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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 09.01.2022, 15:04   #1
männlich Anaximandala
 
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Standard Zauber des Anfangs

Jeder Anfang ist auch magisch,
jeder Tag kann Neues geben,
das Schicksal, nimmt mans nicht tragisch
führt zu Meisterschaft im Leben.

Zauber gehen nicht verloren,
wir verlieren nur den Glauben,
mit Magie wird man geboren,
erst der Tod kann sie uns rauben.
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Alt 09.01.2022, 15:18   #2
männlich Ex-Tristanhirte
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Mega schön geschrieben
Zitat:
Zitat von Anaximandala Beitrag anzeigen
das Schicksal, nimmt mans nicht tragisch
führt zu Meisterschaft im Leben.
kann ich bestätigen (für meine noch recht jungen Jahre)

Zitat:
Zitat von Anaximandala Beitrag anzeigen
Zauber gehen nicht verloren,
wir verlieren nur den Glauben,
mit Magie wird man geboren,
erst der Tod kann sie uns rauben.
Zum Schluss den Zauber auch klanglich umgesetzt (schon in erster Strophe sehr viele lange a's). Will jetzt aber nicht mit trockenen Analysen die Aura zerstören, sehr edles Werk (für mein Empfinden)
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Alt 09.01.2022, 16:02   #3
männlich Anaximandala
 
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Vielen Dank für deine Worte Wotan

Oh spannend, lass deinen Gedanken gerne freien Lauf in die Richtung hab ich bisher garnicht gedacht oder drauf geachtet, wie genau meinst du das?
Der Text ist sehr spontan und in recht kurzer Zeit entstanden, ich hab mir garkeine Gedanken darüber gemacht, wie er wirken könnte, um so mehr interessiert mich, wie er es tut

Viele Grüße
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Alt 09.01.2022, 18:05   #4
weiblich C.Alvarez
 
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Du hast zwei Sätze mit besonderer Bedeutung in deinem Text. Einer gefällt mir so wie er ist nicht. Der andere gefällt mir sehr.

Zitat:
Zitat von Anaximandala Beitrag anzeigen
das Schicksal, nimmt mans nicht tragisch
führt zu Meisterschaft im Leben.
Das ist mir zu einfach, das klingt so als wären schwere Schicksalsschläge, wenn man sie locker nimmt der Weg zum Glück. Wenn man unter Schicksal versteht, dass man die Zigaretten vergessen hat, es aber nicht tragisch nimmt, mag das hinkommen. Schicksal ist für mich etwas anderes, Erlebnisse, die einen aus der Bahn werfen, wo ein "nimm's nicht tragisch" nur zynisch wirkt.

Zitat:
Zitat von Anaximandala Beitrag anzeigen
mit Magie wird man geboren,
erst der Tod kann sie uns rauben.
Der Satz sagt mir ohne Einschränkungen zu.

Corazon
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Alt 09.01.2022, 18:39   #5
männlich Andri
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Hallo Aniximandala,
da muss ich Corazon ausnahmsweise mal Recht geben.
Was mir an den beiden Zeilen nicht zusagt ist das Zusammenführen von lapidarer Sprache:
"nimmt mans nicht tragisch"
mit hoher Sprache:
"Meisterschaft im Leben"

Und, natürlich man kann das Gedicht nicht lesen ohne an Herman Hesses Stufen zu denken:
"Jedem Anfang liegt ein Zauber inne"....
Und damit muss man sich dann irgendwie messen..
Aber dennoch es liest sich flott und rund, es ist ok.

Viele Grüße,
Andri

Geändert von Andri (09.01.2022 um 20:05 Uhr)
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Alt 09.01.2022, 22:47   #6
männlich Anaximandala
 
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Hey ihr Zwei, danke für eure Meinung und vor allem für eure ehrliche Kritik

Ersteinmal, Herman Hesses Satz "Jedem Anfang..." ist (indirekt) auch die Grundlage von dem Gedicht, ein guter Bekannter aus dem Gedanken einen sehr schönen Spruch geschrieben und davon inspiriert sind die Zeilen sehr spontan entstanden

Zitat:
Schicksal ist für mich etwas anderes, Erlebnisse, die einen aus der Bahn werfen, wo ein "nimm's nicht tragisch" nur zynisch wirkt.
Hey Corazon, ich verstehe total, was du meinst, aber eigentlich meine ich genau das, nur halt nicht zynisch im Sinne von ja dann pfeif doch drauf... viel eher meine ich, dass ein Schicksalsschlag, wie man auch damit umgeht, unveränderliche Realität bleibt.
Klar, erstmal geht man damit um, wie man es eben tut. Punkt. Aber wie man auch damit umgeht, ändern tut sich doch nichts. Man kann aber das Schlimmste draus machen, oder das Beste. Alles Glück der Welt reicht nicht, dass man nicht doch noch nen Grund zum Leiden findet.
Und wenn etwas unveränderbar ist, kann ich mir Herz und Seele herausreißen und meinen Schmerz Saltos schlagen lassen, es ändert nichts. Ich kann es genauso als unveränderbar hinnehmen und meine Kraft verwenden, wo ich Einfluss habe.
Das Schicksal wäre in beiden Fällen das selbe, trotzdem würde es anders aussehen.

Mal ganz blöd aufgedröselt, von mir aus sogar zynisch, warum den Kopf zerbrechen um das, wasan nicht ändern kann. Leiden tut man unter Schicksalsschlägen eh, warum noch darin versinken? Wer ändern will, was er nicht kann, belastet sich noch mit dem Scheitern. Warum nicht akzeptieren, was nicht zu ändern ist, ändern, was möglich ist (und beides unterscheiden zu können) versuchen^^
Man geht mit den Dingen eh um, wie man es tut, aber man wird bis ans Ende seiner Tage mit Dingen umgehen müssen.

Die ganze stoische Philosophie beruht darauf, ok vielleicht nicht alles, aber Epiktets Handbuch der stoischen Moral würde dir glaube ich sehr zynisch erscheinen.

