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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 06.06.2007, 19:42   #1
Jeanny
 
Dabei seit: 04/2007
Beiträge: 660

Standard So wenig bleibt...

Wenn ich sehe in die alten Gesichter
der Menschen im Altersheim,
möchte ich mitunter schrei'n...
Wenn ich berühre faltige Haut,
kalt und tot über Knochen gespannt.
Stell ich mich mit den Rücken zur Wand.

So wenig bleibt vom Leben übrig.
So wenig lebt sich's in alten Tagen.
So wenig, was dann vorhanden ist.
Gesichter, aus denen nichts mehr spricht...

Oma Dudler hat nur Schmerzen.
Herr Blume versteht die Welt nicht mehr.
Frau Gähnert kann nicht mehr scherzen
Trist, kahl und leer - ein Riesenmeer.

Stimm ich an ein Sommerliedchen
kommt das Leben in die Augen.
Und sie flüstern mit kalten Lippen.
Ihre Füsse beginnen zu wippen.
Manche muß man so verstehen
und dann ihre Wege gehen.
Jeanny ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.06.2007, 22:30   #2
deja_vu
Gast
 
Beiträge: n/a

Hallo Jeanny,

... ein sehr schönes Gedicht, besonders für mich als gelernten Altenpfleger.

Wenn ich Deinen letzten - lichteren - Abschnitt lese, werden mir aber auch noch viele, wenn auch leise, schöne Seiten der Altenpflege und der dortigen Erfahrungen deutlich, oder? Daher könnte der Titel Deines Gedichts eigentlich auch "So viel bleibt" lauten. Oder?

Gruß,
Ulrich
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Alt 08.06.2007, 07:19   #3
Jeanny
 
Dabei seit: 04/2007
Beiträge: 660

Standard RE: So wenig bleibt...

Nochmal Hallo,
bin seit einer Woche in diesen Job,20 Demenz- und 5 Alzheimer...
Mir war wie schreien und weglaufen am ersten Tag, weißt.
Heute freue ich mich drauf und doch bleibt versteckte
Traurigkeit - so wenig bleibt am Ende übrig - grausam !
Liebe Grüße Jeanny
Jeanny ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.06.2007, 10:03   #4
alexandro
 
Dabei seit: 02/2007
Beiträge: 56

Hi Jeanny,

wie schon dein Text über die Demenzkranke finde ich auch deisen sehr schön, wenngleich ich mir schon lebhaft vorstellen kann, dass einige unserer Mitglieder den Text nach stilitischen Kriteriien sezieren werden und ihn für mittelmäßig und überarbeitungsbedürftig halten werden.

Worüber du schreibst ist der Alltag und keine abstrahierten Wortungetüme, die kodiert einen höheren Sinn ergeben (wenngleich der Sinn bei genauerer Betrachtung meist doch wieder recht trivial ist).

Du machst das, was einen guten Autor/Lyriker auszeichnet: beobachten.

Ich schließe mich der Meinung von Ulrich unbedingt an. Es ist schwer zu sehen, wie Menschen allmählich verfallen. Menschen die früher mitunter strahlende Persönlichkeiten waren und genauso wie du und ich im Leben standen. Die Vergänglichkeit des eigenen Daseins wird einem so ziemlich drastisch vor Augen geführt, was die Allgemeinheit jedoch so nicht mitbekommt, da Seniorenheime fast schon mit einer Ghettorisierung gleichzusetzen sind.

Nochmal zurück zum Text:
Strophe 3 gefällt mir wegen der Personalisierung sehr gut. Allerdings stimmt das Versmaß nicht. Mich stört dies nicht, da der Text insgesamt für mich schlüssig und emotional dich rüberkommt, aber, es wird ein Punkt für die nachfolgenden Kommentatoren sein, um diesen Text auszuhebeln.

Strophe 2 ist die einzige Strophe, bei der man sich überlegen könnte, sie ggf. zu streichen um den Text zu verdichten. Sie wirkt im Vergleich zum Rest des Textes nicht ganz stimmig.

Versamaß in Strophe 1 und 4 sind okay, allerdings klemmt der Reim.

Insgesamt für mich ein sehr gelungener bewegender Text.
alexandro ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.06.2007, 19:42   #5
Jeanny
 
Dabei seit: 04/2007
Beiträge: 660

Hallo alexandro,
die 2. Strophe sollte eher zum Nachdenken anregen.
Fast jeder hat ne Oma oder nen Opa, die in einem Heim leben.
Weißt Du, wie viele von den alten Leutchen abgegeben und
abgehakt werden ?
Wie'n Auto auf nen Schrottplatz...
Diese Leutchen müssen garnicht mehr sterben - die sind längst
verdammt durch die eigene Familie.
So wenig könnte dabei so viel sein...
Liebe Grüße Jeanny
Jeanny ist offline   Mit Zitat antworten
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