Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Forum durchsuchen Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Gedichte-Forum > Gefühlte Momente und Emotionen

Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 02.09.2006, 01:30   #1
Herr Finsternis
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 24

Standard Das will ich nicht bedichten

- Das will ich nicht bedichten - (erste änderung_mit Dank an ravna)

Sie singen nur vom Tod der anderen,
ob sie an Krebs gestorben sind,
mit Blei im Herzen,
unbedacht
oder grinsend auf dem letzten Blatt des Fotoalbums.

Tränen auf Papyrus löschen keine Trauerkerzen.

Das Dichten, das kann man sein lassen,
wenn man nicht selbst stirbt.



Herr Finsternis
Herr Finsternis ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.09.2006, 01:42   #2
Pegamund
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 133

Standard Klingt ja sehr schwermütig,

Herr Finsternis. Ein Nachtwerk, von Verzweiflung und existentiellem Überdruß inspiriert.

Ich würde z.B. schreiben:


"Tränen auf Papyrus
löschen Trauerkerzen nicht.
Das Dichten kann man lassen,

wenn man nicht selber stirbt."


Das wäre rhythmischer, flüssiger. Das 1. Zeilenpaket ließe sich in Richtung Rhythmizität gewiß auch noch verbessern. Auf Wunsch schlage ich auch hier was vor. Der mangelhafte Lesefluß stört mich, ansonsten gar nicht schlecht im Ansatz.

LG, Pega.
Pegamund ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.09.2006, 01:57   #3
Herr Finsternis
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 24

"Tränen auf Papyrus
löschen Trauerkerzen nicht."

Toll, jetzt haben wir strenge Alternation, dafür ein grandios mieses Satzkonstrukt. Davor hatte dieser Satz, tada!, auch strenge Alternation, war aber noch richtig gebaut. Einzig der folgende Vers passt nicht so recht in irgendein Schema. Aber wozu auch? Das ist nicht zum Vorsingen gedacht, sondern zum Lesen, und da passt das ganze ziemlich gut, auch wenn ich nicht "Rhythmizität" studiert habe. Auf solche hässlichen Wörter wie "selber" kann ich ebenfalls verzichten, vielen Dank!

Trotzdem Danke für deine Anmerkung!
Herr Finsternis
Herr Finsternis ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.09.2006, 02:13   #4
weiblich ravna
 
Benutzerbild von ravna
 
Dabei seit: 04/2005
Ort: Berlin
Alter: 38
Beiträge: 732

hui da ist aber jemand zickig, bekommen sie ihre tage herr finsternis?

ich finde pegas ansatz sehr gut, liest sich deutlich besser als dein geschreibsel da oben. das "selber" kann man ja durch dein hübsches "selbst" ersetzen.

damit du noch was zum freuen hast: meine variante

"Tränen auf Papyrus
löschen keine Trauerkerzen.

Sie singen nur vom Tod
der ungezählten Anderen.

Das Dichten kannst du lassen
stirbst du nicht selbst."

das viele blabla in der ersten strophe ist furchtbar unnötig. wenn du so was schon machst, dann wenigstens so, dass man das lesen kann ohne zu denken "aua."

bitteschön für meinen blubb im spinat,
ravna
ravna ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.09.2006, 02:24   #5
Herr Finsternis
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 24

Das ist ja jetzt was ganz anderes.

1. "Sie singen nur vom Tod": Jetzt meint man auf einmal, die Tränen sind gemeint.

2. Es gibt einen Unterschied zwischen "etwas lassen" und "etwas sein lassen".

3. "Das Dichten kannst du lassen, / stirbst du nicht selbst.": Vielleicht irre ich mich da, aber da liest sich nun auch nicht besser als Pegas oder meine Version.

4. Mit dem Papyrusvers hast du, was die Form angeht, völlig Recht.

Herr Finsternis
Herr Finsternis ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.09.2006, 02:36   #6
weiblich ravna
 
Benutzerbild von ravna
 
Dabei seit: 04/2005
Ort: Berlin
Alter: 38
Beiträge: 732

1. klar beim ersten lesen meint man das. beim zweiten oder dritten lesen schnallt man vielleicht, dass auch etwas anderes gemeint sein könnte. das "sie" muss sich ja nicht zwangsläufig auf die tränen beziehen. selbst wenn das so gelesen wird - auch interessant

2. sorry ... ähm: welchen? ich finde "etwas sein lassen" klingt einfach nur verkorkst. unterlassen fände ich auch ganz hübsch.

