Die Gleichheit heißt divers

[Ilka-Maria]

Das Gendersternchen kann mir fett
die Spalte meiner Backen lecken.
Ich lass ihm gern das dicke Brett,
um freies Denken abzudecken.
Ich bin nicht Frau durch "in" und "innen",
ich bin's durch's Wachsen in mir drinnen,
denn nur ich Eva hab die Kraft,
die ständig neue Menschen schafft
und sie auch satt und heil erhält
in dieser feindlich harschen Welt.

Bleibt von mir Frau nur Glotisschlag?
Ein Misston, wie ihn keiner mag?
Lass ihn zu Harmonien biegen,
indem die Männer Kinder kriegen
und überdenken "in" und "innen".
Ach ja, die Weiber sind von Sinnen!
Bis an den Hals voll Hetzerei!
Der Kampfruf nur ein Hexenschrei.

Das Weib, der Mann - so stark entzweit
wie nie zuvor in ihrer Zeit.
Noch schlimmer: Sie sind ausgestorben
als für den Zeitgeist längst verdorben.
Geschlechter soll es nicht mehr geben,
der Mensch hat sich jetzt selbst zu weben
nach Laune, Wunsch und Ich-Gefühl
und darf auch wechseln nach Kalkül.

Die Welt steht kopf und ist pervers,
denn Gleichheit nennt sich jetzt divers.

26.03.2024

P.S.:
Auf Anregung von Lee Berta den einstigen Kommentar jetzt als eigenständiges Gedicht eingestellt und, damit es nicht nur als Wiederholung gilt, um eine Strophe ergänzt.

[curd belesos]

Ich bin entzückt und wahrhaft begeistert von diesem spontanen Werk.

Aus der Niederung der Trave.
Grüße.
Curd
(ich liebe diese)

[Lee Berta]

Ich will jetzt keinen ganzen Roman schreiben mit pros und cons zu jeder Zeile, weil ich finde, dass man die Meinung einer Betroffenen auch einfach mal so stehen lassen kann.
Insgesamt gefällt es mir. Nimmt keinen Stern vor den Mund. Problematisch ist vielleicht, dass trans und pervers in einem Zusammenhang erscheinen.
Gleichheit und Gleichberechtigung sind zwei sehr verschiedene Sachen, aber vermutlich ist das wegen Metrum oder meint Gleichheit vor dem Gesetz.

Liebe Grüße,
Lee