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Alt 01.02.2007, 17:13   #1
OpheliaWinter
 
Dabei seit: 01/2007
Beiträge: 19


Standard Der dunkle Lord und die kleine Prinzessin

Draußen war es bereits dunkel. Nur der volle Mond stand am Himmel und schien in das Fenster des dunklen Lords. Der dunkle Lord war ein hochgewachsenere Junge mit blassem Gesicht, herabhängenden Mundwinkeln und eingefallenen Wangenknochen. Der Mond schien direkt auf seinen Thron. Dadurch wirkte er noch gespenstischer. Nie hatte der dunkle Lord ein Hauch von Freude verspürt und noch nie die Wärme der Liebe. So wie er war, ständig traurig und miesepetrig, war auch seine Gefolgschaft, aber sie gehorchten dem dunklen Lord auf`s Wort. Nun saß der dunkle Lord mitten in der Nacht auf seinem Thron und dachte darüber nach, was er denn noch an Farben verschwinden lassen könnte. An seinem Hof war bereits alles schwarz und grau, genauso wie seine Kleidung. Ebenso seine Seele. Dann fiel es ihm ein. Er könnte den Wald vernichten. Jeden Morgen hörte er das lustige Gezwitscher der Vögel, aber er hasste es. Eine Schandtat für die Ohren nannte er das. Doch wenn er ihnen den Wald nahm, dann würden sie woanders Zwitschern und jemand anderen ärgern. Ja, er würde schon gleich morgen früh den Befehl geben, den Wald bis zum kleinsten Bäumchen abzuholzen. Aber erstmal würde er schlafen gehen.
Der nächste Tag brach an und wieder wurde er früh von den Vögeln geweckt. Er brummelte etwas in seinen nicht vorhandenen Bart und stapfte los um den Befehl zu geben. Im Hof hatte bereits reges Treiben begonnen. Der dunkle Lord setzte sich auf seinen Thron und fing an zu schreien. Seine Gefolgschaft ließ alles stehen und liegen und trat näher an den Thron, denn immer wenn er das tat, würde er ihnen eine Neuigkeit verkünden. Eine neue Bösartigkeit. Als er den Befehl erteilt hatte, stürmten ein paar der kräftigsten Männer los, holten ihre Sägen und marschierten zum Wald.
Die ersten fünf Bäume waren bereits gefällt. Es waren große und kräftige Eichen. Es würde eine lange Zeit dauern, bis der ganze Wald abgeholzt war. Jedoch flohen nun schon einige Tiere, die in diesen fünf Bäumen gehaust hatten.
Zur gleichen Zeit an einem anderen Ort überbrachte ein Bote der kleinen Prinzessin eine Nachricht. Sie war empört von dem, was der dunkle Lord wieder angestellt hatte. Niemand kann doch einfach die Tiere aus ihrem Zuhause verjagen, sowie einfach Bäume fällen, wenn es einem grad lieb ist. Die Prinzessin hatte rosige Wangen und blonde Haare die sie nun über die Schulter warf. Sie lächelte und bat um zehn Pferde mit Reitern, mit denen sie dem dunklen Lord die Meinung sagen würde.
Die Prinzessin und ihre Reiter verließen das schöne sonnige Tal und verschwanden in einem Nebel, der die Grenze zwischen den beiden Höfen darstellte.
An dem Hof des dunklen Lords angekommen stapfte sie zielstrebig in den Thronsaal und stellte ihn zur Rede. Er sagte nichts. Immer wieder sagte sie ihm, dass er den Bäumen weh tut. Er reagierte nicht darauf und aß weiter von der reich gedeckten Tafeln. Die kleine Prinzessin nahm allen Mut zusammen und riss ihm ein Haar aus. Der dunkle Lord stieß einen Schmerzensschrei aus und ließ sein Stück von dem Brathähnchen zu Boden fallen. "Siehst du", sagte die Prinzessin, "das tut dir auch weh! Und den Bäumen tut es auch weh, wenn du jeden einzelnen von ihnen fällen lässt". Der dunkle Lord rieb sich den Kopf an der Stelle, an der sie ihm das Haar ausgerissen hatte. Er verzog das Gesicht.
In den nächsten Tagen verweilte die kleine Prinzessin weiterhin an dem düsteren Hof des dunklen Lords. Immer wieder redete sie auf ihn ein, dass er es doch bitte unterlassen solle, den Wald weiter abzuholzen. Doch er beharrte weiterhin darauf. Dies wollte die kleine Prinzessin nicht weiter auf sich sitzen lassen, immerhin missachtete er ihre Befehle. Sie ordnete an, das der ganze Hof bunt gestrichen werden und von überall Musik erklingen soll. Die Bediensteten fingen sofort mit den ganzen Vorbereitungen an. Sie strichen die Wände in den verschiedensten Farben und luden aus den ganzen Ländern Musikanten und Narren ein. Der dunkle Lord bekam von alldem nichts mit, da er die Arbeiten im Wald beaufsichtigte. Am Abend war bereits alles fertig. Als er das bunte und lustige Treiben sah, war er außer sich vor Wut. Die Wut färbte sein Gesicht ganz rot. Die Bediensteten und die kleine Prinzessin lachten herzlich darüber, denn nun bekam auch er ein wenig Farbe ab.
Der dunkle Lord kam nicht gegen die Befehle der Prinzessin an. Niemand tat mehr das, was er verlangte. Auch in den nächsten Tagen blieb alles unverändert. Ein jeder lachte und tanzte zur Musik. Immer wieder wurde der dunkle Lord aufgefordert mit ihnen zu tanzen und auch zu lachen. Doch er lehnte immer wieder ab und verbrachte die Zeit allein.
Nach gut einem Jahr war die kleine Prinzessin immer noch da und das lustige Treiben wollte einfach nicht aufhören. Der dunkle Lord begriff allmählich, wie schön doch die Freude sein kann. Er fühlte sie tief in seinem Herzen, doch so wirklich zeigen wollte und konnte er es nicht. Die Bediensteten bekamen allerdings mit das seine Mundwinkel hin und wieder nach oben zuckten. So, als hätte er Lächeln wollen.
Irgendwann ging die kleine Prinzessin in das Zimmer des dunklen Lords. Hier was es nicht mehr so unangenehm kühl wie zuvor und genau dieses Zimmer hatten sie nie angerührt. Er musste es wohl selbst heller und freundlicher gestaltet haben. Der dunkle Lord hatte das Fenster geöffnet und das warme Sonnenlicht fiel herein. Er schaute aus dem Fenster und beobachtete die Vögel in den Bäumen und siehe da. Er hatte es geschafft. Er hatte gelächelt. Die kleine Prinzessin stahl sich wieder aus seinem Zimmer und erzählte es den anderen, welche es gar nicht glauben konnten. Nie, aber wirklich noch nie zuvor, hatte er es geschafft zu lächeln. Am frühen Nachmittag kam der dunkle Lord aus seinem Zimmer und beobachte die tanzenden und lachendenn Menschen um sich herum. Da fasste sich die kleine Prinzessin ans Herz und forderte ihn abermals zum tanzen auf. Sie schaute erstaunt als er einwilligte.
Die beiden tanzten und lachten bis spät in die Nacht, als sie müde waren und ihre Füße schon schmerzten.
An diesem Tag verlor der dunkle Lord seinen schaurigen Namen und wurde ab sofort nur noch der kleine Lord genannt. Nie wieder hatte der kleine Lord jemanden, ob Tier oder Mensch, Unrecht getan. Und sein Lachen verlor er nie wieder sondern schenkte denen ein Teil, die es selbst nicht konnten.
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