Die Dinge sind wie sie sind und bleiben es, nimm sie so oder leide, dass sie es nicht sind Die Zeit ist begrenzt, aber besser wenn man das beste draus macht^^

Zitat:
Was mir an den beiden Zeilen nicht zusagt ist das Zusammenführen von lapidarer Sprache:
Hey Andri, du hast recht damit, es treffen zwei Welten aufeinander
Einerseits wäre zwar bestimmt die Erklärung interessant, die lapidare Sprache ist Ausdruck davon, wie man das Schicksal nehmen sollte, die hohe Ausdruck dessen, was man dadurch gewinnt. Aber hätte ich eine schönere Umschreibung gehabt hätte ich sie sicher verwendet, also hast du einfach recht^^ wiegesagt, der Text ist ohne viel arbeit entstanden, das liest man dort wohl auch heraus

Stets im Anfang Zauber wohnen,
jeden Tag beginnt das Leben,
das Schicksal wird dich nicht schonen
doch wer's trägt, den wird's erheben.

Niemals geht Magie verloren,
wir verlieren nur den Glauben,
mit ihr werden wir geboren,
erst der Tod kann sie uns rauben.

Wie gefällt dir die Alternative?

Liebe Grüße
Anaximandala ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.01.2022, 23:25   #7
männlich Andri
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Ah so richtig gut gefällt mir die Alternative nicht. Und ich glaube die dritte Zeile ist jambisch und nicht wie die anderen trochäisch. War es aber vorher auch. Aber es klingt doch nicht ganz korrekt.
Vielleicht
Schicksal wird dich nicht verschonen ?
Was ich auch nicht optimal finde ist der Plural bei Zauber.

Die inhaltliche Kritik von Corazon besteht natürlich auch zurecht, aber die zielt ja nicht speziell auf dich sondern generell auf die Vorstellung dieser geplanten Resilienz.
Schicksalsschläge können Menschen in ihrer psychischen Existenz regelrecht zerstören, was immer man sich vorher dachte. Die Wucht der Einschläge ist oft nicht zu parieren und Folgen nicht zu therapieren. Das zeigt sich natürlich erst im Nachhinein.

Als Gimli im Herrn der Ringe beim Aufbruch der Gefährten einen Treueeid vorschlägt, sagt Elrond: Lasst denjenigen nicht geloben im Dunklen zu wandern der den Einbruch der Nacht nicht kennt.

In dem Sinne etwa...

Viele Grüße, Andri
Andri ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.01.2022, 00:16   #8
männlich Anaximandala
 
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Auch hier wieder, du hast recht...
es ist eine Alternative, nur besser ist sie halt nicht xD

mal sehen, vielleicht finde ich ja noch eine wirklich angemessene Lösung, eigentlich wollte ich schon weiter gesucht haben, bin dann aber wieder abgelenkt worden

Ups, mit dem Jambus hast du recht, das ist mir wirklich entgangen

Danke auch für die Worte zu Corazons Kritik, ich versteh sie absolut nicht als etwas gegen mich gerichtetes. Ich weiß natürlich auch, wie Schicksalsschläge einen zerstören können und auch wie extrem wenig Einfluss man hat, etwas an seinem Umgang mit ihnen zu ändern... Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, ich weiß, wie sehr mich schon einfache Rückschläge auf gefühlt 0 zurückgeworfen haben. Ich schreibe ja ein paar mal, "man geht mit den Dingen so um, wie man es eben tut", und da geb ich dir recht, kein tolles Traumschloss hilft, wenn die Realität klopft^^

Ich hab auch nur die Scheiße hinter mir, die ich bisher so gefressen habe xD und mein Umgang mit Dingen entspricht oft genug so garnicht dem Umgang, den ich mir selbst empfehlen würde, genauso wie der Einfluss der Dinge, die ich mir als Ideal vorstellend schreibe auf das, wie ich etwas erlebe, oft lächerlich gering ist... Und das Maß an Akzeptanz, das ich mir erkämpft habe (in harten Kämpfen um Peanuts^^) ist oft mehr resignierende Verzweiflung als Wissen. Ganz ehrlich, ich glaube das Leiden wird nicht weniger, nur die Ansätze es zu überwinden. Wenn man in ein Loch fällt; am besten die Situation neu bewerten und das Beste draus machen, es dauert so ca 3 Sekunden bis man wieder fällt, es geht um das "trotz dem Leid Glück finden", Stehaufmännchen sein und morgen nur ein kleines Stück klüger sein, als heute. Und manchmal ums aussitzen.
Wiegesagt, das alles ist auch nur, was ich gern tun würde... aber ich bin davon überzeugt, dass ich es kann. Und falls nicht, dann hab ich doch Hoffnung und kämpfe

Zitat:
Lasst denjenigen nicht geloben im Dunklen zu wandern der den Einbruck der Nacht nicht kennt.
Der Spruch gefällt mir sehr, da ist viel wahres dran

Liebe Grüße

Geändert von Anaximandala (10.01.2022 um 01:44 Uhr)
Anaximandala ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.01.2022, 00:22   #9
männlich Anaximandala
 
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Ich hab früher vieles, was ich gelesen hatte und toll fand, abgespeichert, um mir bestimmte Dinge immer mal wieder ins Bewusstsein rufen zu können, das hier sind drei wirklich tolle Sprüche vom "On Beeing Project"

We must live our lives in such a way as to make better, even in the smallest way, the situation that we are currently experiencing. This is what it means to ‘take on the suffering of the world’ – that we each act in accordance with the limits of our own personal capacity for good. By doing this, the lives around us will become incrementally better and therefore, so will our own lives, and the life of the world itself.


To be human is to love and to suffer; to suffer with, though — compassion, not to suffer against. So, to have a space big enough to suffer with, and if we can hold that space big enough, we also will have joy and fun, even as we suffer. And suffering will no longer divide us.


Running headlong into heartbreak is running directly into vulnerability. It involves uncertainty, risk, and emotional exposure. But vulnerability is the birthplace of love, belonging, joy, courage, empathy, and creativity.
Should we choose this path, there will be moments (likely many) where we find ourselves facedown in the dirt because the road to wholeheartedness guarantees we will get our hearts broken—again and again. But, in choosing to embrace heartbreak, we empower ourselves to experience the myriad of ways love manifests itself and the beauty life affords us. In the end, it’s not a question of if we will experience heartbreak but of how.


