Im Kinderzimmer

[Kruschov]

Eine trügerische Stille strahlt aufdringlich durchs Zimmer,
als wäre es so unschuldig wie immer.
Doch in dieser Vollmondnacht blendet der Anschein wohl mit Bedacht.
Drum sei auf der Hut liebes Kindlein und gib fein Acht.


Die vergraute Tapete bröckelt unaufhörlich von der alten Zimmerwand.
Verhalten räkelt sich das giftige Efeu um die Deckenlampe – höchst gewandt
und unter jenem erstreckt sich ein riesiges Loch,
dort wo einst das Kindlein seine Unschuld verlor.
Bedrohlich krabbeln in Scharen nun Spinnen aus diesem empor.


Eine finstere Baumgestalt starrt diabolisch grinsend ins Zimmer hinein,
wo daneben hängend im Spiegel ein Gesicht verängstigt weint.
Es bangt und fleht – man solle es endlich befreien.
Doch traue niemandem – denn hier ist nichts so wie es scheint.


Eine blutrünstige Bestie, deren scharfe Klauen über dem Kinderbette ragen.
Wären sie doch nur im Stande die Ohnmacht des Kindleins wegzutragen.
Stattdessen wartet schon längst der Tod, in verkleideter Gestalt des Sensenmannes
und verwerflich erscheint nun die Rationalität des geknechteten Verstandes.


Verdächtig steht die linke Türe des Kleiderschranks ganz weit aufgerissen.
Es wirke, als solle man daraus etwas vermissen,
wie die auf dem Boden liegenden Kleider willentlich,
wirken sie als aufgetürmter Scheiterhaufen nun doch sehr verführerisch.
Quer sitzend eingeritzt über der rechten Türe – das Wort „HILFE“ eingraviert,
wo ein Dämon im Schatten lauernd über die quälenden Ängste triumphiert.


Ein mit Blut beflecktes Messer liegt am Boden unbekümmert,
welches anmutend grazil im Vollmondlichte schimmert.
Dumpfe Schreie hallen vergeblich durch das triste Kinderzimmer
und Blutflecke führen malerisch zum Bette unter dem das Kindlein flehend wimmert.


„Stirb mein liebes Kindlein. Du bist doch fast tot.
Niemandem hier kümmert dein Elend – deine Not.
Lass das Galgenmännchen sprechen das letzte Wort
und es wir dich bringen für immer an einen besseren Ort.“