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02.07.2006, 14:00 | #1 |
Die letzte Scherbe
Ihr wisst nicht, wie es ist, wenn die eigene Welt in Scherben vor einem liegt. Wie eine Vase, die aus der Mode gekommen ist und von irgendjemandem auf den harten Boden geworfen worden ist. Wenn die einzige Scherbe, das einzige Bruchstück des eigenen Lebens, nur aus Buchstaben und Wörtern besteht. Aus einem Netz, einem Hauch eines anderen Daseins, an das man sich klammert. Schwarze Striche. Mehr nicht, trotzdem zaubern sich noch. Als letzte Ruine der alten Schönheit aufgehoben und verwart.
Eigentlich sollte man eine der schönsten und teuersten Vasen sein, doch man liegt zerstört am Boden. Von niemandem verstanden, von niemandem geachtet. Menschen, die einem nahe stehen, treten nur noch mehr auf den bunten Bruchstücken herum. Zerstören auch die letzten Formen und Farben, die einem Herzen ehemals Hoffnung gespendet haben. Gießen salziges Wasser über die bereits brennenden Wunden. Am besten wäre es, die Scherben wegzufegen und aus der Welt zu verbannen. Fort zuschmeißen, aber statt dessen liegen sie weiter auf den blanken Fließen. Alleine. Unfähig, sich zu bewegen. Zu schwach den Sinn des Lebens wahrzunehmen. Aber auch zu stark um dem Dasein ein Ende zu bereiten. Dazu sind die Scherben noch zu schön. Zu wertvoll. Wörter. Die letzte, glänzende Scherbe, an die man sich klammern kann. Und trotzdem schmerzt jeder Tritt, der die anderen Teile weiter zerstört. Von geliebten, geachteten Menschen. Von niemandem hat man es erwartet, doch nun ist es so weit. Die Risse der Vase sind nicht mehr nur Andeutungen, alles liegt in Scherben vor einem und man kann es nicht mehr zusammensetzten, denn es sind zu viele, zu viele gleiche, winzige Teile. Bedeckt von Salz. Salz, was auf den Wunden brennt und die Schmerzen fast unerträglich macht. Noch immer klammert sich die Seele an das letzte Bruchstück, was noch Leben in sich hat. Unförmige schwarze Linien auf weißen Seiten. Ist das alles, was von diesem Leben übrig ist? Ja. ____ mehr ein Gedankengang als eine Geschichte, deshalb auch eine andere Rubrik. Ich hoffe ich hab die richtige gewählt. |
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