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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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14.12.2017, 11:45 | #1 |
Die Amsel
Die Amsel fliegt von Ast zu Ast,
der Wind umweht die Federn, sie schwebt zu mir, wird Fenstergast, ich seh in ihre Augen. Sie schaut mich an, Kopf hin und her, wie sie, so möcht ich leben. Ach fliegen möcht ich, fort von hier, weit fort von Gitterstäben. Matratzenhütte, Eisenschloss, ein Urinal, die Bibel, die Amsel fliegt vom Fenstersims, ach wär sie nur geblieben. Ein Frostgefühl durchweht mein Herz, es knallt vor meinem Fenster, zwei Federn weht der Wind hinauf, in Schwarz und Weiß – die Amsel. Der Wärter spielt ein Schlagkonzert, den Gummiknüppel schwingt er und schaut mich an: Kopf hin und her, "Hast du gedacht dir hilft wer?" Usprüngliche Fassung (auf die sich die ersten beiden Kommentare von Ilka-Maria und Dr.Karg beziehen) Die Amsel fliegt von Ast zu Ast, der Wind umweht die Federn, sie schwebt zu mir, wird Fenstergast, ich seh in ihre Augen. Sie schaut mich an, Kopf hin und her, wie sie, so möcht ich leben. Ach fliegen möcht ich, fort von hier, weit fort von Gitterstäben. Matratzenhütte, Eisenschloss, ein Urinal, die Bibel, die Amsel fliegt vom Fenstersims, ach wär sie nur geblieben. Geändert von MiauKuh (14.12.2017 um 15:27 Uhr) |
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14.12.2017, 11:52 | #2 |
Forumsleitung
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Solche Gäste sind besonders morgens früh um fünf erbaulich, zumal die Vögel in den Städten immer lauter singen, um von ihren Artgenossen trotz des zunehmenden Lärms über weite Strecken gehört zu werden. Den Wecker kann man sich in Zukunft sparen. Ich warte schon auf den Musterprozess "Uhrenindustrie versus Amsel".
Trotzdem: Nette Liebeserklärung an eine unserer schönsten Vogelarten. Nebenbei gefragt: Hat es etwas mit "Der Gefangene von Alcatraz" zu tun? |
14.12.2017, 11:54 | #3 |
Gast
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Re: Die Amsel
Schönes Gedicht!
Gern gelesen! H. H. Karg |
14.12.2017, 12:08 | #4 | |
Zitat:
du liegst goldrichtig. Ich war grade dabei diesen Text um zwei Strophen zu erweitern und zwar genau in diese Richtung, da las ich, dass jemand das hier schon kommentiert hat. So kann ich es nun also nicht in diese Richtung weiterschreiben. (Edit: was ich dann doch getan habe, ich konnte nicht anders) Eine mögliche Entwicklung wäre das hier gewesen: der Gefangene bemerkt an den Federn vor seinem Fenster, wie die Amsel stirbt. Überhaupt ist es sein Schicksal, dass alles was ihn befreien will, stirbt. Dr. Karg, schön das es gefällt |
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14.12.2017, 21:21 | #5 |
Lieber MiauKuh,
was soll ich sagen, Du kannst einfach gut schreiben und Ideen hast Du auch. Was will man als Leser mehr. Danke dafür! Liebe Grüße Gylon |
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15.12.2017, 08:53 | #6 |
Hey Gylon, das freut mich :-)
ist schön zu wissen, dass es dir gefällt. (Mir bleibt dann ja auch nichts, ausser Danke zu sagen und mich zu freuen, und das tue ich aber wirklich gerne). Liebe Grüße! |
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15.12.2017, 15:38 | #7 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Lieber MiauKuh,
"Alcatraz" - so weit musste ich meine Gedanken nicht auf die Reise schicken. Ich hatte ein Amselnest auf dem Fensterbord und hatte vom Innenfenster so viel weiße Tünche abgekratzt, dass ich die Amselmama und den -papa bei der Brutpflege (vom Brüten bis zum Füttern der drei Amseljungen) beobachten konnte. Einer der Zuchthauswärter, es konnte nur "Tarzan" gewesen sein -Tarzan, weil wir die Namen der Wächter nicht kannten - hat das Amselnest zerstört. Ich kann dem lit. Ich sehr gut nachempfinden, was bei Dir geschrieben ist. Ein Detail irritiert mich. "Meine" Amsel war braun, der "Papa" glänzend schwarz. Woher hat Deine Amsel die weiße Feder? Ein sehr einfühlsames Gedicht, das mitten ins Herz zu treffen vermag. Liebe Grüße, Heinz |
15.12.2017, 15:51 | #8 |
Hallo Heinz,
vielen Dank für deinen Kommentar. Mich erschüttert ehrlich gesagt, dass es wirklich diese fiesen Wärter gibt, die den Gefangenen jede Form von Hoffnung nehmen. Offenbar habe ich durch Pappillon (was für ein genialer Film), viel in mir behalten, als Kind hat mich dieser Film fasziniert, im Guten und Schlechten. Die Amsel hat eine weiße Feder, weil die Amsel die ich hier gesehen hatte, auch weiße und schwarze Federn trug. Vermutlich war es in diesem Fall keine. Aber es war so ein etwas wohlbeleibter Vogel, recht dick und groß, vielleicht doch eine Elster, keine Amsel. Ich offenbare also hiermit meine Unkenntnis über die Vogelarten. Nunja. Asche auf mein Haupt. Das Erfreuliche daran: Elster und Amsel haben Wortmäßig genug gemeinsam, dass ich sie im Gedicht tauschen könnte, ohne einen inhatlichen Fehler gemacht zu haben, der mich wirklich geärgert hätte. Die andere Antwort, die womöglich diplomatischer wäre: die Thailandamsel, oder die Albino-Krankheit-habenden Amseln, die ich bis ebend auch nicht kannte und die darum nur eine verlogene Ausrede gewesen wären. Das möchte ich hier aber nicht bringen und sage: naja, es war wohl keine Amsel, die ich da sah, aber das tut nichts zur Sache, denn der Vogel war da, und schwarz weiß war er. Sein Name dachte, ich wäre Amsel, wenn er aber Elster war, naja: Vielleicht hat die Elster ja den Namen der Amsel geklaut? Ganz liebe Grüße, Werner. |
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15.12.2017, 17:21 | #9 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Lieber MiauKuh,
ich will es mal so sagen: Von Vögeln sollte man schon Ahnung haben! Vergiss den Satz - es war, was Du meinst, eine Elster. Die sind auch sehr neugierig und sei froh, dass Dein lit. Ich keine glitzernden Reichtümer horten konnte. Was die Charaktereigenschaften von Gefängniswärtern angeht - nun, die sind auch nicht viel anders als bei anderen Menschen. Nur - in ihrer Funktion als Gefängniswärter können sie ihre perversen Gelüste meist ungestraft ausleben. Zwar gab es in der Zeit, als ich die Gastfreundschaft Budyšins genießen durfte, keine Folter, aber dieser "Tarzan" genannte Schweinehund hatte das Hobby, den Insassen so manchen "Streich" zu spielen. Das Amselnest war ein Nadelstich, schlimmer war, dass er "überzählige" Fotos (drei durften am Spind an Frau und Kinder erinnern) abriss und auf dem Fußboden zertrat. Natürlich nicht in Anwesenheit des Betroffenen - so weit reichte sein "Mut" nicht. Liebe Grüße, Heinz |
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