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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 25.04.2016, 22:33   #1
weiblich Ilka-Maria
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Standard Mea culpa

Ein kalter Hauch kam zu Besuch,
nicht eingeladen, lautlos, stumm,
gehüllt in weißes Nebeltuch,
und schrieb mir auf die Stirn: „Warum?“

Das hätt ich selber gern gewusst,
doch eine Antwort fand ich nicht,
ich war mir keiner Schuld bewusst,
und dennoch saß ich vor Gericht.

Ich steckte bis zum Hals in Schuld,
doch wusste nicht: Warum, weshalb?
Ich forschte, bis mir die Geduld
zur Hölle wurde und zum Alb.

Bis heute fand ich nicht heraus,
weshalb der kalte Hauch mich quält,
er macht sich einen Spaß daraus,
mir zu verschweigen, wo gefehlt.

25.04.2016
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Alt 25.04.2016, 22:55   #2
männlich Ex-Lichtsohn
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Standard Liebe Ilka-Maria

"confiteor … quia peccavi nimis cogitatione, verbo, opere et omissione:
mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa …"

langsam muss ich mich schämen: wieder bin ich in eins deiner Werke reingeschneit mit dem du selbst (wie ich vermute) nicht zur Gänze zufrieden bist. Mach kein Drama draus, mir passiert das auch ständig.
Aber wenn ich jetzt schon mal da bin möchte ich mich auch gern nützlich machen - zumindest so im Rahmen meiner Möglichkeiten.

Ich vermute, du bist mit der Lücke zwischen dem Titel "mea culpa" und dem Inhalt (der übrigens exzellent präsentiert wird) nicht so ganz glücklich. Das kann ich verstehen. Nun, der Ausdruck "meine Schuld" trifft nicht den Kern der Sache, denn der Nebel ärgert dich ohnehin und ob du Schuld bist oder nicht steht somit nicht mehr zur Frage. Interessanter wäre die Betrachtung des Nebels - seine Motivation bleibt im Schatten und dadurch rückt "deine Schuld" nun wirklich sehr stark in den Hintergrund.
Ich glaube es könnte helfen den Titel ein bisserl abzuschwächen - oder den Text so umzubauen, dass der Umstand "dass du selbst schuld hast" deutlicher ins Zentrum rückt.

Ich hoffe, mein wirrer Vortrag hat dir so ein bisserl aufgezeigt wo ich einen klitzekleinen "Patzer" vermute. Aber irgendwie ahne ich, dass du selbst schon ein bisserl gezweifelt hast.

Alles Liebe in deine Frühlingsnacht.
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Alt 25.04.2016, 23:19   #3
weiblich Ilka-Maria
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Danke für Deinen ausführlichen Kommentar. Aber Du irrst: Ich hatte - und habe - mit dem Titel kein Prolem. Für mich passt er.
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Alt 25.04.2016, 23:31   #4
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Danke für Deinen ausführlichen Kommentar. Aber Du irrst: Ich hatte - und habe - mit dem Titel kein Prolem. Für mich passt er.
Oje, dann muss ich irgendwas Wesentliches überlesen haben. Ich versuchs nochmal und melde mich später wieder.

Alles Liebe für dich.
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Alt 25.04.2016, 23:53   #5
Thing
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Ich hab ganz anders gelesen als Lichtsohn, nämlich buchstäblich so, wie Du es geschrieben hast.
Ist es ein ad-hoc-Gedicht? Ich glaube: ja.
Mir hat es einen Schauder verursacht, weil ich Ähnliches kenne.
Ich hoffe, es entsprang Deiner Phantasie und fürchte das Gegenteil.

Wirklich bedrückend und sehr eindrücklich, eindringlich.

LG
Thing
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Alt 26.04.2016, 09:51   #6
männlich Ex-Lichtsohn
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Standard Liebe Ilka-Maria

irgendwie bleibt mir die Tür verschlossen. Irgendwo liegt der Schlüssel, so viel steht fest, aber ...

Sei´mir bitte nicht böse, aber mir fehlt hier ein Stückerl und ich ärgere mich dass ichs nicht finde. Die Thematik "ad hoc" ist mir bekannt, weitergeholfen hat mir diese Einsicht aber auch nicht. Vielleicht fixiere ich mich irgendwie viel zu stark auf den Hauch und übersehe irgendeine wichtige Metapher ... oder ich nehme die falsche ...