Nochmal liebe Grüße
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Alt 10.01.2022, 23:46   #10
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Ich meine hier eine recht klare klangliche Gliederung zu erkennen: die erste Strophe wird von vielen langen a’s getragen und exponieren somit gewissermaßen eine recht glatte, weiche Fläche, die zweite Strophe besticht dann durch die vielen langen i(e)‘s und o’s, da funkelts dem Synästhetiker passend zum Zauber und der Magie im Text schwarz weiß silbern vor Augen durch die für mich sehr feinsinnige Verwebung von Semantik und Stilmittel wird die Wirkung zumindest in Rahmen meiner rezeptiven Herangehensweise enorm gesteigert. Daher kann ich den Einwänden hier auch nur bedingt zustimmen, für mich sind die zitierten Verse mehr Mittel zum Zweck und schließen (wie gesagt, für meine Lesart) innerhalb des doch recht affirmierenden Klingklangs pejorative oder zynische Evokationen recht rigide aus (natürlich hat eine solche Lesart ein wenig was ästhetizistisches an sich). Der Zugang mag nun aber Sache der Mentalität und / oder der ästhetischen Sozialisation sein; sofern man die Verse isoliert betrachtet, sind die Einwände natürlich verständlich.
Ich hätte mal eine kleine, den Klang und die Semantik grundsätzlich beibehaltende, aber vllt ein wenig auf die Bedenken eingehende Alternative herausgewerkelt, was sagst du dazu? wäre dann auch wieder achthebig

Klagt das Schicksal nicht zu tragisch
leitet es zu Ahnenehren [ Zaren-, Machtes-, ...] - [-wegen, -segen, -leben...]

LG
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Alt 22.01.2022, 19:04   #11
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Standard Danke Wotan, für den Kommentar

Vielen Dank für deine Meinung WotanKlingsor, an einigen Punkten hat sie mich gut zum Denken angeregt
Schön, dass du die Verse so gelungen findest, was die erste Strophe angeht handelt es sich möglicherweise um mein allgemeines Problem der ersten Strophe... erst finde ich keinen Anfang, dann kein Ende^^

Die ganze Wirkung der zweiten Strophe ungeplant entstanden, aber gerade das mit den Lauten und ihrer Wirkung auf Synesthäsisten klingt interessant, allerdings habe ich keinen eigenen Zugang dazu

Ästhetizismus. Ein interessantes Wort, ich musste es allerdings googeln^^
Und jetzt reflexiv eingestehen, eine Unterordnumg unter das Schöne ist das letzte was ich will. Trotzdem, die Tendenz zu schön ist da, ich würde schön um des schönen Willen schreiben und wer weiß, wo eine Entwicklung endet, hat man sie nicht im Blick^^ die verworren verwirrende Tendenz ist die zweite, gut, dass ich mal drüber nachgedacht hab


Klagt das Schicksal nicht zu tragisch
streut es funkend Zaubers/regen

Ok der war sehr spontan, mit Ahnenehrer ksann ich nicht soo viel anfangen, das ist zwar schön, aber der Zauber aoll im reellen Erleben liegen, nicht in einer Metaebebe die Grundlage für Freude beim Besinnen sein.
Aber wenn es dir so gefällt, mach dein eigenes draus, schreib dir gern deinen Wunschzauber draus

Viele Grüße
Anaximandala ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.01.2022, 13:46   #12
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Zitat:
Zitat von Anaximandala Beitrag anzeigen
Ästhetizismus. Ein interessantes Wort, ich musste es allerdings googeln^^
ja, aber ich sehe gerade, Google geht mit den Infos auch relativ spärlich um: damit wird analog zum Dekadenz-Begriff in der Literaturwissenschaft oft eine ästhetische Strömung der Wiener Moderne um 1900 bezeichnet, in der sich Protagonisten wie Hofmannsthal, Schnitzler, Herrmann Bahr, Richard Beer-Hofman, und Peter Altenberg (letzteren sollte man wegen seiner bekennenden Pädophilie wohl etwas weniger emphatisch hervorheben) ihre Stoffe und Techniken zusehends aus dem französischen Symbolismus und auch allgemein der französischen L’art pour l’art-Kultur entlehnten. Es handelte sich dabei auch um eine gewisse Lebenseinstellung, um dem kulturellen, verstädternden Wandel der Zeit zu entfliehen, wobei sie auf dessen Reizüberflutungen nicht nur nicht verzichten wollten, sondern sie sogar ins Exzessive übersteigerten. Der typische dédcadent wurde auch schon von Thomas Mann in der Figur Christian Buddenbrook verarbeitet.

Ich persönlich finde das Konzept aus ästhetischer Sicht weiter recht interessant, auch wenn die lebensreelle Umsetzung von damals mit ihren übertriebenen, omnipräsenten Rauschzuständen durch Düfte (überall Parfum und Blumen), Geschmäcker (ständig am Fressen), emotionalen Kicks (so tun, als würde man sich aus dem Fenster stürzen), Orgasmen (etwa durch Strangulation) und Gekokse in der heutigen Zeit eher zur Einweisung als zur Würdigung eines gesunden Lebensstils führen würden. Einige ästhetizistische Tendenzen sind heute aber durchaus noch etabliert, etwa in der Videospielszene - man denke an die ganzen Fantasy- oder Adventure-Spiele, an Zelda, etc. Da geht es bunt und schrill zur Sache und soll im Idealfall (aus Produzentensicht) ähnliche Rausch- oder Suchtzustände erzeugen, hat dann mit der Realität aber natürlich nicht sehr viel zu tun. Als ich in einer Vorlesung zum ersten Mal im Detail den Dandy-Typ im Zusammenhang mit dem Ästhetizismus charakterisiert bekommen hab, musste ich irgendwie instant an die heutigen Hardcore-Gamer denken (im positiven Sinne, die meisten (zumindest mir bekannten) sind ja sehr liebe Menschen).
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Alt 24.01.2022, 13:14   #13
männlich Anaximandala
 
