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Alt 25.12.2007, 19:32   #1
Hamilkar Barkas
 
Dabei seit: 08/2007
Beiträge: 97


Standard Meda III (1)

Akt III


Auf der Bühne Erzieher, Amme, Chor

Chor
Was weiter bloß geschehen wird,
nachdem Medea wild gedroht
sie sorge für der Kleuka Tod?
Welch Monster sich in ihr verbirgt!

Wir müssen dies verhindern gehn.
Medea hat uns arg getäuscht
Wir sind von ihrer Art enttäuscht,
das alles mußte nicht gescheh‘n.

Erzieher
In ihr kocht heiß die Wut, sie wird sich wieder legen.
Wir sagen alle oft im Zorne unbedacht
wir wünschten jemand tot und haben nichts gemacht.
Ich bin mir des gewiß, es wird sich alles geben.

Chor
Wir hörten sie sei wild,
doch glaubten wir es nicht.
Wir sahen ihr Gesicht
und fanden’s eher mild.

Ist sie nun Furie oder Weib?
Wir fürchten selbst Medeas Blick.
Für sie gibt’s kein zurück,
sie ist der Tod im Menschenleib.

Erzieher
Zur Furcht gibt’s keinen Grund, das werdet ihr noch sehen.
Die Nacht bricht jetzt herein, das große Fest beginnt
Und Jasons Hochzeitsnacht. Ich weiß es ganz bestimmt,
Medea kann nichts tun und muß am Morgen gehen.
Nun feiert selber schön und laßt den Kopf nicht hängen,
denn Kleuka stirbt heut‘ nicht, weil Jason sie beschützt.

Amme
Nur weiß ich leider nicht, ob das ihr etwas nützt.
Du kennst Medea nicht, sie wird zum Morde drängen.

Chor
Wir gehen lieber jetzt
Auf Jasons großes Fest,
als hätten wir hier nichts geseh‘n
und würde weiter nichts gescheh‘n.

Mit zuen Augen lebt’s sich leicht,
weil einen da kein Leid erreicht.
Wir haben nichts geseh‘n,
es ist hier nichts gescheh‘n.

Erzieher
Ihr Frauen seid zu gut und könnt es nicht begreifen,
daß aus ‘nem kleinen Streit ein solches Chaos wurd‘,
denn welcher Ehemann hat nicht schon mal gehurt?
Man muß sich darum nicht im Tonfall so vergreifen.

Chor
Es ist Naturgesetz, daß Mann
Nicht Treue halten kann.
Wir Frauen nehmen’s besser hin,
denn andres bringt uns kein Gewinn.

Zwar dauert uns die Frau
und tut uns herzlich leid,
doch ging sie uns zu weit
und ist ihr Sinn zu rauh.

Der Chor geht ab.

Amme
Jetzt geht es wieder los, die Herrin ist verloren,
die Kinder vielleicht auch, für mich steht’s ungewiß.
Wie sich das Rädchen dreht, das unser Leben ist;
Vor kurzem dröhnten mir vom Jubel noch die Ohren,
für Jason gab’s ein Fest mit leckrem Schweinebraten.
Wir hätten hier Asyl, denn Kreon nähm‘ uns auf,
doch er beginnt von vorn, Medeas Lebenslauf,
denn wieder mal ist sie in große Not geraten.
Wann werd‘ ich wieder froh? Ich lache doch so gerne.
Der Kummer zehrt an mir, zum Gram fehlt mir’s Gesicht.

Erzieher
Das ist ein schönes Land, dem es an nichts gebricht.
Das Klima ist sehr mild.
Amme: Doch jetzt geht‘s in die Ferne.
Medea auf der Flucht, das wird doch niemals enden.
Und ich muß wieder mit, ich habe keine Wahl,
gehöre fest zu ihr und teile ihre Qual.
Ich möchte es zwar nicht, doch kann ich es nicht wenden.

Erzieher
Du mußt es sicher nicht. Du bist ihr treu geblieben
so lang es eben ging, doch jetzt ist sie verbannt
und darum hast du jetzt ihr wahres Ich erkannt,
wie undankbar sie ist, nicht fähig auch zu lieben.
Der König hatte recht, sie aus dem Reich zu treiben.
Sie lebt nun ganz im Haß, drum ist es kein Verrat,
wenn du sie jetzt verläßt vor ihrer letzten Tat.
Bei einer solchen Herrin, mußt du nicht länger bleiben.

