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Fantasy, Magie und Religion Gedichte über Religion, Mythologie, Magie, Zauber und Fantasy.

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Alt 29.03.2012, 14:39   #1
männlich Desperado
 
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Standard Der fünfte Reiter

Aus den glühenden Wolken des aufkommenden Sturms schälen sich gewaltige Reiter, ihre furchterregenden Gestalten scharfumrissen im Gegenkontrast dunkler Himmel, die eine lodernde Sonne verschlingen.

Weiß wie frischer Schnee auf den Gipfeln der Berge leuchtet ein Schimmel allen voran, seine üppige Mähne weht im brausenden Wind, weit holen die wuchtigen Hufe aus und zerpflügen die Erde, nichts hemmt seinen jagenden Lauf, fiebrig glühen die Augen des stolzen Reiters, Grausamkeit stählt seine Wangen, Wahn verzerrt seinen Mund. Lorbeerbekränzt und siegesgewiss, trunken vom Rausch der Eroberung, nennt ihn wie ihr wollt, denn er hat viele Namen, und die Tinte des einen ist nicht trocken bevor der nächste geschrieben steht auf zerfressenem Pergament der Ruhmsucht und Vermessenheit.

Die Brust dekoriert mit Orden erhebt ein Führer mit lautem Gebrüll sein blutbesudeltes Schwert, auf feurigem Ross prescht er daher, rotleuchtend die schweißdurchtränkten Flanken, dampfend die geblähten Nüstern, die Augen geweitet von Angst und Raserei, Schaum fetzt von seinen geschürzten Lippen, die Hufe in Blut getränkt. Krieg ist sein Name und Krieg wird für immer sein Name bleiben, gebrannt mit kochendem Blut in die gemarterten Leiber der Völker. Unheilbar sind die Wunden die er reißt und nie versiegt der Strom der Tränen den er speist.

Ein Rappe schwärzer als die Mitte der Nacht, sein schauriges Wiehern lässt alles Blut in den Adern gefrieren, karg und verwüstet die Erde, die sein Huf zerfurcht, flackernd die irren Augen, die Zunge lechzend vor Durst, die gelben Zähne gebleckt, eingefallen der ausgemergelte Bauch, von hagerem Rittmeister erbarmungslos vorangetrieben, in mageren Händen die rostige Waage, die Wangen tief eingesunken, die Augen in schwarzen Höhlen, ein immer klagender Schrei auf zerrissenen Lippen. Hunger so ruft er sich, mit verschlingender Gier geißelt er die Völker der Erde.

Eine Schindmähre so fahl wie kalte Asche, die spröde Haut gespannt über knöchernes Gerippe, hohl klappern die Hufe auf vergessenen Gräbern, einem Schatten gleich huscht sein Schemen vorüber, ein eisiger Hauch folgt schepperndem Klang, scharf schneidet die Sense durch modrige Luft, die Klinge surrt schwirrend durch goldene Lebensfäden. Kein Antlitz verbirgt die zerfetzte Kapuze, kein Leib, den der löchrige Mantel umhüllt, doch alles nimmt er mit Macht und nichts kann vor ihm bestehen. Tod raunen erstarrt die einen, Tod verfluchend die andern, singt mir die Lieder der Freude, ich mach sie zu Trauergesängen, reicht mir die Blumen des Glücks, sie werden an Grabkränzen welken.

So jagen sie über den brennenden Himmel.

Ein weiterer Reiter quert die Wüste, fleckig der Lederwams, faltig das Hemd, den labbrigen Hut geschmückt mit zerfledderter Adlerfeder, ein schillerndes Amulett um den verkrusteten Hals, die staubigen Stiefel locker an den wohlgenährten Wanst seines honigfarbenen Pferdes geschmiegt, das behäbig in ruhigem Trott von Grasbüschel zu Wasserloch schlendert, mit losen Zügeln und struppiger Mähne. Seine Hand kratzt das stopplige Kinn, als er mit schläfrigen Augen gen Himmel blickt, den peitschenden Ritt der Giganten zu verfolgen.

„Eyey sieh an“ murmelt er träge, „sind doch die Kerle tatsächlich schon wieder unterwegs. Naja eigentlich noch immer ach was andauernd. Mensch Jungs habt ihr denn sonst nichts zu tun?“

Und reitet dösend weiter der Sonne entgegen.
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