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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 23.09.2010, 10:54   #1
Thing
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Standard Der Herbst gedeiht

Das Rauchgras zittert.
Astern blühn. Der See erschauert schwer im Grunde
und alle Blätter flüsterns leis im Wind,
daß sich der Herbst erbittert
seinen Weg erkämpft, er weit in alle Runde
seine Farben streut, in alle Wasser rinnt
und Nebel sät.

Die Erde wittert
den nahen Frost in früher Dämmerstunde,
wenn Mond und Sonne schweigend sind.
Und selbst der Tod sieht jäh erschüttert -
ihm ist es ungewollte Kunde -
daß Sommers heißgeliebtes Rosenkind
in seine Hand gerät.

Der Herbst ist da.
Die Erde bleicht und halbzerfressen sinkt der Sommer
in sein aus rotem Laub gehobnes Grab.
Er weiß, daß übers halbe Jahr
er aufersteht als lichter, frommer
Leuchtender, der alles gab -
und er verzeiht.

Schwarz hängt die Rah,
war gestern noch das zarte Birkensamt,
war gestern noch der Pappel dunkler Glanz.
Die schwere Traube spürt, was heut geschah:
Zu süßer Schwermut ward nur sie allein verdammt,
denn selbst die Schlehe stürzt zum Todestanz -

Der Herbst gedeiht.....



zum Herbstbeginn am 23. September
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Alt 23.09.2010, 12:27   #2
weiblich Ilka-Maria
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Da sind viele gute Gedanken und schöne Bilder drin, nur leider wirkt das Gedicht für meinen Geschmack überladen. Zuviele Adjektive wollen Gewicht hineinlegen, und so liest es sich auch: sublim - aber sperrig.

Besten Gruß
Ilka-M.
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Alt 23.09.2010, 13:05   #3
Thing
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Halli-Hallo, Ilka-Maria -

das sperrig trifft für viele Leser sicher zu.
Damals, vor etwa vier Dezennien - waren mir Begriffe wie Metrik und Rhythmus noch fremd.
Ich hatte einen Herbst im Inneren und wollte ihm eine (meine) Melodie verleihen.
Diese Manier habe ich bis heute nicht abgelegt.
Und Adjektive: Verleihen nicht gerade s i e Farbe?

Hab Dank für den Kommentar


von
Thing
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Alt 23.09.2010, 14:03   #4
weiblich Ilka-Maria
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Ich habe verstanden, daß es Dir um die innere Betrachtung geht, und wie gesagt, sind dabei schöne Bilder entstanden.

Zitat:
Und Adjektive: Verleihen nicht gerade s i e Farbe?
Ja, schon - wenn sie sparsam verwendet werden und möglichst nur dort, wo es unbedingt notwendig ist. Bei zuviel davon wird der Leser erschlagen. Es ist besser, eine Eigenschaft in einem einzigen Wort darzustellen. Man könnte statt "flüstern leise" (flüstern ist ja an sich schon leise) auch "wispern" sagen - nur ein Wort, aber die gleiche Wirkung. Jeder versierte Schreiber würde einen Schimmel dem weißen Pferd vorziehen, und dem Gras verleiht man nur dann eine Farbe, wenn es nicht grün ist, sondern braun oder gelb vor Dürre.

Mark Twain hat geraten:

"When you catch an adjective, kill it. No, I don't mean utterly, but kill most of them--then the rest will be valuable."

("Wenn du auf ein Adjektiv triffst, bring es um. Ich meine nicht alle, aber die meisten - dann wiegen die restlichen um so mehr.")

Dieser Meinung sind alle Schriftsteller und Sprachwissenschaftler, deren Bücher ich zum Thema "Schreibkunst" bisher gelesen habe. Da sollte man sich auch nicht von Ausnahmen wie Joanne Rowling beeindrucken lassen. Die Harry-Potter-Bücher sind gespickt mit Adjektiven, aber das ist belanglos, denn auch ohne sie wäre Rowlings Stil kaum besser.

Gruß
Ilka-M.
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Alt 24.09.2010, 10:20   #5
Thing
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Halli Hallo, Ilka-Maria ...

ich bin weder Schriftsteller noch Sprachwissenschaftler, sondern ein schlichter Hobby-Dichter. Ich mags gern farbig, und Du bist Die erste, die sich von meiner Farbenpalette erschlagen fühlt.

Mark Twains Sentenz mag für Prosa gelten - vor allem für seine knappe und relativ trockene Prosa - , ich sehe das bei meinen Gedichten anders.
Zu Joanne Rowlings kann ich mich überhaupt nicht äußern, denn ich habe nie eine Zeile von ihr gelesen.

LG
Thing
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Alt 24.09.2010, 13:11   #6
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zu Joanne Rowlings kann ich mich überhaupt nicht äußern, denn ich habe nie eine Zeile von ihr gelesen.
Ich habe vor vielen Jahren eines der ersten HP-Bücher gelesen, weil ich es geschenkt bekommen hatte. Noch einmal tue ich mir sowas nicht an.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.09.2010, 18:05   #7
männlich Fridolin
 
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Hallo Thing,

deine herbstlichen Verse finde ich sehr gelungen! Mich stören auch die Adjektive nicht, so viele sind es ja nicht. Flüsterns leise ist natürlich schon ein Pleonasmus. Aber ich sehe dich da in bester Gesellschaft, z.B. von Heinrich Heine. Er hatte keine Hemmungen vor Pleonasmen.

In seiner Harzreise heißt es:

"Und die Kleine flüstert leise,
Leise, mit gedämpftem Laut...."

An andrer Stelle dichtet Heine:
"Oh weh! Mein rotes Blut sie trank."

Ich bin ja schon etwas älter und erinnere mich auch an einen Film in den 60-ern: "Leise flüstern die Pistolen. "

Ilka,
ich habe Harry-Potter auch nicht gelesen und denke, dass dies keine Bildungslücke ist.

LG Fridolin
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Alt 24.09.2010, 22:13   #8
Thing
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Halli Hallo, Fridolin!

Hab Dank für Deinen anerkennenden Kommentar.
Mich in die Nähe von Heine-Gedichten zu rücken - jetzt trag ich die Nase 5 cm höher!

Wie gesagt: Ich mags gern farbig und ausgeschmückt, wenn es auch nicht den ganz strengen Regeln entspricht.

LG

Thing
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