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Alt 17.04.2021, 05:22   #1
männlich Vers-Auen
 
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Standard Das Sternenkind

Vor vielen Monden lebte in einem Indianerdorf ein kleines Mädchen, welches gar lieb und niedlich war.
Das Glück ihrer Eltern stand unter keinem guten Stern. Die Mutter verstarb bei ihrer Geburt
und ihr Vater ging nach einem Jagdunfall, nur 13 Monde später, in die ewigen Jagdgründe ein.
Umso mehr stand das Kleinkind unter einem guten Stern. Alle in der Stammgemeinschaft liebten
und herzten das kleine Mädchen, von den jungen Müttern, verweigerte ihr niemand ihr die Brust.

Schon seit das Mädchen krabbeln konnte, kroch es aus dem Zelt und beobachte den Sternenhimmel.
Man wollte ihr den Namen „Mondkind“ geben, doch als sie bemerkten, dass das Kind mit den Sternen
um die Wette strahlte, gab man ihr den Namen „Lächelnder Stern.“ Einige Monde später als das Kind
laufen konnte und mit ihrem Bruder am Lagerfeuer teilnehmen durfte, ereignete sich etwas Seltsames.
All abendlich, kurz vor dem Schlafengehen, verweilte ein Stern hoch über den Lagerfeuern.

Die Stammesgemeinschaft fürchtete sich, weil in der Vergangenheit vorbeiziehende und verweilende
Sterne oft Unglück und Missernten zur Folge hatten. Alle Kinder huschten schnell in ihre Zelte,
nur das kleine Mädchen beobachtete furchtlos und sehnsüchtig den hell leuchtenden Stern.
Die Ältesten hielten Rat und sie vermuteten einen Zusammenhang mit dem Mädchen,
denn immer, wenn das Mädchen einschlief, erlosch auch die Leuchtkraft des Sterns.

Als nun auch Tagsüber der Stern dem Mädchen auf Schritt und Tritt folgte, versuchten die
anderen Kinder mit Geschrei den Stern zu vertreiben. Weil die Kinder zu abgelenkt waren,
teilten sich die Frauen zum Beeren suchen in zwei Gruppen auf. Es gingen mit Lächelnden
-Stern, einige tapfere Burschen, ihr Bruder und noch einige kundige Frauen, getrennt auf
Beerensuche. Obwohl diese Gruppe kleiner war, sammelten sie mehr auf als die anderen.
Auch die Männer kehrten täglich nach ihrer Jagt, mit guter Beute heim. Die Leute wunderten
sich über die Treue des Sterns und über die großen Mengen Wild, samt den vielen Beeren.

"Der Stern muss der Sohn des Guten Geistes sein", sagten sie mit Ehrfurcht und Respekt.
Aber manche waren immer noch misstrauisch, einer meinte; „Der Stern wurde aus seiner
Heimat im Himmel vertrieben und auf die Erde verbannt.“ Der Späher „Adler Auge“
meinte gar; „Der Stern hätte rundum Augen und Flügel.“ Die Kinder dagegen sagten
weil der Stern oft sehr rot glühte; „Der Stern sei wegen Lächelnden Stern verliebt.“
Nun wurde sie selbst rot, denn sie liebte ihren Stern aus ganzem Herzen
und Sie war überglücklich, weil er ihre Liebe erwiderte.


Fortsetzung folgt
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Alt 18.04.2021, 01:42   #2
männlich Vers-Auen
 
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Standard Fortsetzung

Es begab sich eines Tages im Mittsommer, dass alle Beeren auf den Auen aufgelesen waren.
Nur im Moorgebiet, das wegen den Moorgeistern tabu war, gab es noch Sträucher mit Beeren.
Im Indianerdorf erzählte man sich, dass fast alle die ins Moorgebiet hineingingen niemals mehr
heimkehrten. Eines Morgens machte sich das Mädchen allein auf den Weg, um diese Beeren
zu sammeln. Sie war fruchtlos in der Wildnis, weil sie auf ihren Freund den Stern vertraute.

Am Randgebiet des Moores angekommen, entdeckte sie, dass viele Sträucher von Vögeln
und Waldtieren abgefressen waren. Um ihren Weidekorb zu füllen, musste sie tiefer in das
dornige Dickicht hinein gehen, als ihr Körbchen fast schon voll war, wollte sie sich auf den
Rückweg machen. Aber weil nun auch noch dichte Nebelschwaden die Sicht behinderten,
verlor Sie in diesem Irrgarten aus Gebüsch und Gestrüpp, bald schon die Orientierung.

Sie hielt Ausschau nach ihrem Stern und schrie nach Hilfe, doch nur einige aufgeschreckte
Rohrdommeln flogen über Sie hinweg. Sie vernahm noch Rufe außerhalb des Dickichts
und rief nach ihrem Bruder, doch nur die laut quakenden Frösche gaben ihr Antwort.
Die Rufe wurden schwächer und Sie sah dunkle Wolken, die am Himmel aufzogen.
Ein Gewitter zog sich rasch zusammen und schon bald regnete es in Strömen.

Sie watete im pfadlosen Sumpf fast knietief durch Wasserlachen und Morast,
bald kraftlos und schleppend, näherte sie sich dem großen Moor entgegen.
Als das Gewitter sich verzog blickte sie nochmals in den trüben Himmel,
aber weder ihr Glückstern noch ein anderer Stern ließen sich blicken
und nur der fahle Mond lugte im Dämmer durch die Weidengeäste.

Als das Mädchen nicht mehr laufen konnte, weinte es bitterlich und rief abermals nach ihrem
Bruder, dann nahm Mutter Erde sachte das kleine und weinende Mädchen zu sich heim.

Früh am nächsten Morgen machte sich ein Trupp Männer, die am Vortag auf Jagt waren,
auf die Suche nach dem Mädchen. Spurensucher sichteten die kleinen Fußabdrücke,
zur Sicherheit steckten sie alle zehn Meter einen Pfeil in den Boden, damit sie wieder
zurück fänden. Sie fanden nur den Korb mit Beeren, danach verlor sich jede Spur.

Die Jahreszeiten kamen und gingen und der Stern schien immer noch über den Lagerfeuern,
doch sein Licht wurde trübe und niemals blieb er lang an einer Stelle. Oft wanderte er zum
Moorgebiet und blieb stehen, als hielte er nach etwas Ausschau, was er nicht finden konnte.
"Er ist traurig über den Tod des Mädchens, das er liebte" sagten die Leute untereinander.
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