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Das mit den spärlichen Infos hat man ja öfters bei Google, wenn es um Themen geht, die nicht mit Sicherheit öfters gesucht werden oder aufgearbeitet wurden oder so, ich erlebs zumindest öfters
Danke für deine ausführlichen Infos Wotan. Ich muss sagen, ich kannte den Ästhetizismus nicht und auch die Namen sind mir nicht komplett unbekannt, aber vertraut bin ich mit ihnen auch nicht. Die Strömung klingt interessant, mir ist beim lesen der Aspekt, dass die Schönheit über vieles gestelllt wurde (als nicht optimal) aufgefallen, es wäre aber sicher sehr spannend mal genauer zu erfahren, was es bedeutet hat und wie es gelebt wurde.
In gewisser Weise werde ich gerade neugierig auf die Strömung, die die Schönheit über den Nutzen gestellt hat.
Was den Lebensstil angeht, gut es ist in gewisser Weise auch die Zeit gewesen, zu koksen galt ja fast schon als guter Ton^^ auch wenn es hier vielleicht alles noch bis ins Extrem gesteigert wurde.
Aber es war halt ne andere Zeit.
Der Dandy Typ ist ziemlich funky
ich finde es witzig, dass du da Hardcore Gamer im Kopf hast, den Bezug würde ich eigentlich nicht setzen. Also was die Auffälligkeit des Stils angeht gut, da kann ich mich drauf einigen, bei der Art des Stils nicht unbedingt. Ich hab direkt paar Gesichter vor Augen^^ allen voran der Kumpel, der auf einem Flohmarkt auf den Gedanken gekommen ist, dass so ein Gehstock eigentlich schon ein sehr stilvolles Accessoire ist. Und nach 20 Minuten gleich nochmal 5 gekauft hat

Vielen Dank für deinen Kommentar und die Mühe die drin steckt.
Ich wünsch dir einen schönen Montag
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Alt 25.01.2022, 15:31   #14
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Zitat:
Zitat von Anaximandala Beitrag anzeigen
Die Strömung klingt interessant, mir ist beim lesen der Aspekt, dass die Schönheit über vieles gestelllt wurde (als nicht optimal) aufgefallen, es wäre aber sicher sehr spannend mal genauer zu erfahren, was es bedeutet hat und wie es gelebt wurde.
Ja, der Ästhetizismus war auch eine ziemlich krasse Gegenbewegung zum Naturalismus, der ja so ziemlich das Gegenteil vertritt. Die lagen sich ziemlich im Clinch, ähnlich wie in der Musik die "Romantiker" vs die "Atonalen". Da hat man sich ja schon mal im Konzertsaal gegenseitig verprügelt, über irgendwas müssen die Menschen ja streiten, wenns schon über die Politik verboten wird.

Zitat:
Zitat von Anaximandala Beitrag anzeigen
ich finde es witzig, dass du da Hardcore Gamer im Kopf hast, den Bezug würde ich eigentlich nicht setzen. Also was die Auffälligkeit des Stils angeht gut, da kann ich mich drauf einigen
ja schon, ich meinte auch vor allem ihren Stil, ich würde das manchmal vielleicht als leicht reizüberflutete Attitüde zu beschreiben versuchen (nicht im wertenden Sinne). Sie haben manchmal eine Art an sich, Kleinigkeiten und ulkige Widersprüche im Alltag instant rauszufiltern und verspüren dabei oft den Drang - so zumindest mein Eindruck - sich in einer kindlichen, manchmal leicht pubertären Überhöhung darüber auszulassen. Macht sie für mich zu sehr unterhaltsamen Zeitgenossen, den Stoikern aber sind sie wohl zu schrill.

Zitat:
Zitat von Anaximandala Beitrag anzeigen
dass so ein Gehstock eigentlich schon ein sehr stilvolles Accessoire ist. Und nach 20 Minuten gleich nochmal 5 gekauft hat
Man kann nie genug Gehstöcke haben, sag ich immer.


Viele Grüße
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Alt 29.01.2022, 00:02   #15
männlich Anaximandala
 
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Ok das hilft mir sehr beim einordnen, den Naturalismus haben wir damals in der Schule thematisiert und ich hab ein wenig darüber hinaus von Gerd Hauptmann gelesen. In seiner "brachialen" Darstellung war es auch interessant, aber was mir gefehlt hat findet sich dann wohl im Ästhetizismus xD spannend.

Zitat:
würde das manchmal vielleicht als leicht reizüberflutete Attitüde zu beschreiben versuchen
Da denke ich zum Beispiel wieder an einige Leute aus der Hard Rock Szene, die ihre Kleidung mit Patches, Aufnähern etc. sehr auffälig besticken, eigentlich jeden Aspekt ihrer Kleidung ausgeschmückt und verziert haben (und nach 60 Minuten frischluftausnüchtern nach dem Suff zur Arbeit kommen^^) sind wohl auch sehr persönliche Erfahrungen

Zitat:
Man kann nie genug Gehstöcke haben, sag ich immer.
Weise Worte...

Liebe Grüße, schön dass du wieder hier bist
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Alt 29.01.2022, 09:42   #16
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Zitat:
Zitat von Anaximandala Beitrag anzeigen
Ok das hilft mir sehr beim einordnen, den Naturalismus haben wir damals in der Schule thematisiert und ich hab ein wenig darüber hinaus von Gerd Hauptmann gelesen. In seiner "brachialen" Darstellung war es auch interessant, aber was mir gefehlt hat findet sich dann wohl im Ästhetizismus xD spannend.
Wahrscheinlich auch Die Weber oder? ^^ Das musste ich auch mal für ne Vorlesung lesen (bzw. hätt es lesen sollen (werd es wohl mal nachholen müssen)).

Ja, allgemein drifteten die ästhetischen Gegensätze damals wohl ziemlich auseinander, um sich anschließend miteinander zu konfrontieren. Aus Adornos Brille betrachtet könnte man darin wohl Analogien zur damaligen Gesellschaft vorfinden.