Amme
Ich höre was du sagst, doch möchte ich’s nicht glauben.
Sie ist mir wie mein Kind. Ich habe sie gestillt
zwei lange Jahre lang und war bisher gewillt,
ihr immer treu zu sein und immer es zu bleiben.
Wir rennen ohne Ziel und müde sind die Beine,
das Fliehen machte sie vor langer Zeit schon schwer.
Ich denke bei mir oft, wie lange ist es her,
daß ich zufrieden war. Ich glaube fast, ich weine.

Erzieher nimmt sie in den Arm.

Erzieher
Medea ist ein Gift, das alle Menschen tötet,
die lange bei ihr sind. Ich weiß, ich liebe dich
und bin mir des gewiß, ein wenig du auch mich,
drum bleibe hier bei mir und werd‘ von mir getröstet.

Amme
Ich weiß, du bist mir gut, doch kann ich sie verlassen?
Sie ist mein kleines Kind, das sich auf mich verläßt.

Erzieher
Ich gebe es ja zu, sie wurde schwer verletzt,
doch ist das Grund genug, die Menschen so zu hassen?
Die zügellose Art, sie stürzt sie ins Verderben
und zieht dich mit sich mit, wenn du’s geschehen läßt.

Amme
Für heute ist’s genug. Wer weiß, was daraus wächst,
aus unserem Gespräch, das wir bereuen werden.
Vielleicht errätst du ja, was ich gerade denke.

Erzieher
Ich wüßte da schon was, mein liebes Frühlingskind.

Amme
Wenn du dir sicher bist, dann sag es mir geschwind,
denn die Belohnung wär‘, daß ich dir etwas schenke.

Erzieher
Ich wünschte mir so sehr, die Lippen dir zu küssen,
da ich nicht wissen kann wie lange du noch bleibst
und mich mit deinem Mund noch in den Wahnsinn treibst.

Amme
Da ich dich gerne hab‘, werd‘ ich’s gewähren müssen.
Wir könnten’s dort im Busch auch miteinander treiben,
es würd‘ uns niemand sehn und wenn, was tut es schon?

Erzieher
Ich weiß nicht recht, mein Kind, für was ist das der Lohn?

Amme
Ich möcht‘ bloß meine Brust an deinen Körper reiben.

Erzieher (lacht)
Die allzu schnelle Zeit, wer kann sie für uns halten?
Laß uns, da wir noch hier, aus ihr ‘nen Nutzen ziehn,
indem ich deiner Lust an deinem Körper dien‘
und wir auf diese Art den Abend uns gestalten.

Amme lacht, beide verschwinden hinter den Busch.
Auftritt, Medea mit einem Gewand in der Hand. Während sie spricht, schüttet sie Gift auf das Gewand.

