, und selbst die lustigsten Typen fangen manchmal nach ein wenig Alkohol sofort mit der Flennerei an, so wie andere agrressiv werden.
Dennoch sollte jeder Mensch einen anderen realen Menschen haben, dem er alles sagen kann, der ihm auch zuhört. Das kann ein Freund sein, ein Verwandter, aber durchaus auch ein völlig Fremder.
Es kann sicher nicht falsch sein, sich einer Gemeinschaft anzuschließen, in der man akzeptiert wird, so wie du jetzt in diesem Forum, auch wenn hier mal grob gelästert wird, ohne große Sensibilität für die verschiedenen Charaktere, die unterschiedlich betroffen darauf reagieren. Das muss ich vor allem mir selbst ankreiden, selbst wenn es nur gegen Texte und nicht deren Urheber geht.

Jammern bzw. eine große Sensibilität wird leider auch oft als Schwäche ausgelegt, und schnell kann man Opfer seines eigenen Feingefühls werden, und dann hat man noch einen Grund mehr zu „jammern“.
Einen Ausweg aus dem Dilemma findet man m.M. nach nur in sich selbst, in dem man an sich selbst glaubt, an dem, was man für richtig hält, in dem man stark bleibt in seiner Meinung, sich aber seine Sensibilität erhält.
Schwäche zu zeigen, sensibel zu sein und empathisch, ist auch eine Stärke, die mancher in seiner grobschlächtigen Sprache gerne hätte.
Die Stärke misst sich daran, wie viel Schwäche man ertragen kann. Und wer stark ist, kann auch getrost mal jammern und sich gehen lassen, er fängt sich selber auf, wenn es die anderen nicht tun.
Das ist besser als sieben bis zwölf Bier.
Ich wünsche dir viel Stärke zum Jammern.

Jeronimo