Viele Grüße
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Alt 29.01.2022, 10:19   #17
männlich Anaximandala
 
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Die Weber war es zwar nicht, aber das Buch habe ich hier im Regal stehen, ungelesen allerdings bisher, ich werds mit Sicherheit nochmal lesen, aber nicht unmittelbar^^
Wir haben Vor Sonnenaufgang gelesen und nachdem das Buch mich ein wenig geschockt hat; ich habs drei mal hintereinander gelesen, vorwärts, kapitelweise rückwärts und nochmal wild durcheinander Stellen, von denen ich mir Kontext erhofft hab^^ und ich hab mich privat danach nochmal mit Bahnwärter Thiel auseinandergesetzt.

Zitat:
Aus Adornos Brille betrachtet könnte man darin wohl Analogien zur damaligen Gesellschaft vorfinden.
Ganz sicher, das ganze hat ja innerhalb der Gesellschaft stattgefunden und wird auf irgendwas in ihr oder sie betreffendes gründen, denke ich mir zumindest xD
Ich bin was Literatur, Strömungen, Hintergründe und so angeht aber echt erschreckend uninformiert, muss ich zugeben^^

Viele Grüße
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Alt 30.01.2022, 13:13   #18
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Zitat:
Zitat von Anaximandala Beitrag anzeigen
Ganz sicher, das ganze hat ja innerhalb der Gesellschaft stattgefunden und wird auf irgendwas in ihr oder sie betreffendes gründen, denke ich mir zumindest xD
Ja schon, das stimmt ^^ Adorno hat die Gesellschaftsbezüge vor allem zumeist in den Formen gesucht, wonach gesellschaftliche Wandel neue Formen mit sich brächten. Das ist hier aus der weitgreifenden Perspektive wohl naheliegend, in seinen Detailanalysen aber oftmals problematisch. Aber wo dus sagst, ich finde es immer wieder faszinierend, wie sehr man damals noch auf Krawall gebürstet war und den anderen nicht einfach ihren Spaß an der Freude gönnen konnte, sondern stattdessen alles bis aufs Blut (im wahrsten Sinne) ausdiskutierte, und das nicht nur (gesellschafts-)politisch, sondern auch in den Künsten, Philosophien, usw. Auch insofern mag der zweite Weltkrieg eine Zäsur gewesen sein, die polemische und rabiate Schärfe scheint trotz aller weiter vorhandenen gegensätzlichen Meinungen mit weiter vorkommenden Reibereien abgenommen und sich mehr einer gegenseitigen Toleranz untergeordnet zu haben, nicht zuletzt, weil Konfrontationen mit der anderen Seite deutlich mehr gemieden werden und/oder sich ins Internet verlagert haben, so scheint mir (wobei man sich auch dort zumeist wohl eher in seinen hermetischen Community-Blasen gegenseitig hochpusht). Weiß man wohl vor allem dann zu schätzen, wenn man sich regelmäßig mit der Epoche um 1900 auseinandersetzt. Das Forum hier evoziert eventuell mit seinen unterschiedlichen Mentalitäten und Weltanschauungen in Ansätzen die Geister guter alter Zeiten, als man wegen sowas: https://www.youtube.com/watch?v=FFPjFjUonX8&t=149s noch aufeinander einprügelte (ich empfehle ab 3:21 und vor allem ab 22:45 (am besten volle Kanne aufdrehen)).

LG
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Alt 31.01.2022, 03:22   #19
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Ich glaub jeder Ansatz hat so seine schwarzen Flecken, wie auch jeder Denker seinen individuellen Standpunkt hat.
Wenn man wirklich die Gründe für irgendwas in der Gesellschaft Stattfindendes sucht, dann ist Adorno bestimmt eine gute Grundlage. Ich weiß es aber nicht genau, ich hab mich mit ihm noch nicht auseinandergesetzt^^
Aber ich bin allgemein ein großer Fan davon, sich Dinge unter mehreren Aspekten anzusehen und die dann gegeneinander gegenzuprüfen, bzw. miteinander in Verbindung zu bringen.

Klar war der zweite Weltkrieg eine Zäsur, nicht nur Wissenschaftlich sondern auch Gesellschaftlich. Nichts macht uns gleicher, als schreckliches Leid, vielleicht standen wir damals alle so in der Scheiße, dass wir an einem Strang ziehen mussten und es einen Kern gab, statt einem Gleichgewicht an im Zeitlauf gefestigter Gruppen, die so voneinander abgekapselt nebeneinanderher existiert haben, dass man sich auch mal eins auf die Schnauze gehauen hat.
Die Frage wäre, hätten wir durch die Stabilität etwas gewonnen, oder mit der Diversität an grundsätzlichen Mentalitäten, die sich im nebeneinanderher gegeneinander gegenseitig stärken etwas verloren?
Ich hätte immer behauptet, Stabilität und Sicherheit kämen durch mehr Ressourcen dafür, mehr Blick darauf und eine Zivilgesellschaft, die sich erst richtig entwickelt hat.
Die Mentalitäten Frage andrerseits funktioniert nur, wenn der erste Weltkrieg zu keiner gesellschaftlichen Zäsur geführt hat. Hätte er und sie hätten sich erneut ausprägen können, wär das ganze heute 3fach egal. Wenn nicht und die massive Zerstörung war der Gleichmacher, warum haben sich dann auch die Sieger vergleichbar entwickelt?
Hätten auch die genug gelitten zur Zäsur, hätte der erste Weltkrieg auch zu einer führen müssen und es hätte nicht lange gehalten.^^

Zitat:
Das Forum hier evoziert eventuell mit seinen unterschiedlichen Mentalitäten und Weltanschauungen in Ansätzen die Geister guter alter Zeiten
Ganz aktuell sieht es etwas so aus, ja... aber ich denk mir, jeder wird dabei nach seinen Anlagen und Ansätzen tun, gleich und gleich gesellt sich gern und klug durchdacht rottet sich normal nicht zusammen.