3. Du:
"Das Dichten, das kann man sein lassen,
wenn man nicht selbst stirbt."
Pega:
"Das Dichten kann man lassen,

wenn man nicht selber stirbt"
Ich:
"Das Dichten kannst du lassen
stirbst du nicht selbst."

liest vielleicht nicht unbedingt besser. aber ich finde das "man" immer so schrecklich backanleitungsmäßig. "man nehme drei eier, schaumig schlagen, ein gedicht vorsichtig unterheben..." deshalb habe ich das "du" gewählt. das "wenn" ist nur ballast.
was mich bei deiner variante besonders stört: dieses eingeschobene "das kann man sein lassen". das klingt so... tja, eingeschoben irgendwie so, als würdest du zu einem kind sprechen "das klauen, das musst du sein lassen, wenn du nicht willst das mutti dir böse ist."

4. bitteschön.
ravna ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.09.2006, 02:55   #7
Herr Finsternis
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 24

So sehe ich das:
"etwas lassen": Ich höre auf, etwas zu tun. "unterlassen" geht in diese Richtung.
"etwas sein lassen": Ich entferne mich davon und lasse es in Ruhe.
Das hat einen etwas anderen Grundton auch etwas Motivation. Von "verkorkst" kann da nicht die Rede sein.

Nein, das "sie" muss sich nicht zwangsläufig darauf beziehen. Aber wenn ich zwei Sätze habe: "Die Männer gehen nach Hause. Sie sind Frauen." Dann will ich mich darauf verlassen können, dass die Bezüge stimmen, und nicht erst auf den anderen Sinn kommen, indem ich die Logik überprüfe.

"irgendwie so, als würdest du zu einem kind sprechen"

Das ist gar kein so blöder Gedanke. Ich überlege, es so zu ändern: "Das Dichten, das könnt ihr sein lassen, /wenn ihr nicht selbst sterbt." Dann ist deine Backanleitung weg, und die Richtung stimmt trotzdem. Wie wär's damit?

Herr Finsternis
Herr Finsternis ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.09.2006, 03:10   #8
weiblich ravna
 
Benutzerbild von ravna
 
Dabei seit: 04/2005
Ort: Berlin
Alter: 38
Beiträge: 732

ich finde "sein lassen" klanglich in etwa so unschön wie "tun". wollte gerade mal nach sehen, was uns der herr duden dazu sagt, aber der schweigt sich aus. "sein lassen" kommt da gar nicht drin vor. könnte es sein, dass das regional bedingt ist? "bleiben lassen" ist mir im übrigen geläufiger als "sein lassen". finde ich aber auch nicht schöner ("Das lässt du schön bleiben!")
wie wäre es mit "ruhen lassen" oder ähnlichem? dann hast du deinen motivationsaspekt wieder drin.

hmmm... ich mag es wenn man denken muss. und logik ist sowieso toll.

zumindest das zweite "das" würde ich weglassen. ist auch optisch ansprechender
ravna ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.09.2006, 21:58   #9
U-hEXe
 
Dabei seit: 02/2006
Beiträge: 353

verwendetest Du anstelle von 'etwas sein lassen' 'von etwas Abstand nehmen' hättest Du 'sich von etwas entfernen' auf jeden Fall drin- unabhängig von regionalen (und ich behaupte ebenfalls, dass 'etwas sein lassen' ein wenig dialektmanipuliert ist) sprachlichen Differenzen.

lg!
U-hEXe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.09.2006, 22:52   #10
Herr Finsternis
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 24

Nehmt es wörtlich, nicht als festgefahrene Ausdrucksweise.
Herr Finsternis ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Das will ich nicht bedichten

Themen-Optionen Thema durchsuchen
Thema durchsuchen:

Erweiterte Suche



Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.