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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt.

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Alt 26.06.2021, 15:50   #1
weiblich Ilka-Maria
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Standard Himmel, deine Sterne ...

Klebt ihm ein Zeichen an die Brust,
dem Übel der modernen Zeit,
gebt ihm die Schuld an eurem Frust
und kämpft für die Gerechtigkeit!

Ritzt ihm ein Zeichen auf die Stirn,
an dem man ihn erkennen kann,
den Kerl mit dem Faschistenhirn,
den alten blütenweißen Mann.

25.06.2021
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Alt 27.06.2021, 15:45   #2
männlich Ex-Ralfchen
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Extrem präzise und cool wie immer. Ich liebe diesen Text
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Alt 01.07.2021, 15:02   #3
männlich Hans Plonka
 
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Lb. Ilka-Maria,

es sind deutliche und auf treffende Worte. Oft sind es die edlen Ehrenmänner die ihr übles Tun mit Wohltätigkeit vertuschen und sich damit die blütenweiße Weste erkaufen. Eine sehr gut gelungene Aussage.

LG Hans
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Alt 01.07.2021, 15:23   #4
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Hans Plonka Beitrag anzeigen
Oft sind es die edlen Ehrenmänner die ihr übles Tun mit Wohltätigkeit vertuschen und sich damit die blütenweiße Weste erkaufen. Eine sehr gut gelungene Aussage.
Du hast das Gedicht völlig falsch verstanden. Es ist satirisch gemeint.

Es sind gerade diejenigen Zeitgenossen, die "alte weiße Männer" beschimpfen und sich damit selber als radikal und diskriminierend präsentieren. Die Farbe der Kleidung hat ohnehin nichts damit zu tun, denn diese faschistoiden Hirne meinen die Haut und die Haare, also den alten, konservativen WASP. Im Grunde ist diese Beschimpfung nichts anderes als das nationalsozialistische Gegenstück zum "Herrenmenschen". Mir schwillt der Kamm, wenn mir jemand mit der Verunglimpfung des "alten weißen Mannes" kommt. Als er jung war, war er gut genug, Deutschland aufzubauen und für Wohlstand zu sorgen. Jetzt wird er von den übersatten Nachkommen dafür bespuckt.
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Alt 01.07.2021, 17:20   #5
männlich Hans Plonka
 
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Lb. Ilka-Maria,

was ich deutlich verstehe, muss für andere nicht genauso sein. Ein typisches Beispiel dafür wie Gedanken durch Erfahrung und Vorwissen beeinflusst werden.

LG Hans
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Alt 01.07.2021, 17:28   #6
männlich Ex-Ralfchen
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Ich finde es sehr witzig und originell, lieber Hans wie du dich aus deinen eigenen Schwächen empor windest. Du hast nämlich nicht den Vorteil der Souveränität wenn du einen Text mit deinen Interpretationen falsch verstehst. Dieser Text ist ziemlich klar und sehr leicht verständlich
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Alt 01.07.2021, 17:31   #7
weiblich Ilka-Maria
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Es geht nicht darum, was andere verstehen, sondern was ich als Autorin ausdrücken will. Wer den Text falsch versteht, hat eben kein Gefühl für die Ironie, die darin steckt. Dabei sollte schon das Symbol des anzuheftenden Sterns klar darauf verweisen und die Alarmglocken schrillen lassen. Wer den Text stattdessen wörtlich nimmt und glaubt, er richte sich gegen konservative alte Menschen, ist schlicht und einfach auf dem falschen Dampfer. Für mich ist derjenige, der den abwertenden Begriff des "alten weißen Mannes" geprägt hat, ein dämlicher Vollpfosten.
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Alt 01.07.2021, 20:39   #8
männlich Hans Plonka
 
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Beiträge: 853

Lb. Ilka-Maria,

eine Aussage verstehe ich immer auf meine Weise und die ist subjektiv für mich immer die richtige. Du kannst Deine Auffassung gerne behalten. Ich möchte nicht Dich verstehen, sondern das, was ich lese.

LG Hans
.
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Alt 01.07.2021, 20:40   #9
Ex-Pennywise
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Beiträge: 599

Sind das nicht all jene Erfinder irgendwelcher verunglimpfenden Verallgemeinerung? Also Vollpfosten? Seien es die alten weißen Männer, die linksgrünversifften, die Gutmenschen usw. Alles Begriffe, die alle in einen Sack stecken, auf den man dann drauf prügeln kann. Mir hat der Text gefallen. Besonders der Stern, als Zeichen einer zu verachtenden Gruppe. Das hatten wir leider alles schon und ist hier ein kleiner und deutlicher Kinnhaken. Gesellschaftskritik die gar nicht so sehr zwischen den Zeilen steht, wie ich meine.
Gruß

Pennywise
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Alt 02.07.2021, 18:25   #10
männlich Lycien Ricks
 
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Ich empfinde es auf eine vergnügliche Art und Weise erheiternd, wie hier mit Grenzüberschreitungen kokettiert und so eine überspitze, bissige Kritik in schöner lyrischer Form formuliert wird.

Einzig über das "Faschistenhirn" bin ich kurz gestolpert, da ich diesen Vorwurf an "alte, weiße Männer" in der aktuellen Debatte so nicht wahrgenommen habe. Die Absurdität der Diskussion liegt für mich gerade in der Tatsache, dass "alt" und "weiß" offenbar als Attribute zur Diskreditierung ausreichen - unabhängig von der politischen Einstellung.