Geändert von Anaximandala (31.01.2022 um 06:17 Uhr)
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Alt 31.01.2022, 21:34   #20
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Du schreibst immer so viel, da wird kriegt man immer Schuldgefühle, wenn man nicht ganz mithält ^^. Aber klar, du hast Recht, nach der Katastrophe musste sich die Leute natürlich zusammenraufen, sonst wär man wohl echt als Kartoffelacker verendet. Ich glaube auch gar nicht unbedingt, dass wir an Diversität verloren haben, sondern mehr, dass die Extreme sich etwas herabgemildert haben und die Leute allgemein einfach deutlich weniger auf Konfrontation gehen. Vor allem gibt es wohl kein abschreckenderes Beispiel gegen extremistische Habitus als die erwähnten Grauen, da tritt wohl noch ein wenig Nietzsches Alpdruck der Generationen zutage. Gerade in Deutschland scheint mir der Schock verglichen mit Österreich etwa noch verhältnismäßig wenig verdaut - wenn auch natürlich trotzdem schon sehr weit fortgeschritten. Ich muss ehrlich eingestehen, dass ich diesen Teil nicht ganz kapiert hab:
Zitat:
Zitat von Anaximandala Beitrag anzeigen
Die Mentalitäten Frage andrerseits funktioniert nur, wenn der erste Weltkrieg zu keiner gesellschaftlichen Zäsur geführt hat. Hätte er und sie hätten sich erneut ausprägen können, wär das ganze heute 3fach egal. Wenn nicht und die massive Zerstörung war der Gleichmacher, warum haben sich dann auch die Sieger vergleichbar entwickelt?
Hätten auch die genug gelitten zur Zäsur, hätte der erste Weltkrieg auch zu einer führen müssen und es hätte nicht lange gehalten.^^
bitte ein wenig entwirren :D

Schönen Abend dir, LG
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Alt 02.02.2022, 22:42   #21
männlich Anaximandala
 
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Hey TristanHirte,
du musst dir da wirklich keinerlei Kopf drum machen, wieviel du schreibst. Vielleicht sollte ich mir mehr einen drum machen, zu viel zu schreiben, schließlich möchte ich weder jemanden vertreiben, noch wem etwas aufzwingen...
Eigentlich möchte ich nur meinen Standpunkt ausführlich darlegen und drifte gerne ab, so oder so ich versuche mal etwas drauf zu achten

Zitat:
dass ich diesen Teil nicht ganz kapiert hab:
...
bitte ein wenig entwirren
ich glaube mit wenigen Worten wird das schwer, obwohl erstmal die Frage um die Diversität der Gesellschaft vielleicht mehr durch die Gleichschaltung der Nationalsozialisten erklärbar ist, als durch den Krieg und seine Folgen.

(Hier stelle ich ein paar Fragen gegenüber, ich setze mal beim ersten Weltkrieg an:

Hat auch dieser zu einer vergleichbaren Zäsur geführt? Denn wenn ja hätte sie ihre Wirkung verloren innerhalb der Zeit zum zweiten Weltkrieg. Eine Zäsur durch den zweiten Weltkrieg hätte dann genauso lange an Wirkung verlieren können (aber nicht müssen)

Wenn der ausschlaggebende Faktor die massive Zerstörung wäre und erst durch sie im zweiten Weltkrieg, nicht jedoch im ersten, so eine Angleichung der Mentalitäten stattgefunden hätte, dann muss ich aber einwerfen, dass mein persönlicher Eindruck ist, dass sich die Entwicklung auch bei den Siegermächten zeigt, für die die Folgen des Krieges ein wenig mehr mit denen des ersten Weltkrieges zu vergleichen wären.

Wenn es aber so wäre, dass dieser Einschnitt auch auf die Siegermächte wirkt, dann hätte der erste Weltkrieg einen ähnlichen ausgelöst, was wiederum bedeutet hätte, dass sich bis zum zweiten (bzw. der Gleichschaltung) neue Extreme ausprägen konnten.)

Ich hoffe mal ich bin klar und kurz^^ aber ich hab das alles eh in Klammern gesetzt, weil man eher weiter ansetzen muss, glaube ich.
Da spielen so viele Faktoren rein:
Modernisierung und Fortschritt, Kalter Krieg, Kapitalismus,...
Später auch die Orientierung(ssuche) nach dem kalten Krieg, das Internet, Globalisierung,...
vielleicht müssen wir für die Frage den ganzen Wandel mit Hintergründen... in Betracht ziehen
Trotzdem finde ich die Frage echt spannend, ganz sicher kann man den zweiten Weltkrieg als großes Ereignis sehen, nach dem alles anders war und das Warum ist spannend

Lass dich von meinen langen Kommentaren nicht verunsichern, ich achte gerne etwas darauf, mich am Riemen zu reißen

Liebe Grüße und dir einen schönen Abend
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Alt 02.02.2022, 23:49   #22
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Hey, alles gut ^^
Also der erste Weltkrieg hat ja ganz bestimmt zu einer Zäsur geführt. Zumindest in Deutschland mit der Weimarer Republik, erstmals eine Demokratie mit allen politisch denkbaren Richtungen und vom Volk gewählten Parlament war ja ein absolutes Novum. Danach war nun mal nicht alles in Butter, da die Siegermächte Deutschland einen Vertrag aufgebrummt haben, der von der Bevölkerung als demütigend empfunden wurde. Zusammen mit der neu gewonnen Freiheit entstand daraus eine toxische, zuweilen nihilistische Stimmung, in der jegliches "bürgerliche Maß", wie es noch zu Kaiserzeiten üblich war, über den Haufen geworfen wurde. Daraus hat man nach dem 2. WW seitens der Siegermächte gelernt. Nicht zuletzt, weil dem Schaden nach dem 2. WW ja noch mal um ein vielfaches höher ausfiel als nach dem 1.

