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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 02.11.2018, 11:25   #1
männlich Ex-DrKarg
Gast
 
Dabei seit: 01/2012
Alter: 76
Beiträge: 3.139

Standard Alles fließt


Alles fließt

Die Galaxien sind im Fluss
und streben weiter auseinander
und nichts in Ruhe hier im All.

Die Erde dreht sich um die Sonne,
der Mond umrundet unsere Erde,
die Jahreszeiten finden sich.

Und selbst die Erde dreht sich weiter,
um Nächte, Tage abzulösen
mit uns dort mittendrin.

Wir denken, bangen, hoffen, lieben
in diesem allbewegten Sein
und müssen Ruhe finden.


©Hans Hartmut Karg
2018

*

IM GEDENKEN AN DIE WUNDERBARE THING
Ex-DrKarg ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.11.2018, 18:14   #2
männlich Heinz
 
Benutzerbild von Heinz
 
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.878

Dr. Karg,
"panta rhei" wäre unter uns Akademikern als Überschrift wohl angebracht gewesen.
Wie Du den alten Heraklit hier verwurstet hat, ist schon eine Spitzenleistung.
Was hat das Umrunden des Mondes um die Erde und das Unrunden der Erde um die Sonne mit Heraklits Erkenntnis, dass alles im Wandel begriffen ist, zu tun?
Aber: Es hört sich sehr gebildet an!
Heinz
Heinz ist gerade online   Mit Zitat antworten
Alt 02.11.2018, 23:55   #3
männlich dr.Frankenstein
 
Benutzerbild von dr.Frankenstein
 
Dabei seit: 07/2015
Ort: Zwischen den Ostseewellen ertrunken
Alter: 41
Beiträge: 5.467

Ich finde es gut. Du hast nämlich noch eine Erkenntnis hinzugefügt. Das alles sich wiederholt.
Finde es schön.
dr.Frankenstein ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.11.2018, 11:29   #4
männlich Ex-DrKarg
Gast
 
Dabei seit: 01/2012
Alter: 76
Beiträge: 3.139

Standard Re: Alles fließt

Liebe Dichterfreunde, lieber dr.Frankenstein, lieber Heinz,

im Gedenken an die wunderbare Thing, vormals Romulus, möchte ich nun doch gegen meine bisherigen Gepflogenheiten ausnahmsweise einen kleinen Nachvollzug zu meinem Gedicht liefern.

Das Gedicht bezieht sich auf einen längeren Diskurs, den ich vor vielen Jahren in einem anderen Forum mit Thing geführt habe. Kern der Bemühungen war damals die Frage: Kann es eine Annäherung von Atheisten und Theisten an ein Verständnis zu Sein und Tod geben?

Der Näherungskonsens sah in etwa so aus:
Beide Seiten, Athisten und Theisten stehen sich nur dann unversöhnlich gegenüber, wenn sie die kosmische Einbettung aller toten Materie und allen lebendigen Lebens verwerfen. Heraklit half da weiter:
„Alles fließt“ bedeutet in seinem Verständnis, dass alles der Bewegung ausgesetzt bleibt, weil Heraklit das Sein mit einem Fluss vergleicht:
„Wir steigen in denselben Fluss und doch nicht in denselben, wir sind es und wir sind es nicht“ (Fragment 49a).
Wir alle sind also der Bewegung ausgesetzt, aber wir selbst und unsere Wege sind nicht dieselben, sind uns – wie wir selbst – vertraut und doch auch fremd. Mein Gedicht nimmt darauf Bezug, dass wir alle in diese Bewegung eingebunden bleiben.

Der individuelle Tod ist dann nur ein (scheinbares) Zur-Ruhe-Kommen. In Wirklichkeit werden wir weiter bewegt und unsere Seele bleibt – auch physikalisch – erhalten. Nach dem Satz von der Erhaltung der Energie (vorausgesetzt, man akzeptiert Seele als Energie!) geht diese Energie – wie jede andere Energie auch – niemals verloren, sondern existiert in einer anderen Form an andere Stelle weiter. Die Seele bleibt in Bewegung – auch nach unserem Tod als Person.

Das hat den alternden Einstein zur Erkenntnis geführt, dass im Kosmos eine ordnende Kraft wirken muss, damit die Gestirne in ihrer Bewegung bleiben können, wobei der Theist als Kraft den Schöpfergott (Demiurg) sieht, der Atheist als ordnende Kraft die Bewegung und das Kräftegleichgewicht im Kosmos. Projiziert man die Fließbewegung des Heraklit von der Erdbewegungserkenntnis des Galileo Galilei auf die Seele, kann man über die durch den Tod zur Ruhe gekommene Seele sagen: „Und sie bewegt sich doch!“ Sie wird also bewegt und bleibt so in kosmischem Fluss.

Allerdings gibt es den kleinen Wermutstropfen, weil Heraklit auch darauf hinweist, dass gelebtes Sein einmalig und unumkehrbar bleibt. So heißt es in seiner Flusslehre im Fragment 91:

„Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen.“

Wir werden unser Leben – in diesem Verständnis – kein zweites Mal in der Erstform wiederholen können.

LG H. H. Karg
Ex-DrKarg ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.11.2018, 08:41   #5
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Lieber DrKarg,

naturphilosophische und religiöse Spekulationen gefallen mir. Fakt ist aber, dass die Seele an die Gehirntätigkeit gebunden ist, die irgendwann aufhört (=Tod).

Liebe Grüße
gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.11.2018, 10:46   #6
männlich Ex-DrKarg
Gast
 
Dabei seit: 01/2012
Alter: 76
Beiträge: 3.139

Standard Re: Alles fließt

lieber gummibaum,
der tod ist wohl das ende aller erdenfreuden und erdenleiden -unumkehrbar.
lg h. h. karg
Ex-DrKarg ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.11.2018, 18:13   #7
männlich klaatu
 
Benutzerbild von klaatu
 
Dabei seit: 12/2015
Beiträge: 3.353

Hallo Dr. Karg,

diesen Text hier muss ich mal loben, der gefällt mir.

LG
k
klaatu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.11.2018, 09:55   #8
männlich Ex-DrKarg
Gast
 
Dabei seit: 01/2012
Alter: 76
Beiträge: 3.139

Standard Re: Alles fließt

Lieber klaatu,
das ist ja Lob aus höchstem Munde! Danke dafür!
LG HHK
Ex-DrKarg ist offline   Mit Zitat antworten
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