Wie dem auch sei - hier können wir alle noch viel lernen. Danke für dieses wahrlich gelungene Gedicht.
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Alt 02.07.2021, 19:17   #11
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Lycien Ricks Beitrag anzeigen
Einzig über das "Faschistenhirn" bin ich kurz gestolpert, da ich diesen Vorwurf an "alte, weiße Männer" in der aktuellen Debatte so nicht wahrgenommen habe.
Das ist immanent und nicht neu. Ich habe schon Anfang der 80er Jahre erlebt, dass linksorientierte Studenten und Leute, die sich zur Subkultur zählten, Männer wie z.B. Hausmeister, die auf Einhaltung der allgemein gültigen Regeln bestanden, dafür als "Faschistenschweine" betitelten. In einem Fall wurde mir von einer Schülerin berichtet, dass der Rektor ihrer Schule bei einem Schulfest mit Eiern beworfen wurde, als bekannt wurde, dass er CDU-Wähler war. Bezeichnenderweise fand es die Jugend chic, mit Palästinenser-Tüchern herumzulaufen.

Wer nicht links war und verzottelt und möglichst mit Rauschebart und nachlässig gekleidet herumlief, gehörte für diese jungen Leute automatisch zum rechtsextremen Lager, das sich aus den Übriggebliebenen der Nazizeit zusammensetzte. Die heutigen Beschimpfungen sind nur die abgewandelte Fortsetzung davon, weil die Alten aus jener Zeit weitgehend weggestorben sind und deshalb die Altnazi-Beschimpfungen nicht mehr ziehen.

Anyway - danke fürs Lesen und Kommentieren. Mir war es ein Bedürfnis, mir auf diese Art Luft zu machen, deshalb freut es mich, dass der Text Vergnügen bereitet hat.
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Alt 02.07.2021, 20:32   #12
männlich Lycien Ricks
 
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Ich habe schon Anfang der 80er Jahre erlebt, dass linksorientierte Studenten und Leute, die sich zur Subkultur zählten, Männer wie z.B. Hausmeister, die auf Einhaltung der allgemein gültigen Regeln bestanden, dafür als "Faschistenschweine" betitelten.
Vielen Dank für die Erläuterung - das Thema beschäftigt mich auch immer wieder. Die Keulen, ganz gleich aus welcher Richtung und in welchem Umfeld sie geschwungen werden, sind immer wieder symptomatisch für das arrogante und ausgrenzende Überlegenheitsgefühl, die damit einhergehende Intoleranz und die argumentative Unfähigkeit in verschiedenen politischen Lagern und Gesellschaftsschichten.
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Alt 02.07.2021, 21:01   #13
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Zitat:
Zitat von Lycien Ricks Beitrag anzeigen
Die Keulen, ganz gleich aus welcher Richtung und in welchem Umfeld sie geschwungen werden, sind immer wieder symptomatisch für das arrogante und ausgrenzende Überlegenheitsgefühl, die damit einhergehende Intoleranz und die argumentative Unfähigkeit ...
So einfach war es damals nicht. Das alles begann ja mit der Studentenrevolte von 1968/1969, der Kritik an der Verknöcherung der Universitätsbetriebe, dem Protest gegen Kriege, vor allem in Vietnam, der Kritik an den westlichen Demokratien und Finanzsystemen, dem Protest gegen die Hofierung des Schahs von Persien, der Idealisierung revolutionärer Kräfte in anderen Teilen der Welt, der Verklärung der DDR mit ihrem vermeintlich humaneren Menschenbild (obwohl an der Grenze und an der Mauer Menschen erschossen wurden) und dem Vorwurf an die älteren Generationen, ihre Verantwortung für den 2. WK und die Massentötung der Juden unter den Teppich gekehrt zu haben. Der Aufruhr war nicht typisch für Deutschland, sondern fand auch in anderen Ländern statt, nur entwickelte er sich bei uns schließlich in den Terror der RAF und ihrer Nachfolgeorganisation. Nur von Arroganz und Intoleranz auszugehen, um dieses Phänomen zu erklären, das bis heute nachwirkt, greift zu kurz.

Ich will hier aber nicht weiter darauf eingehen, das würde den Rahmen des Fadens sprengen. Es gibt darüber genügend Literatur. Das wohl bekannteste Buch darüber stammt von dem Publizisten Stefan Aust.
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Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.07.2021, 23:05   #14
männlich Lycien Ricks
 
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
So einfach war es damals nicht. Das alles begann ja mit der Studentenrevolte von 1968/1969 ...
Das ist natürlich richtig und ich hätte mich präziser ausdrücken sollen. Ich wollte eigentlich versuchen, der rhetorischen Figur auf den Grund zu gehen, die Pennywise hier in seinem Post weiter oben als "verunglimpfende Verallgemeinerungen" bezeichnet und treffend umschrieben hat.

Übrigens musste ich auch bei dem Gedanken schmunzeln, wie einige das Gedicht in einem anderen zeitlichen Kontext wie der 68er-Bewegung wohl verstanden hätten.
Lycien Ricks ist offline   Mit Zitat antworten
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