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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 08.02.2024, 14:00   #1
männlich Eisenvorhang
 
Benutzerbild von Eisenvorhang
 
Dabei seit: 04/2017
Ort: Erzgebirge
Alter: 38
Beiträge: 2.689

Standard es war einmal

1

es war einmal sagt man einer geschichte nach
das wiederholte öffnen und schließen eines tags
und der weg zu einer weiteren tür durch den
notausgang der nacht seife ich mich in das

gebet des wasserhahns schreibe ich mich während
einer zigarette durch mein haus und um mein leben
und am eingang draußen zerfließt eine schneeflocke
auf meiner nase und die tränen des himmels sind

wandelbar du bist aber zart und freundlich piept
ein spatz zerschneidet er die melodie der airline
schwarzstorch der bach ist ein krisengebiet der

ruhe und alle enten gründeln im spalier sind poren
des hungers nach tiefe sich erschöpfend nach schlamm
und licht und laich im schlaf des flutenden hahnenfußes

2

was hier beginnt und mündet ist die sonne einer
kresse es war einmal sagt man einer geschichte nach
die rose vor einer garage bricht die sterne auf
wie ein messer die auster zum selbstverzehr einer

perle für das geschäft der geburt von brennnesseln
nah am naturstein in rissen gelegen bekämpfe ich
umsonst die ameisen in meinem arm heute scheint
die sonne in einem rollstuhl und umrundet das dach

des hauses wie ein eigelb und mittags brate ich sie
im regenwurm liegt der mindestlohn und der stich
einer gartenschaufel zerteilt die lungen der wurzeln

der tiefe ausgetrocknet liegt der löwenzahn mit
seiner milch in einem abschiedsbrief weisheit
heißt es läge im pigmentverlust der pusteblume

3

wenn ich mal nicht mehr bin das sagte meine mutter
dann ist das etwas anderes als wenn ein fremder geht
es war einmal sagt man einer geschichte nach
der blick einer sterbenden mutter ist der sprung

in einem diamanten mit hochdruck eifere ich rückwärts
in die zukunft die zeiger der uhr an der wand
attestiere ich tag für tag ein neues bußgeld
doch ignoriert man mich als wäre ich ein regenkind

in einzelhaft und öffnete ich die tür ins draußen
und sähe all die mütterlichkeit die eine blume trüge
die eine wiese hätte wie ein fisch sie in scherben

einer erinnerung zu wasser lüde was wäre ich dann
im grab meiner mutter ein seilzug der knochen
alter tage abgesplitterter granit des grabsteins
Eisenvorhang ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.02.2024, 17:10   #2
männlich Nöck
 
Benutzerbild von Nöck
 
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662

Hallo eV,

es war einmal ein geneigter Leser, der sich große Mühe gab, deinen verschlungenen Wortpfaden zu folgen. Mauserst du dich etwa zum Dali der Dichter oder probierst du nur Neues aus?

Und wenn ich nicht eingenickt bin, dann grüble ich noch immer.

LG Nöck
Nöck ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.02.2024, 18:27   #3
männlich Eisenvorhang
 
Benutzerbild von Eisenvorhang
 
Dabei seit: 04/2017
Ort: Erzgebirge
Alter: 38
Beiträge: 2.689

Hey Nöck,

ich glaube, das Genick der zeitgenössischen Lyrik ist sehr beweglich, und in der Tat glaube ich, dass ich mich von fest definierten Ansätzen literarischen Schreibens etwas entferne. Weg von klar verständlichen Gedichten, hin zu eher verwischten Figuren, die wie ein Steinbrocken entmeiselt werden wollen. Hier könnte ich Yevgeniy Bryger, Ulf Stolterfoht, Armin Steigenberger, Anne Dorn, Ronya Othmann oder David Krause nennen, aber auch Ulrike Draesner, und mir gefällt das abgelöste und sich dahinexistierende Bild einer Sprache, die sich wie ein schüchterner Hund das erste Mal zum Futternapf bewegt.
Irgendwie finde ich darin sehr viel Erfüllung.

Das ich mich an der Form eines französischen Sonetts vergreife ist vielleicht etwas übergriffig. Aber ich dachte mir: why not?

Danke für Deinen Besuch und Kommentar, Nöck!

Liebe Grüße in den Norden!

EV
Eisenvorhang ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.02.2024, 08:36   #4
kofski
abgemeldet
 
Dabei seit: 01/2024
Beiträge: 378

Hm. Hm, hm, hm. Es ist mir zu rätselhaft. Wenn ich es wie Nöck halte und Dadaismus unterstelle, habe ich großen Spaß damit.
LG
kofski ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.02.2024, 17:03   #5
männlich Eisenvorhang
 
Benutzerbild von Eisenvorhang
 
Dabei seit: 04/2017
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Alter: 38
Beiträge: 2.689

Zitat:
Zitat von kofski Beitrag anzeigen
Hm. Hm, hm, hm. Es ist mir zu rätselhaft. Wenn ich es wie Nöck halte und Dadaismus unterstelle, habe ich großen Spaß damit.
LG
Hey kofski,

was ich versuchen könnte, wäre das Gedicht narrativer und bildlich stärker zu gestalten. Und ich glaube, das wäre ein guter Ansatzpunkt, eine Brücke zu schlagen für jene, die sich stärker leiten lassen wollen. Was ich damit meine ist Lyrik wie diese: https://www.lyrikline.org/de/gedicht...nstoecke-15217

Er verbindet seine Bildstrecke immer mit einem klaren Wort hin zum Titel und wird dann abstrakt. Ich mache das ähnlich durch "es war einmal eine geschichte sagte man", andererseits bin ich introspektiver und weniger narrativ.

Allerdings muss ich aufpassen, dass ich dann meine Persönlichkeit (Duktus) nicht verliere. Für mich als Autor ist es nicht so rätselhaft, allerdings ist meine Sicht getrübt, da ich schriftlich in anderen weniger klaren Gewässern schwimme. Das Feedback ist aufjedenfall lehrreich und ich werde mal guggen, was noch so geht.
Vielleicht schaffe ich es, Brücken zu bauen.

Danke für deinen Besuch!

lg EV
Eisenvorhang ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.02.2024, 20:20   #6
männlich aufgeklappt
 
Dabei seit: 09/2022
Ort: hier
Beiträge: 163

hey Eisenvorhang,

ein Lebensfaden der durchstößt...

beste Grüße
aufgeklappt ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.02.2024, 22:57   #7
männlich Eisenvorhang
 
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Beiträge: 2.689

Zitat:
Zitat von aufgeklappt Beitrag anzeigen
hey Eisenvorhang,

ein Lebensfaden der durchstößt...

beste Grüße
Hey aufgeklappt,

das kommt der Enträtselung schon gefährlich nahe! Danke Dir dafür.

Lg EV
Eisenvorhang ist offline   Mit Zitat antworten
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