Zu den Siegermächten: ich denke, das ist eine Frage der Perspektive. Frankreich, Großbritannien, USA waren alle schon seit Jahrzehnten/Jahrhunderten (zu einem gewissen Mindestgrad) geeinte Nationen und hatte ihre Demokratien und ihren jeweiligen Status als Weltmacht schon lange etabliert. Dort herrschte nun mal zu einem gewissen Grad eine gewisse kulturelle und institutionelle Stabilität, nihilistische Exzesse waren dort allgemein kaum im selben Ausmaß angesagt wie in der Weimarer Republik. Auf Deutschland beruhte ausgesprochen lange der Komplex der fehlenden Nation "für die Deutschen", wodurch u.a. Identitätsprobleme entstanden, die man auch durch kulturelle "Vorherrschaft" und emphatische Träumereien über die mutmaßlich potenzielle Größe der eigenen Nation auszugleichen versuchte. Das Narrativ der Deutschen war ja in beiden, von Deutschland begonnenen Kriegen ein ziemlich ähnliches, ein beinahe überemphatisches "Ruhm und Ehre", wodurch man sich als Weltmacht etablieren wollte. Sowohl die Siegermächte mit ihren Sanktionen als auch Deutschland als Verlierer mit ihrer Reaktion waren sich ja sehr wohl bewusst, dass man im ersten Durchlauf ziemlich auf die Schnauze gefallen ist. Man musste einander entgegenkommen, um dem Teufelskreislauf zu entweichen. Das Bewusstsein wird sicherlich auch in der (deutschen) Gesellschaft gewirkt haben, nicht zuletzt wegen der Aufarbeitung des Traumas, wie es zu dem Ganzen kommen konnte. Man hat wohl erkannt, dass die früheren Exzesse in toto ungesund waren.

Jetzt auch mal viel geschrieben, schönen Abend dir, ich geh pennen ^^
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Alt 14.02.2022, 01:03   #23
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Standard Hey, entschuldige, dass ich mir so viel Zeit gelassen habe

Schwierig, also Veränderung hat haben beide Kriege glaub ich viele gebracht, gesellschaftlich kamen nach dem ersten Weltkrieg ja unter anderem die goldenen Jahre, ideologisch ist es ganz interessant, denn die Zeit steht natürlich im Schatten des Antisemitismus und der wurde sehr genährt von den "Protokollen", auf denen der Glaube an die jüdische Weltverschwörung aufbaut. Und die sind taktisch richtig klug veröffentlicht worden, in Russland Anfang der 1900er Jahre in Zeiten gesellschaftlicher Spannungen, um und bei oder kurz vor einem revolutionären Aufstand. Viele Juden sind geflohen oder vertrieben worden, hauptsächlich in die USA glaube ich, aber erstmal nach Westen. Im ersten Weltkrieg glaube ich nicht, dass sie weiter als Deutschland gekommen sind.
Und nach dem ersten Weltkrieg ist das Buch in Deutschland auf den Markt gebracht worden, nicht das erste mal aber diesmal in größerem Ausmaß. Ich glaube fast überall wo es groß rausgebracht wurde, ist es zu Zeiten von gesellschaftlicher Unruhe und Unsicherheit passiert, in Russland und Deutschland auf jeden Fall.

So, genug dazu aber, ich glaube nach Ende des ersten Weltkriegess sind die gesellschaftlichen Fronten mehr verhärtet, nach dem zweiten haben sie sich beruhigt und dazwischen haben die Nazis Deutschland gleichgeschaltet.
Vielleicht hat ein gewisses Maß an Chaos oder verschiedenen 'Richtungen' der Gesellschaft sogar einen positiven Einfluss, ich glaube vor dem zweiten Weltkrieg kamen entweder 25% aller Patentanträge oder Nobelpreisträger, ich glaub ersteres, aus Deutschland, danach kaum mehr welche, aber da kann es viele Gründe geben, künstlerisch, um doch mal wieder dahin zu gehen, hab ich aber schon den Eindruck, dass mit dem ersten Weltkrieg etwas anders geworden ist, mit dem zweiten noch mehr. Vielleicht ist die Eigendynamik der Gruppen verloren gegangen, vielleicht sind die guten gestorben oder gegangen, vielleicht ist die Welt eine andere, die dem Individuum alle Möglichkeit zur Entfaltung bietet, nur keinen Anreiz mehr, vielleicht verkläre ich aber auch einfach das ältere und erkenne das neue nicht.

Damit soll es erstmal gut sein, entschuldige, dass du so lange warten musstest. Und, dass ich das mit der Kürze vielleicht verfehlt habe.

Liebe Grüße und einen schönen Abend dir
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Alt 14.02.2022, 21:32   #24
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Du, lass dir alle Zeit der Welt, ich schreibe aufgrund eines gewissen Zeitdrucks grad jeden Tag 5 Stunden an Hausarbeiten, da brummt mir abends eh der Schädel. Ich muss auch sagen, mir sind aus deinem Post sowieso nicht alle Bezüge klar geworden, aber das liegt womöglich grad auch an mir ^^

Nur zu den Nobelpreisträgern: du darfst nicht vergessen, dass viele bedeutende KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen (ich hör schon den omnipräsenten Aufschrei ob der Binnen-Is) aus Deutschland geflohen sind. Manche sind dabei sogar gestorben, denke etwa an Walter Benjamin, der auf der Flucht vor den vorrückenden Nazis an der französisch-spanischen Grenze umkam. Die meisten berühmteren haben es zwar überlebt, sind aber in den USA geblieben oder haben dort einen großen Teil ihrer Schaffensperiode verbracht. Granden wie T. Mann, Adorno, Hindemith kamen zwar zurück - andere wie Einstein, Schönberg, Korngold, Kracauer, Zweig blieben im Ausland (bzw verstarben dort schon vor Kriegsende).

Liebe Grüße
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Alt 14.02.2022, 23:40   #25
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Guten Abend -

mein ältester Sohn studiert Germanistik und ich ersuchte ihn um die Beurteilungen dieser Lyrik. Er meinte es wäre ein Aneinanderreihung von Plattitüden. Erstaunlich ist es umso mehr, meinte er, dass hier soviele - und wie ich sehe - eher sinnlose Kommentare gepostet werden.