Medea
Sie tanzen im Palast und frönen dem Vergnügen
Und Bacchus greift nicht ein, denn ihn bekümmert’s nicht,
daß dort der Ehrengast die Heil’gen Eide bricht.
Was kümmert’s diesen Gott, wenn Menschen sich belügen?
Ihm ist es schon genug, wenn seine Feuer brennen,
man ihn mit Fleiß verehrt; dann schaut er schon mal weg.
Ein kleinerer Betrug, das schert ihn einen Dreck,
doch wenn es ihn betrifft, dann lernt man Bacchus kennen.
Die Götter sehen kaum, was hier geschieht auf Erden,
weil ständig Nebel herrscht um ihren Göttersitz.
Damit das niemand merkt, schickt Zeus uns seinen Blitz,
und alle ducken sich vor solchen Drohgebärden.
Wer Recht bekommen will, muß es sich selbst verschaffen,
durch seine eig’ne Kraft. Gebete helfen nicht,
weil es der Götterschar an echter Macht gebricht,
da sie bloß vom Olymp zur Erde runtergaffen.
Hekate bleibt mir treu, sie wird mich nicht verlassen
und eine Hilfe sein, bei meiner Rache Plan.
Mit einem simplen Mord ist’s hierbei nicht getan,
es muß ein Zeichen sein, wie sehr ich beide hasse.
Zwei Tropfen von dem Gift, das sollte für sie reichen
und jetzt, beim Schein des Monds und aller Sterne Glanz,
vergifte ich dazu noch diesen Lorbeerkranz.
Jetzt müssen allerdings die Dämpfe noch entweichen.
Das Gift soll schleichend sein, allmählich auf sie wirken,
doch trägt sie erst das Kleid, gibt’s keine Rettung mehr,
denn dann dringt’s auf sie ein, wie ein Barbarenheer
und wird in ihrem Leib Verwüstungen bewirken.
Das Fleisch, es löst sich rasch von ihren zarten Knochen
und fällt in Brocken ab, als wäre es verfault,
daß jeder, der es sieht, sich vor dem Anblick graut.
Dazu wird ihr das Blut in ihren Adern kochen.
Mein schöner Lorbeerkranz verwandelt sich in Schlangen.
Von deren Zungen tropft ihr Geifer ins Gesicht,
der ihre Haut verätzt, doch stirbt sie davon nicht.
Sie muß durch ihren Mann den Gnadenstoß erlangen.
(Träufelt eine klare Flüssigkeit auf Kranz und Kleid)
Zwei Tropfen von dem Gift, das dürfte schon genügen,
damit dies Brautgeschenk zum Mordwerkzeug gerät,
das meiner Rache dient und schweres Unheil lädt
auf Kleukas schönes Haupt. [lacht] Wen würd‘ das nicht betrüben?
Kein Mitleid gibt’s für sie, die alle schuldlos glauben,
hat sie ihn doch verführt, in ihren Bann gebracht
und mich dadurch zerstört. Das hat sie nicht bedacht
und das ist ihre Schuld; des Glücks mich zu berauben.
Und Jason büßt dafür, daß er mich hat verraten
als Mutter und als Frau. Er sieht den Untergang
von seiner Braut mit an und schuldet mir noch Dank,
daß ich so milde bin, ihn weiter nicht zu strafen.
Bleibt bloß noch das Problem, die Gaben zu verschenken,
denn niemand läßt es zu, daß ich vor Kleuka tret‘.
Doch kriegt sie das Geschenk auf indirektem Weg
durch einen Boten zugesandt, umgeh ich die Bedenken.
Es muß ein Bote sein, dem alle hier vertrauen,
damit selbst Jason glaubt, mir täte alles leid
und weil ich Frieden wollt‘, verschenkt‘ ich dieses Kleid.
Ist das Problem gelöst, kann ich auf Kleuka bauen.
Wenn sie das Kleid erst sieht, will sie es anprobieren.
Sie kann nicht widerstehn und muß es einfach tun.
Das wird der Untergang von diesem dummen Huhn.
Ich werd‘ den Zauberspruch ein wenig noch forcieren.

(Sie rafft das Gewand zusammen und geht ab.)

Amme (hinter dem Busch)
Hast du das mitgekriegt?
Erzieher: Ich konnte gar nichts hören
und wollte es auch nicht, weil ich noch ganz entzückt
von deinem Körper bin.
Amme: Die Stimme klang bedrückt
und irgendwie bekannt.
Erzieher: Wir lassen uns nicht stören.

Amme (tritt aus dem Gebüsch vor)
Die Herrin ist bestimmt gerade hier gewesen
und redete mit sich. Was trieb sie nur hierher
zu dieser späten Stund‘?
Erzieher: Ich seh‘, du willst nicht mehr,
das läßt dir keine Ruh‘, daß sie bei uns gewesen.
Ich denke allerdings, das hat nichts zu bedeuten.
Sie suchte Einsamkeit, wenn sie’s denn wirklich war.

Amme
Sie stand an diesem Fleck, ich hörte sie ganz klar
und einmal war mir auch, als säh‘ ich etwas leuchten.

Erzieher (tritt aus dem Gebüsch)
Ich habe nichts gehört und hätt‘ nichts wahrgenommen,
das Weltenende nicht und keine große Schlacht,
denn da du bei mir lagst, hab‘ ich an dich gedacht,
wie es zu schaffen sei, daß wir gemeinsam kommen.

Amme
Ich gebe dir ganz recht, ich kann nicht bei ihr bleiben.
Für einen Neubeginn, bin ich ganz klar zu alt.

Erzieher
Medea ist verliebt, doch liebt sie die Gewalt
und deshalb hast du recht, bei ihr nicht mehr zu bleiben.

Amme
Wenn sie doch hören würd‘ und friedlich von hier schiede.
Ich weiß nichts was sie plant, doch plant sie sicher was.
Ich kenne sie genau und weiß um ihren Haß,
den sie im Herzen trägt. Wenn sie sich bloß beschiede.
Doch so was kann sie nicht, denn das ist nicht ihr Wesen.
Ich weiß es ganz bestimmt, sie brütet etwas aus.

Erzieher
In diesem Augenblick ist sie allein im Haus
Und als ich sie dort sah, da schien sie grad zu lesen.

Amme
Ich trau dem Frieden nicht. Kannst du nicht nach ihr sehen?
Sie ist erfinderisch und gibt so schnell nicht auf.

