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Alt 13.10.2023, 01:15   #1
weiblich Matrix24
 
Dabei seit: 10/2023
Ort: München
Beiträge: 24


Standard Adagio Sostenuto

Der alte schmerz fing an zum pochen und die erinnerung liess alte wunden bluten. Entäuschung hatte die seele ermattet und ich wollte vergessen suchen, in den ewigkeitsworten des faust. Aber als gretchen die augen aufschlug und so rätselvoll den ruhelosen ansah, in der gartenszene, war ich enttäuscht. Denn das trügerische ist leben, das unwahre spiel.
In mein düsteres denken fiel eine männer stimme. Ich schaute auf und blickte in 2 stahlblaue augen. Mein herz stand still: Diese augen...
In meiner jugend hatte
ich am sommerabend oft auf dem balkon gesessen und in den dämmernden wald geblickt. Wenn das rauschen der bäume zu mir sprach, setzte ich mich an den lampenschein und las über die leiden des jungen werthers. Sehnsucht und Schmerz...
Dann kam es oft, dass ich das buch wegwarf und aufsprang, meine augen in einen fernen traum abschweiften.
Aus dämmerschleiern, sehnsucht und traum, erhob sich dann ein bild. Es war der halbgött meiner seele.
Wunder an herzensgüte, mit betörend schönen augen, Herr der wonnen, des leides. Herr über licht und dunkelheit, beherrscher der seele...
Die tollheit der walpurgnisnacht brodelte violett und silberfarben auf der bühne. 2 Hexen tanzten im vordergrund und ein paar reihen vor mir schimmerte ein profil mit einer reichen, goldenen haarlast. Ein silberner punkt spiegelte sich im auge und nun wandte sich das profil mir zu.
Und ich erkannte sie: Die Augen, den traum.
Versunken sah ich hin, bis sich das haupt wieder wegwandte.
Die kerkerszene war vorübergerauscht und der theatersaal leerte sich.
Ich stand am ausgang und wartete. Ich wollte noch einmal in diese augen sehen.
Plötzlich stand die erwartung vor mir und wieder erfasste mich diese seltsame macht.
Er sah mich an, ich stockte....
Dann sagte er mit wundervoller stimme: "Komm mit"
Ich schritt neben ihm, ohne zu wissen, dass ich ging und seine worte erschauerten in meinem ohr wie eine tiefe bestimmung: "Komm mit"
Man muss erst in feindschaft mit seinem ich geraten sein, um zu ermessen, wie einem heimatlosen und einsamen zumute ist, wenn 2 schöne stahlblaue augen ihn ansehen und eine schöne stimme sagt: "komm mit" und darin der traum leuchtet.
Leise drückte ich den arm, der in meinem lag, fast ungläubig, dass es so etwas geben mag.
Da gab meine Seele jedes Misstrauen auf und ihre tore öffneten sich wie fenster. Licht strahlte hinein.
Die stahlblauen augen leuchteten tief in meine und fast so als prüften sie mich.
Da nahm er meine hand und presste sie an seine augen.
Als er sie entzog spürte ich nacht und tod.
Qual und sehnsucht zogen vorüber und sturm und schatten verschwanden durch die rettung dieser augen.
Wir taumelten über eine schwelle und ich fand mich in einem musikzimmer wieder, allein.
Kerzen brannten und durch die grossen fenster silberte der sternenglanz.
Eine magische gewalt zog mich an und ich setzte mich an das Piano
Die elfenbeinernen züge beethovens schimmerten am mahagonideckel.
Zögernd schlug ich einen ton an, das cis verhallte.
Ich schlug ich das cis wieder an, liess es nach unten in oktaven abschatten.
Das cis moll, die mondscheinsonate, webte unter meinen händen aus mondschein, traum und dämmer, das adagio sostenuto.
Wieder kam es herbe und leise in emoll, wie der ruf ziehender wildgänse über einen herbstlichen fluss, schrillte der vorhalt hc über emollbässe und löste sich nach h dur und klang doch wieder und wieder.
schwarze sehnsucht ohne ende dämmerte über die silbernen gewässer, bis die dunklen basse das motiv übernahmen und es wie gedämpftes läuten aus den tiefen erscholl.
Sanft umspielt von figurierten akkorden.
Das leid: Nur noch mechanisch spielte ich und mit umdüsterter stirn sah ich auf:
Einsam und verlassen: Wie schwer ist das menschsein und wie alldunkel der ewige traum.
Jener Halbgott trat ein. Weltmacht und erlösung durch seine stahlblauen augen.
Selbstvergessend und ihn vergötternd sank ich auf die knie.
2 Himmelblaue augen sahen mich verstehend und voller gnade an.
Der schönste mund küsste mein leidendes gesicht. Ich sah und hörte nichts mehr: Panzer in meiner brust splitterten und bitterkeit zerbrach.
Nach jahren der zweifel siegten glaube, allmacht und ergebenheit.
Nach weltvergessenem schweigen stand ich auf und kniete mich wieder hin.
Ehrfürchtig lag mein antlitz im staub vergraben.
Noch ewig so verharren können, in dem gefühl von stille und geborgenheit.
Seine hand glitt durch mein haar und eine wohlklingende stimme sprach zu mir:
"Suchende, jetzt bist du angekommen. Nun lass uns in wogen brausen und durch stürme fliegen. Hoch in der festung steht unser haus."
Ich trank die worte wie ein verwelkender baum und senkte mein haupt noch tiefer.
Dann ergriff er ein nachtschwarzes band und wand es um seine und meine brust zum zeichen der ewigkeit.
Ich ruhte an seiner Brust, da hörte ich seine leise und mächtige stimme:
"Ewigkeit ist die vermessenheit des menschen glück für immer festhalten zu wollen."
Erschrocken fuhr ich hoch und wollte es nicht hören.
Da klang er wieder mahnend: "Glück zu besitzen, heisst es aufzugeben.
Denn ewig ist nicht glück, sondern leiden, qual, begehren und sehnsucht."
Vergessen wollend, riss ich die vergötterte Seele an mich, dachte nicht mehr an die ewigkeit.
Dann erhob ich mich leise und liess ihn allein.
Als ich wieder eintrat, trug ich ein langes schwarzes kleid. Er stand am fenster und blickte in die dunkle nacht.
Seine stimme sprach: "so wie wir jetzt begehren, werden wir später nichts mehr wollen.
Weil wir jetzt von uns scheiden, sind wir die ewig geliebten, die seelen der tiefsten sehnsucht."
"Nein, versuchte ich zu widersprechen:" ewig geliebt ist die seele die, die kein traum ist."
Ich schritt majestätisch auf ihn zu und wollte ihm sagen, dass es die ewige Einheit geben würde.
Sein tiefer, samtener blick verdunkelte sich und er sah mich überlegen an. Er sagte: "Nur der Augenblick allein kann das höchste Begehren und die Perfektion erfüllen. Die Ewigkeit würde alles zerstören. Vollkommenheit und Einheit sind ein kurzer Augenblick im Angesicht einer unrrreichbaren Ewigkeit"
Da fragte ich erschrocken: "willst du schon gehen? Der morgen ist noch nicht gekommen. Du kommst nicht wieder?"
"Nein, sagte er, ich möchte dein traum bleiben und ich möchte dass du meiner bleibst bis in alle ewigkeit"
"Es ist gut", sagte ich dann leise.
Ich bat um seinen segen und kniete mich hin.
Er sprach: "immer, wenn schmerz, verlangen,einsamkeit, sehnsucht, in dir brennen, dann denk an diese nacht."
Er nahm seine halskette ab, darin sich ein medaillon mit seinem bild befand.
Er reichte es mir:
"Nimm dies und verewige in meinem antlitz deine stummen träume.
Ich werde wiederkommen zu unbestimmter zeit. Du wirst auf mich warten und ich werde dein schicksal sein.
Und neue sehnsucht wird die alte abgestandene überdecken, denn so sind wir. Ein tiefer brunnen ohne grund, endend in der ewigkeit"
Ein letztesmal blickte ich in die stahlblauen Augen. Dann drehte ich mich um und ging. Er sah mir nach bis mein schwarzes Kleid in der Dunkelheit verschwunden war.

