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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 13.05.2008, 21:22   #1
männlich Ex Albatros
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2005
Beiträge: 1.227

Standard Fund

Fund

Gefroren, unterm Mantel grüner Tage,
fand zahnlos ich das Weh versunkner Zeit.
Des Schmucks beraubt gemahnt' es ewger Plage
und tot des Bisses der Vergänglichkeit.
Ex Albatros ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.05.2008, 22:04   #2
männlich Schmierfink
 
Dabei seit: 01/2008
Alter: 42
Beiträge: 195

Hallo Albatros,

als Erstes hab ich gedacht du schreibst über die spaniche Grippe, die Millionen von Menschen das Leben kostete und bei Begrabenen im Dauerfrostboden immer noch aktiv und durchaus noch eine Gefahr sein kann.Also so wie ich es verstanden habe, gefällt es mir gut.
Ich meine damit Es kommt an.

Gruß Fink
Schmierfink ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.05.2008, 10:25   #3
Traumwächterin
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 112

huhu Albatros :-)


ein sehr interessantes Gedicht, was du da geschrieben hast. Es macht mich irgendwie nachdenklich.

„Frund“ erinnert erst einmal an einen „archäologischen Fund“, der irgendwo unter der Erde eingeschlossen ist. Das Fundstück jedoch ist „die Not versunkener Zeit“; also ein Elend, was vor langer Zeit geschehen ist. Auffällig ist in dem Zusammenhang auch das „zahnlos“; könnte einerseits ein Verweis auf das Alter sein oder darauf, dass es die Not nun „harmlos“ oder „verharmlost“ ist, da sie keinen „Biss“ mehr hat. Außerdem erinnert die Kombination an „der Zahn der Zeit“ – der ja nun ausgefallen ist, was ich als eine schöne Assoziation und auch ein gelungenes Bild an sich empfinde.
In den nächsten beiden Zeilen beschreibst du, wie das Elend dieser Zeit „schmucklos“ geworden ist; ihr wurde die Zier oder die schöne Verkleidung genommen. Darum offenbart sie nun umso klarer die „Wurzel allen Menschenleids“, also das Elend wird noch offensichtlicher.

Ich denke, das Gedicht ließe sich in viele Richtungen deuten. Gerade dadurch, dass es so kurz ist, ist es auch sehr offen.
Ich versuch es Mal mit der Interpretation, die mir am besten gefällt, auch wenn ich mir sehr unsicher dabei bin. Die Not wird symbolisch vergraben oder wurde es vor langer Zeit – muss sie ja, wenn sie jetzt unter der Erde liegt. Dementsprechend könnte man sagen, sie ist „versteckt“ worden, vielleicht auch „verharmlost“ worden (was ich aus dem „zahnlos“ interpretiere). Diese Verharmlosung könnte man der zeitlichen Distanz zu schreiben, also die Not, die aus der versunkenen Zeit stammt, ist ja heute nicht mehr aktuell, was sie vermutlich weniger grausam erscheinen lässt. Auf der anderen Seite hat der „Fund“ auch über die Jahre seine „Zier“ verloren, also die Zeit, aus der er stammt, ist heute nicht mehr so glanzvoll, was aber erst beim „Ausbuddeln“ entdeckt wird. Wenn das lyr. Ich sie nämlich wieder zu Tage fördert, zeugt sie nur von einer „Plage“, nicht von Schmuck. Insofern könnte ich hier einen Appell sehen, Geschichte oder Vergangenheit nicht einzugraben oder zu verstecken, weil sie sonst verharmlost wird, sondern sie vielmehr aufzudecken, um sie wirklich zu erkennen und einschätzen zu können.

Wie auch andere Gedichte von dir, ist dieses sehr minimalistisch. Und wieder finde ich es erstaunlich, wie viel Inhalt du auf so wenig Raum unterbringen kannst. Auf der anderen Seite werden die Gedichte natürlich auch uneindeutig dadurch, dass sie so kurz sind. Ich meine das jetzt nicht negativ oder abwertend, es hängt natürlich immer mit deiner Intention zusammen. Ich finde es legitim und dein Stil ist auf jeden Fall ein wenig „anders“ als die meisten, was durchaus ein Lob ist, weil es schwierig ist „anders“ zu sein. Ich finde es halt nur manchmal schade, dass deine Gedichte so uneindeutig sind. Auf der anderen Seite, wenn du diese „Mehr-“ oder „Vieldeutigkeit“ willst, ist das natürlich vollkommen in Ordnung.