Alles Liebe in deinen Frühlingstag.
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Alt 26.04.2016, 10:07   #7
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Wenn ichs gut finde kann es das ja wohl nicht sein.
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Alt 26.04.2016, 10:08   #8
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Lichtsohn Beitrag anzeigen
irgendwie bleibt mir die Tür verschlossen. Irgendwo liegt der Schlüssel, so viel steht fest, aber ...

Sei´mir bitte nicht böse, aber mir fehlt hier ein Stückerl und ich ärgere mich dass ichs nicht finde.
Genau darum geht es, Lichtsohn: Das lyrische Ich findet für seine Schuldgefühle keine Erklärung, die Antwort auf das Weshalb bleibt aus. Vielleicht gibt es einen Schlüssel, vielleicht gibt es ihn nicht ...

Du sollst keinen Schlüssel finden, sondern die seelische Not empfinden, in die das lyrische Ich unwissend hineingeraten ist.
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Alt 26.04.2016, 10:39   #9
männlich Ex-Lichtsohn
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Standard Liebe Ilka-Maria

Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Genau darum geht es, Lichtsohn: Das lyrische Ich findet für seine Schuldgefühle keine Erklärung, die Antwort auf das Weshalb bleibt aus. Vielleicht gibt es einen Schlüssel, vielleicht gibt es ihn nicht ...
hm ... danke, das hilft jetzt ein bisserl.

Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Du sollst keinen Schlüssel finden, sondern die seelische Not empfinden, in die das lyrische Ich unwissend hineingeraten ist.
um eine "seelische Not" zu empfinden sind die Zeilen aber viel zu locker und zu leicht geschrieben ... ich möchte ja gar nicht nörgeln, aber ich kenne andere Sachen von dir, da konnte ich mich aus der Beklemmung beim Lesen kaum befreien. Deshalb führt mich das auch grad nicht zu der Erkenntnis die ich mir erhoffe ... aber ich glaub genau da liegt der Fehler: weil ich erhoffe.

Ich will das aber jetzt nicht durch meine Rummäkeleien auseinanderpflücken, dafür sind die Verse einfach zu gut geschrieben und sie haben sich auch wirklich Lob verdient.

Alles Liebe in deinen Frühlingstag.
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Alt 26.04.2016, 11:48   #10
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Lichtsohn Beitrag anzeigen
Ich will das aber jetzt nicht durch meine Rummäkeleien auseinanderpflücken,
Das ist in Ordnung, das darfst Du jederzeit. Deshalb sind wir ja in Poetry. Ich denke über das Feedback durchaus nach. Am wichtigsten ist und bleibt der Leser.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.04.2016, 12:13   #11
weiblich Ex-Thrud
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Standard Hallo Ilka,

Zitat:
Ein kalter Hauch kam zu Besuch,
nicht eingeladen, lautlos, stumm,
gehüllt in weißes Nebeltuch,
und schrieb mir auf die Stirn: „Warum?“
Wenn einem Menschen etwas auf die Stirn geschrieben wurde, ist er sozusagen gebrandtmarkt. Also ich hole jetzt wahrscheinlich sehr weit aus, aber es gibt ja tatsächlich Traumata, die abgespalten werden, (dissoziative Amnesie) weil der Mensch anders nicht überleben kann. Das Unterbewusstsein und die Psyche liegen dann ständig im Clinch und es kann das Gefühl des Schuldbewusstsein entstehen.
Mir gefällt an dem Gedicht, dass man es auf verschiedene Arten interpretieren kann.

LG

Thrud
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Alt 26.04.2016, 12:22   #12
weiblich DieSilbermöwe
 
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Gefällt mir, flüssig und schlüssig gereimt und wegen der Thematik:
Es gibt Menschen, die sehr anfällig dafür sind, sich Schuld einreden zu lassen. Auch wenn sie gar keine haben. Aber trotzdem nagt und nagt das (eingeredete) Schuldgefühl. So begreife ich das Gedicht.
DieSilbermöwe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.04.2016, 12:26   #13
männlich Ex-Lichtsohn
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Zitat:
Zitat von DieSilbermöwe Beitrag anzeigen
Gefällt mir, flüssig und schlüssig gereimt und wegen der Thematik:
Es gibt Menschen, die sehr anfällig dafür sind, sich Schuld einreden zu lassen. Auch wenn sie gar keine haben. Aber trotzdem nagt und nagt das (eingeredete) Schuldgefühl. So begreife ich das Gedicht.
Ups, danke für den Schlüssel

Alles Liebe in deinen Frühlingstag.
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