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11.06.2012, 10:10 | #1 |
Brief an den Vater
Sanft, wie Regentropfen, die am Fenster abprallen, donnert deine Wut mir entgegen. Unscheinbar, wie ein leises Stöhnen im Tumult eines Sturmes, scheint meine Antwort. Du hörst mich nicht. Du ertrinkst in deiner Raserei, taub, blind. Ausser deiner aufbrausenden Wut hast du mir nichts zu bieten. Du spürst nicht den gewaltigen Konflikt in mir. Deine Aggression macht dich schwach und unfähig, zu spüren. Sie geht an mir vorbei und lässt mich unberührt, sie ist nicht mehr, als eine einzelne Dissonante in der grossen Sonate des Lebens. Ein einzelner kleiner, schriller, kreischender, schockierender Moment. Ein Fehler. Verschiebung eines Halbtones, nicht mehr. Und doch, es setzt das gesamte Stück in seiner unfassbaren Schönheit, die es nur durch dieses mitreissende Auf und Ab der Gefühle erreichen kann, in Frage. Ich fühle es, das ist der Übergang. Dieses schreckliche Alarmsignal ist Zeichen für einen weiteren Wechsel von Carpe Diem nach Memento Mori. Eine weitere Periode der Traurigkeit, Selbstinfragestellung und Depression. Mit der Leichtigkeit einer sanften Sommerbrise in sternklarer Nacht stürzt du mich in die Dunkelheit. Doch waren wir hier nicht schon einmal? Schon einmal hast du mich taumeln sehen, hast mir zugesehen, wie ich alles aufgab und mich fallen liess. Mir scheint, solange du mich kontrollieren kannst, ist dir jedes Mittel recht. Jetzt sagst du, ich solle etwas daraus lernen. Endlich etwas ändern. Bittere Ironie. Das einzige, was ich daraus lerne, ist, dass ich keinen Vater habe!
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11.06.2012, 17:44 | #2 |
Korrektur: Und lässt mich scheinbar unberührt.
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11.06.2012, 17:57 | #3 |
R.I.P.
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Halli Hallo, nurdean -
außer dem sanften Wutgedonner (Ähnliches noch einmal im Text) bin ich sehr angetan. Sehr klar die Eindrücke, die man gewinnt, sehr gut gesetzt die Worte, herrliche Grammatik und Rechtschreibung - was will man mehr? Daß ich nach der Lektüre deprimiert zurückblieb, steht auf einem anderen Blatt. Auf einem dunkelgrauen. LG Thing |
12.06.2012, 18:24 | #4 |
Hallo nurdean,
diese Situation und das schwierige Verhältnis, woraus sie entsteht, kenne ich nur zu gut und du hast wunderbare, treffende Worte dafür gefunden. Hervorragend! LG |
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12.06.2012, 20:24 | #5 |
Liebe Thing und Schmuddelkind,
vielen Dank für die Antworten Tatsächlich gefällt mir der Text heute schon garnicht mehr allzusehr. Der Herr hat sich entschuldigt (ohne den Text gesehen zu haben) und das Thema schlummert ein weiteres Mal im Verborgenen weiter. Ob das besser ist, weiss ich nicht, besser leben lässt es sich damit allerdings schon. Wenigstens temporär... Das sanfte Wutgedonner muss ich noch einmal überdenken. Etwas fehlgeleitet... |
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12.06.2012, 23:56 | #6 |
R.I.P.
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Das (Private) hat mit der Qualität Deines Textes nichts zu tun.
Er könnte fiktiv gewesen sein, und verlöre dadurch nicht an Wert. LG! Thing |
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