Zuletzt fällt mir nur noch auf, dass es irgendwie merkwürdig ist, dass „Zeit“ und „leids“ sich nicht so richtig reimen. Ich weiß nicht, mich stört es an der Stelle ein wenig, zumal „Tage“ und „Plage“ sich ja durchaus reimen. War das gewollt?


liebe Grüße
das Traumi
Traumwächterin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.05.2008, 16:48   #4
männlich Ex Albatros
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2005
Beiträge: 1.227

Standard Hi Ihr Beiden,

@Fink

Also an die spanische Grippe dachte ich offen gesagt nicht beim Verfassen des Textes. Vordergründig an ein Mammut.
Ziel ist das Ankommen meiner Texte in jedem Fall.

@Traumwächterin

Zitat:
„Frund“ erinnert erst einmal an einen „archäologischen Fund“, der irgendwo unter der Erde eingeschlossen ist. Das Fundstück jedoch ist „die Not versunkener Zeit“; also ein Elend, was vor langer Zeit geschehen ist.
Das hast du vollkommen richtig erkannt.

Zitat:
Auffällig ist in dem Zusammenhang auch das „zahnlos“; könnte einerseits ein Verweis auf das Alter sein oder darauf, dass es die Not nun „harmlos“ oder „verharmlost“ ist, da sie keinen „Biss“ mehr hat. Außerdem erinnert die Kombination an „der Zahn der Zeit“ – der ja nun ausgefallen ist, was ich als eine schöne Assoziation und auch ein gelungenes Bild an sich empfinde.
Hast du meine Absichten voll durchschaut. 8)

Zitat:
Ich denke, das Gedicht ließe sich in viele Richtungen deuten. Gerade dadurch, dass es so kurz ist, ist es auch sehr offen.
Auch das war meine Absicht.

Zitat:
Diese Verharmlosung könnte man der zeitlichen Distanz zu schreiben, also die Not, die aus der versunkenen Zeit stammt, ist ja heute nicht mehr aktuell, was sie vermutlich weniger grausam erscheinen lässt. Auf der anderen Seite hat der „Fund“ auch über die Jahre seine „Zier“ verloren
Auch dies deckt sich weitestgehend mit meinen Intentionen.

Zitat:
Insofern könnte ich hier einen Appell sehen, Geschichte oder Vergangenheit nicht einzugraben oder zu verstecken, weil sie sonst verharmlost wird, sondern sie vielmehr aufzudecken, um sie wirklich zu erkennen und einschätzen zu können.
Dies ist eine mögliche, zumal auch sehr gute Deutung des Textes.

Zitat:
Wie auch andere Gedichte von dir, ist dieses sehr minimalistisch. Und wieder finde ich es erstaunlich, wie viel Inhalt du auf so wenig Raum unterbringen kannst. Auf der anderen Seite werden die Gedichte natürlich auch uneindeutig dadurch, dass sie so kurz sind. Ich meine das jetzt nicht negativ oder abwertend, es hängt natürlich immer mit deiner Intention zusammen.
Das ist immer meine erklärte Absicht, hier nicht zu sehr einzuengen. Jeder ist anders geartet, hat eine andere Erziehung, andere Erfahrungen gesammelt, kommt dadurch zu anderen Schlüssen, setzt die Schwerpunkte anders.

Zitat:
Zuletzt fällt mir nur noch auf, dass es irgendwie merkwürdig ist, dass „Zeit“ und „leids“ sich nicht so richtig reimen.
Habe jetzt geändert. Vorher hieß es ja sinngemäß: Die Wurzel allen Menschenleids. Ich denke "keit" reimt sich besser auf Zeit.


Euch Beiden danke ich wie immer sehr für Euer Interesse und die interessanten Gedanken zum Text.

LG Albatros
Ex Albatros ist offline   Mit Zitat antworten
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