Erzieher
Sie nähme doch damit den eignen Tod in Kauf.
Ich denke, diese Nacht wird hier nichts mehr geschehen.

(Amme schmiegt sich an ihn.)

Wenn sie sich still verhält, dann kommst du schnell zurück
und wir beenden dann das angefang’ne Glück.
Wär‘ so ‘ne Ankunft nicht ein Grund, um fortzugehen?

Erzieher
Das gäb‘ Gelegenheit, bei’n Kindern reinzuschauen,
ob sie am Schlafen sind. Befehl ich sie zu Bett,
dann albern sie noch rum und tuen ganz erschreckt,
wenn ich sie so erwisch‘ und droh‘, sie zu verhauen.
Ich werde also gehen. Merk du dir wo wir waren
und rühr dich nicht vom Fleck.
Amme: Nicht einen kleinen Schritt?

Erzieher
Den allerkleinsten Schritt bekäme ich noch mit,
ich sähe es am Sitz von deinen schönen Haaren.

(Beide lachen, er geht ab.)

Amme
Was für ein lieber Mann. Wo war er all die Jahre,
die ich hier zugebracht auf dieser kleinen Welt?
Die andre Frage ist, was ihm an mir gefällt.
Was hat er grad gesagt, von meinen schönen Haaren?

(Auftritt der wutentbrannten Medea)

Medea
Wo hast du bloß gesteckt? Ich ließ schon nach dir suchen
und habe mich gesorgt. Was hast du dir gedacht,
daß ich es nicht bemerk‘, daß du dich fortgemacht?
Du solltest besser nicht mich solcherart versuchen.

Amme
Ihr habt mir nicht gesagt, daß ihr mich brauchen würdet.

Medea
Und das ist Grund genug, daß du dich so verhältst,
mit einem fremden Mann dich durch die Büsche wälzt?

Amme
Es ist doch nichts passiert. Wir haben bloß geflirtet.

Medea
Ich kenne dieses Spiel. So hat es angefangen
ganz harmlos erst im Heu, dann trieben wir’s im Bett
und dieses Liebesnest; wir fanden es recht nett.
Ich dachte schon bei mir, ich könnt‘ nicht mehr verlangen.
Doch darum geht’s jetzt nicht. Das mußt du Kleuka bringen
als kleines Brautgeschenk, ein Lorbeerkranz und Kleid,
denn zwischen uns zwei Fraun herrscht nicht der kleinste Streit,
denn Jason ist’s nicht wert, daß wir es soweit bringen.

Amme
Verzeiht, Medea mir, doch kann ich euch nicht trauen.
Den Feinden schenkt ihr Tod und Kleuka seid ihr Feind,
deshalb ist das Geschenk bestimmt nicht wohl gemeint
und Kleuka wird auch nicht in dieses Kästchen schauen.

Medea
Nimm, ich befehl‘ es dir, ihr das Geschenk zu bringen
Und warne dich auch noch, wenn du’s noch weiter treibst,
wirst du in nächster Zeit noch sehen wo du bleibst.
Doch vielleicht möchtest du, daß ich dich dazu zwinge.

Amme
Die Zeiten sind vorbei. Ich werde euch verlassen
und bitte um Asyl, daß Kreon mir gewährt,
denn Frieden möchte ich, den ihr uns stets verwehrt,
weil ihr nicht fähig seid, vom Hassen abzulassen.

Medea
Auch du verübst Verrat, verrätst mich, deine Herrin!

Amme
Ich kann nicht mit euch gehn, ich bin dafür zu alt,
zum Leben auf der Flucht, so ohne einen Halt.

Medea
Der Halt war ich für dich, für eine fette Närrin.
Und das ist nun der Dank, ein weiterer Verrat.
Ist dieser Treuebruch von deinem Freund der Rat,
daß du jetzt aufbegehrst zum Unglück deiner Herrin?
Der Rat war denkbar schlecht und unbedacht gegeben,
weil ich nicht fähig bin, was meine Wut erregt
mildtätig zu verzeih’n, denn was sich in mir regt,
ist eines Kriegers Ruf und der verlangt dein Leben.
(Sie stößt der Amme einen Dolch in den Bauch.)
Die Farbe steht dir gut. Das muß ich zugestehen,
das ist ein schönes Kleid, so ganz in blutig rot,
und wenn er dich so sieht, dann freit dich selbst der Tod.
Bist du noch nicht bereit, mit ihm mit fortzugehen?
(Sticht weiter auf sie ein.)
Was zögerst du denn noch, so geh mit deinem Gatten,
der dich von Herzen liebt und nicht erwarten kann,
an deiner Brust zu ruhn. Und sieh mich nicht so an!
(zärtlich) Jetzt dient dein schöner Blick als Nahrung für die Ratten.

