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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt.

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Alt 19.09.2012, 15:05   #1
männlich Jonas
 
Dabei seit: 04/2012
Alter: 36
Beiträge: 2

Standard Falsche Zeit

Der Wecker reißt uns jederzeit
die Augen auf. Er schrillt und schreit.
Dann steh man auf, schlüpft in die Puschen
und geht ins Bad um heiß zu duschen.
Auf dem Weg, während man erwacht,
drückt man den Knopf, der Kaffee macht,
denn ohne ihn und duschen geh'n
schaffts keiner so früh aufzusteh'n.
Die Haare sind noch nichtmal trocken,
schon muss man im Auto hocken.
Man flucht, das keiner fahren kann!
Und steht im Stau ganz hinten an.
Genervt ist jeder und man schreit!
Denn ein's hat keiner: Das ist Zeit.
Stress ist unser stets Begleiter,
rastlos muss man immer weiter.
Denn sonst ist ein and'rer schneller
und frisst einem das Brot vom Teller.
Karierre muss man heute machen!
Es bleibt nur wenig Zeit zum lachen.
Zeit für Spaß? Das gibt’s nicht mehr...
Schneller! Schneller! Geld muss her!
Glück? Damit verwechseln viele
Alkohol und Drogenspiele.
Nur was kostet bringt noch Freude,
nicht spazier'n geh'n durch die Heide.
Tanzen, toben, feiern pur!
Kam noch jemand liebt Natur.
Die Woche über schuftet man
damit mann sich dann leisten kann,
wochenends das Hirn zu spülen,
mit Getränken, und zwar vielen.
Sonntags dann berichtet man
stolz wie viel man trinken kann.
Doch wo ist das Geld bloß hin?
„Da war doch gestern viel mehr drin!“
Das Portmonee, das ist nun leer.
Geld zu versaufen ist nicht schwer.
Und das schlimmste ist daran,
das fängt schon bei Kindern an!
Schon mit 16 geht man saufen!
Und kann später nicht mehr laufen.
Nicht alle sind so, das ist richtig!
Doch für zu viele ist es wichtig
sich das Glück so vorzutäuschen,
mit immer fortwährenden Räuschen.
Mensch! Wohin ist bloß die Zeit,
als man sich freute wenn es schneit?
Als man auf Blumenwiesen saß
und selbstgeback'nen Kuchen aß?
Als man sich küsste in der Sonne
und romantisch, voller Wonne
spazieren ging noch, Hand in Hand,
statt besoffen an der Wand
einer ekligen Toilette
rumzuknutschen.. Nein!! Ich hätte
gern in and'rer Zeit gelebt
und mir vor fünfzig Jahr' gewebt,
ein and'res Leben als das Diese.
Ich träume von der Blumenwiese.
Jonas ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.09.2012, 15:42   #2
weiblich Poetibus
 
Benutzerbild von Poetibus
 
Dabei seit: 09/2012
Ort: Einfach geradeaus und dann links abbiegen.
Alter: 56
Beiträge: 562

Hallo, Jonas,

ich finde, es handelt sich hier um ein treffendes Stück Gesellschaftskritik. Da ich ein Leser von der Sorte "Je länger, je lieber" bin, habe ich kein Problem damit, dass du auf Absätze verzichtest.

Persönlich finde ich sogar, dass die Form gut im Einklang mit dem Inhalt ist - ich "sause" beim Lesen ziemlich rasch durch die Zeilen, was bei mir ein leichtes Gefühl des Unbehagens auslöst, und genau das ist ja auch der Sinn, denke ich.

Leider ist die heutige Zeit von diesem "Geist beseelt". Da ich die 20 schon eine gute Weile hinter mir gelassen habe, bin ich in der Lage, das Verhalten der Menschen zu vergleichen. Nur ein kleines Beispiel: Das, was heute "Shopping" genannt wird. Hm - bereits das Wort assoziiere ich mit "Hopping" ...
Als Kind ging ich mit meiner Großmutter (Opa war nicht dafür zu haben ) einen "Einkaufsbummel" machen - man beachte das Wort "Bummel". Die Menschen heutzutage hetzen und eilen durch die "Shoppingmeile" der Stadt, als ob es morgen nichts mehr gäbe. Schnell, schnell - und ohne jeden Genuß oder Vergnügen. Damals ließ man sich Zeit und schloss den Bummel genüßlich mit einem Besuch in einem Café ab - welcher sich auch auf ein, zwei Stunden ausdehnen konnte. Und ich wurde nicht "zappelig", sondern trank meinen Kakao oder aß mein Eis und beschäftigte mich danach mit Lesen oder Zuhören (Gespräche von Erwachsenen waren damals noch interessant für Kinder mitanzuhören), oder ein Spielzeug auszupacken und damit zu spielen.

Alkohol, Drogen, das "Geld durchbringen" (und in die Schuldenfalle zu geraten), das scheint heutzutage irgendwie allmählich die Herrschaft zu übernehmen. Die "Betroffenen" werden beständig mehr - und beständig jünger.

Ich gehe ungern in die Stadt, nur, wenn ich muß. Da ich mein "gemütliches Schlendern" beibehalten habe, erwächst sich das nämlich zu einer Art Spießrutenlauf. Entweder ich beschäftige mich ständig damit, rasch genug auszuweichen oder ich werde immer wieder angerempelt ... Wer langsam geht, steht der Eile wohl im Weg.

Das Problem: Diese Gesellschaft, in der wir heute leben (müssen), haben wir uns selbst erschaffen. Und nur wir selbst können das ändern. Die Ausrede: "Ich bin nur eine(r), ich kann nichts tun!" lasse ich nicht gelten. Es war auch nur einer, der damit "angefangen" hat - und alle anderen liefen hinterher, so, wie es immer ist. Also muss auch einer damit beginnen aufzuhören. Aber das könnte einen persönlichen Nachteil bedeuten - ah, nein, das lasse ich lieber ... tja ...

Ich weiß nicht, inwiefern du Wert auf die Zeichensetzung oder ein stringentes Metrum legst, aber da du Satzzeichen verwendest, würde ich (wäre ich der Autor) das Gedicht dahingehend noch einmal überarbeiten, es fehlen beispielsweise einige Kommata.

Wenn du möchtest, unterstütze ich dich gerne, das ist allerdings nur ein Angebot, keine Kritik. Ich habe mir schon längere Zeit angewöhnt, jedem Verfasser zu überlassen, wie er/sie das halten möchte.

Gerne gelesen.

Freundlichen Gruß,

Poetibus
Poetibus ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.09.2012, 16:43   #3
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

"Kaum noch jemand liebt Natur" (mit Tippfehlerchen!)
stimmt zum Glück nicht ganz. Aber man sieht immer weniger Leute wandern, meist wird die Natur motorisiert durchstreift.
Wenn ich an früher zurückdenke:
Der Sonntagsnachmittagsspaziergang war schon fast ein geliebtes Ritual, nicht nur im Sommer.
Oder Schaufensterbummel. Ja, Bummel. Abschluß war Kuchen und Kaffee, zuhause oder in der Konditorei.
Ohne etwas einzukaufen. (Einer meiner Neffen: "Ich geh jetzt kaufen" - meine Frage "Was kaufst Du denn?" - er: "Ganz egal. Irgend was" )

Ich stehe morgens lieber früher auf, statt zu hetzen.

Du, Jonas, hast den Finger wirklich auf eine wunde Stelle gelegt.


LG
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.09.2012, 20:57   #4
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Nicht schlecht. Gefällt mir, Jonas.

LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
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