An dieser stelle liegt die last der fessel, die als einziges höchste freiheit verspricht. Träume sind grabeslichter, die hoch in den himmel ragen, bis sie die Auflösung der fessel erfüllt. Die fessel ist der aufstieg und
die verkörperte macht des schicksals: Sehnsucht, einsamkeit, leiden, glück, erlösung, verbannung, errettung. Der ewige kreislauf des seins, der das los bestimmt. Die götter erretten in den himmel oder verbannen in die dunkelheit. Wir allle warten darauf gerichtet zu werden.
Jede allmacht zieht willentlich die fäden.
Matrix24 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.02.2024, 11:59   #2
kofski
abgemeldet
 
Dabei seit: 01/2024
Beiträge: 378


Hallo.
Eine Geschichte wie ein Traum. Realität und Erinnerungen fließen nahtlos ineinander, Musik, Bücher, tanzende Hexen auf einer Bühne ... ein mysteriöser Fremder.
Zeit und Raum sind unscharf und unklar, bis wir das Musikzimmer betreten, aber wo sich dieses genau befindet, wird auch nicht erklärt. Das ist unüblich bei Kurzgeschichten, verstärkt aber hier die Traumhaftigkeit und die Desorientiertheit des Lesers, also war das eine gute Entscheidung.
radikale kleinschreibung würde ich entweder durchziehen oder sein lassen, denn die Großbuchstaben am Satzanfang und bei einigen Worten wie "Herr" stören.
Ein bisschen zu ausschweifend ist es mir, es wird zu viel geredet, zu unklar und auch zu altmodisch, und die Liebesnacht fehlt - aber das sind alles Geschmacksfragen.
Identifizieren konnte ich mich nicht wirklich, weil ich so einem Zauberbann noch nie unterlegen war und mir die Vorerfahrung fehlt, das tat dem Lesevergnügen sonst aber keinen Abbruch.
Wegen Rechtschreibung und Grammatik würde ich noch mal drüber schauen, "Der alte schmerz fing an zum pochen" - "zu pochen".
LG
kofski ist offline   Mit Zitat antworten
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