(Schließt ihr die Augen.)

Wer bringt jetzt das Geschenk? Wird meine Rache scheitern
und bleibt sie unbestraft, weil hier sich niemand findt,
der diese leichte Tat für mich zum Ende bringt?
Was mußte ich mich auch darüber so ereifern?
Die Kinder bleiben noch, sie könnten’s übergeben
und niemand hegt Verdacht, daß es gefährlich wär‘,
denn welche Mutter gäb‘ die Kinder dafür her
und nähme es in Kauf, daß sie’s nicht überleben?
Es wäre keine Frau, die sich so etwas dächte,
der eignen Kinder Tod nur darum zu riskiern,
weil sie nicht einsehn kann, den Gatten zu verliern.
So denken Mütter nicht, nicht einmal wahrhaft schlechte.
Ich habe keine Wahl, ich habe es geschworen,
daß Kleuka sterben wird durch meine eig’ne Hand
und habe diesen Schwur als heilig anerkannt.
Auch wenn’s gefährlich wird, so ist noch nichts verloren.
Sie bringen das Gewand und werden nicht verweilen,
bis daß der Zauber wirkt, der in der Gabe ruht,
sonst würden sie zum Ziel für Kreons große Wut
und müßten durch sein Schwert der Schickse Schicksal teilen.
Ich weiß um die Gefahr, doch kann ich sie nicht wenden.
Ich halt‘ an meinem Schwur in jedem Falle fest,
weil sich ein solches Wort nicht einfach ändern läßt,
selbst wenn dabei vergehn die Früchte meiner Lenden.
Auch ist es nicht gesagt, daß meine Kinder sterben,
denn wenn das Gift erst wirkt ist die Verwirrung groß,
man stürzt zu Kleuka hin. „Was ist nur mit ihr los?“
daß sie in dem Tumult zu mir entkommen werden.
Ich weiß so wird’s geschehn und nichts kann mich mehr halten.
Der Plan wird umgesetzt und Kleuka umgebracht
und Jason wird es noch sehn, wer jetzt zuletzt noch lacht.
Der Tod ist herbestellt, um seines Amts zu walten.

(Medea geht ab. Auftritt der Erzieher)

Erzieher (noch aus dem Off)
Die Kinder schlafen fest, die armen kleinen Wichte.
Sie wissen ja noch nicht, was hier so vor sich geht,
daß Jason sie verläßt, wie’s um die Mutter steht,
daß sie die Opfer sind der tragischen Geschichte.
(Tritt auf und sieht die Leiche.)
Was ist mit dir geschehn? Ist hier noch etwas Leben?
Ich fühle keinen Puls und auch kein Atem geht.
Sie ist bereits schon tot und Hilfe kommt zu spät.
Warum nur mußt‘ ich das, das Unglück noch erleben?
Warum hilft mir kein Gott und läßt die Erde beben
und macht sie ungeschehn, die himmelschrein’de Tat,
die mir das liebste nahm. Ich weiß mir keinen Rat,
wer dir das Leben nahm, soll mir den Tod auch geben.
Wer wird im Alter mich, den greisen Narren pflegen,
wenn du mich jetzt verläßt? Du hast mich angelacht
bei jedem schlechten Witz, den ich für dich gemacht
und wer erteilt mir jetzt am Sterbebett den Segen?
Wer hat mir das getan und meine Braut getötet,
die nie was Schlechtes tat, daß so etwas verdient,
die stets der Herrin, mir, den Göttern treu gedient.
(Springt auf.)
Ich kenne sie genau, die wild und ziellos wütet.
Medea hat’s vollbracht, sie ist bei uns gewesen
und hat uns doch belauscht und gönnte es uns nicht,
daß wir zusammen war‘n, weshalb sie sie ersticht.
Sie ist des Todes Braut, kein Mensch, ein Schattenwesen.
Sie ist der Untergang von allen schönen Dingen.
Medea ist der Fluch, der sich an uns erfüllt,
das finstere Gewölk, das unser Licht verhüllt.
Sie ist das Klagelied, das blinde Sänger singen.
Mit einem kleinen Stich zerstört sie unsre Leben
und das ist nicht genug. Sie braucht noch weit’res Blut,
zu kühlen ihren Haß, zu löschen ihre Glut,
die ihr das Herz verbrennt. (tonlos) Sie wird den Tod anstreben.
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