Grüße an Alle
Abra
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Alt 14.02.2022, 23:49   #26
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Abend Adra,

Die Beurteilungsmaßstäbe sind sicherlich verschieden. Mir etwa ging es hier um die Klangeffekte und nicht direkt um die Aussagen. Und wieso die Kommentare sinnlos sein sollen, erschließt sich mir nicht ganz. Sie haben eben eine gewisse Eigendynamik entwickelt, umreißen aber denke ich ein nicht belangloses Thema. Auch wenn man das in der Germanistik eher weniger behandelt

Liebe Grüße
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Alt 15.02.2022, 00:09   #27
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Lieber Tristan -

natürlich möchte ich das Thema nicht herabmindern. Allerdings sind die meisten Kommentare nach genauerem Lesen völlig überflüssig und haben in der Folge nichts mehr mit der Lyrik zu tun. Das scheint aber hier üblich zu sein. Wobei es mich erstaunt, dass die Forenleitung dagegen nichts unternimmt. Bedeutsame Texte wie von der Handvoll gebenedeiter Dichtern werden missachtet und dagegen belangloses Material unendlich vergewaltigt. Ich habe bei meinem Studium einiger Fäden festgestellt, dass die Kritiken ausserdem völlig erfolglos sind. Aber wie geschrieben, das ist meine Meinung. Gerade der sehr aktive Anaximanda schreibt extrem lange Texte, die etwa für mich unlesbar und unverständlich sind. Aber das ist eben die Natur eines Forums für Anfänger und Laien. Ich wage nicht mehr hier etwas in ein Gedicht zu fassen.

Herzliche Grüße
Adra
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Alt 15.02.2022, 01:57   #28
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Zitat:
Zitat von Abrakadaver Beitrag anzeigen
natürlich möchte ich das Thema nicht herabmindern. Allerdings sind die meisten Kommentare nach genauerem Lesen völlig überflüssig und haben in der Folge nichts mehr mit der Lyrik zu tun. Das scheint aber hier üblich zu sein. Wobei es mich erstaunt, dass die Forenleitung dagegen nichts unternimmt.
Kommentare sind Meinungen, keine wissenschaftlichen Abhandlungen oder Essays über eingegrenzte Themen. Wenn es dabei zu Abschweifungen kommt, ist es eben so, obwohl es wünschenswert wäre, so bald wie möglich zum Text zurückzufinden. In diesem Forum findet keine Zensur statt, sondern es herrscht Meinungsfreiheit, solange Kommentare nicht in Streit oder persönliche Beleidigungen abdriften, die Forenregeln in anderer Weise missachtet werden oder das Forum für die Verbreitung von Verschwörungstheorien missbraucht wird.

Zitat:
Ich habe bei meinem Studium einiger Fäden festgestellt, dass die Kritiken ausserdem völlig erfolglos sind
Was ein Autor mit den Kritiken zu seinem Gedicht anfangen möchte - oder auch nicht - liegt in seinem Ermessen. Er ist nicht gezwungen, Kritiken dazu aufzugreifen, ein besserer Schreiber zu werden und es seinen Lesern künftig recht zu machen.

Es gibt auch kein Gesetz in Poetry, den Usern vorzuschreiben, welche Texte sie für würdig befinden, kommentiert zu werden, und welche - mögen sie noch so brillant sein - ihrer Beachtung nicht wert sind. Das darf jeder Leser selbst entscheiden, und zwar ohne sich für seine - vielleicht - schlechte Auswahl rechtfertigen zu müssen.

In diesem Sinne wünsche ich eine gute Nacht.
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Alt 15.02.2022, 06:03   #29
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Nun da bleibt mir nur tiefe Demut lieber Abrakadaver, dabei ist doch dies Gedicht das, welches bei Facebook in einer Gruppe, der ich nur um es zu präsentieren beigetreten bin, förmlich durch die Decke gegangen ist, zumindest ist noch nie ein Text so lange beständig von Leuten gelesen und beurteilt worden. Mitlerweile kommt aber nur noch alle paar Tage ein Like, aber er wird noch geklickt.
Das liegt denke ich aber daran, dass Hessen schlicht ignorante Idioten sind.

Ein von mir sehr bewunderter Mann sagte er würde den Gedanken wohl kürzer, knapper, klarer, ausdrücken. Vermutlich in einem Satz ohne großschweifige Worte, er hätte von ihm sein können.
Aber Herman ist nur Murmelspieler, kein Germanistikstudent.

Ich glaube ich an deiner Stelle würde meine Texte auch nicht von diesem Forum beschmutzen lassen wollen, wo Menschen an freundschaftlichem Austausch und solch Schmarn interessiert sind. Grüß die Sterne wenn du an ihnen vorbeiziehst.

Übrigens eine kleine Anekdote, ich lese gerade ein spannendes Buch:
"Manch Ross ist ein Esel"
Der Inhalt lautet so ungefähr
"Wenn dir niemand das Wasser reichen kann, verdurstest du"

Demütige Grüße
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Alt 15.02.2022, 08:29   #30
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Zitat:
Zitat von Anaximandala Beitrag anzeigen
Das liegt denke ich aber daran, dass Hessen schlicht ignorante Idioten sind.
Büchner, Goethe, die Grimms, die Krimi-Autorin Nele Neuhaus, Schriftsteller Bodo Kirchhoff, Schopenhauer, Frank Schirrmacher und ganz nebenbei meine in Offenbach geborene Wenigkeit bedanken sich artig für dieses nette Kompliment.
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Alt 15.02.2022, 08:39   #31
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Guten Morgen,
Mist irgendwie hab ich da nicht weit genug gedacht, dass mir jetzt meine Kurzsichtigkeit mir um die Ohren fliegt. Bitte verzeih mir diese schändliche Aussage, ich meine natürlich in der Gruppe hat man denke ich vom Leben und seinen Stufen einfach kein klares Bild
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Alt 15.02.2022, 08:44   #32
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Zitat:
Zitat von Anaximandala Beitrag anzeigen
Guten Morgen,
Mist irgendwie hab ich da nicht weit genug gedacht, dass mir jetzt meine Kurzsichtigkeit mir um die Ohren fliegt.
Ich nenne es eher einen Schnellschuss aus der Hüfte. Mit Nachdenken will ich so etwas lieber nicht in Verbindung bringen, das wäre gar zu kühn . Tut aber andererseits gut, dass es nicht immer die bösen Amis oder Russen getroffen hat, sondern nur die Nachfahren der Chatten und Kelten. Die verkraften das.

Schönen Tag noch und weiter viel Spaß beim Dichten - und natürlich beim Kommentieren.
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Alt 15.02.2022, 09:01   #33
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Haha gut da sagst du wirklich wahre Worte

Dankesehr!
Das werde ich ganz sicher haben

Hab du auch einen schönen Tag.
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