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Liebe, Romantik und Leidenschaft Gedichte über Liebe, Herzschmerz, Sehnsucht und Leidenschaft.

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Alt 23.04.2007, 19:26   #1
cute_fighter
 
Dabei seit: 02/2006
Beiträge: 1.123

Standard Fliegenkadaver

Fliegenkadaver, sieh,
unter deinen Fingern.
Sie bluten Freiheit.

Verstehst du nicht?
Sie brechen sich,
an mir. Sind stumm.

Facettensteine
zerrissen einst
ihr Augenlicht.
cute_fighter ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.04.2007, 21:51   #2
männlich Ex Albatros
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2005
Beiträge: 1.227

Standard RE: Fliegenkadaver

Hallo cutie,

kannst du mir etwas den Zugang erleichtern? Mir geht's wie S2V1.

Lieben Gruß

Albatros
Ex Albatros ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.04.2007, 11:09   #3
Timo
Gast
 
Beiträge: n/a

Liebe cuti,
ich verstehe kein Wort - bzw. keinen Zusammenhang. Du solltest dich etwas konkreter ausdrücken und nicht soetwas dem Leser anbieten, womit man nichts anfangen kann. leider!
Liebe Grüße
Timo
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Alt 24.04.2007, 12:58   #4
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007

Hallo cutie,

ich habe eine Weile überlegt und bin nun zu folgender Interpretation gelangt:

Die Fliegen sah ich erst als etwas Ekliges - Lästiges, dies revidierte ich nach einer Weile und nahm das als die Substantivierung von "fliegen", was allgemein für Freiheit steht bzw die "Fliegen" als solche Wesen, die fliegen können und demnach frei sind.
Dementgegengesetzt heißt es, dass sie Freiheit bluten - sie müssen mit dieser bezahlen.

Das lyrische Du ist eine Art Tyrann, der anderen die Freiheit nimmt, bis ihre Seelen daran verrecken. Das Ich ist da irgendwie mit drin, ist mit diesem Du verbunden. Das Gedicht stellt für mich eine Bitte des Ichs an das Du dar, ein Augenöffnen - Sieh, was du da anrichtest.

Die Fliegen(den) sind stumm und blind, sie können weder aufbegehren, noch sind sie fähig, die Fehler des Tyrannen zu sehen.

Meine Interpretation deckt sich wahrscheinlich kaum mit Deiner Intention. Das Gedicht gefällt mir sehr gut.

Liebe Grüße vom Forenigel!

@Timo: Wie Du siehst, geht es nicht zwingend jedem so. Ich mag Gedichte lieber, bei denen man ein wenig nachdenken muss. Solche offenen - wie du sie verlangst - sind nicht jedermanns Geschmack.
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.04.2007, 13:20   #5
jule
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 378

Ich wag mich mal an einen Interpretationsversuch:

Strophe 1: Ich muss an eine gerade mit der Hand geklatschte Fliege denken. Sie blutet Freiheit, weil sie bis eben noch vollkommen frei war, doch diese Freiheit vergeht nun. Fliegen können zwar glaube ich nicht richtig bluten, aber im übertragenen Sinne geht das schon, immerhin sind sie zerschlagen meist Matsch (hmm lecker ). Dass sie unter Fingern liegt, deutet darauf hin, dass ein anderer (das lyrDu) die Tat, also jemandem die Freiheit zu nehmen, begangen hat. Es könnte auch etwas flehendes in dieser Strophe liegen, man möchte selbst eine gewisse Freiheit erlangen, doch das eigene Selbst macht den Anschein, sich gleichzeitig dagegen zu sperren.

Strophe 2: Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube die Perspektive bzw. der Sprecher wechselt hier. Die Person, die die Fliege geschlagen hat versucht zu erklären, dass sie es nicht ist, die ihr die Freiheit nahm, sondern sie selbst. Sie (jetzt übertragen auf die Menschen) "sind stumm": sie sagen nicht, was ihnen nicht passt und kommen deshalb mit dem jetzigen Sprecher nicht klar. Es liegt auch ein bisschen Wehmut in den Zeilen, denn der Sprecher scheint das eigentlich gar nicht zu wollen.

Strophe 3: Hier bin ich nicht ganz sicher, ob die Facettensteine nun das Augenlicht der Person, die die Fliege zerklatscht und in zweiter Strophe gesprochen hat, zerrissen haben, oder das Augenlicht der anderen Personen. Beides würde funktionieren:
-die Person aus diesem Gedicht: Sie sieht eigene Fehler nicht ein, sieht nicht, was sie eigentlich tut, dass sie durch ihr Wesen andere vergrault, weil diese nicht an sie herankommen können...will vllt nicht sehen, weil sie sich sonst schwach fühlt, Angst hat...
-andere Personen, die die an ihr "abprallen": Die Menschheit (nunja ein Teil davon) sieht nicht richtig hin, will nicht sehen, wendet sich ab.
Vielleicht spiegeln die Facettensteine das Verhalten des/der jeweils anderen.

Insgesamt habe ich es gerne gelesen, es ist nicht ganz einfach zu verstehen und vielleicht liege ich auch vollkommen falsch (würde mich über eine PN freuen), aber es hat doch Spaß gemacht, Worte wie Fliegenkadaver und vor allem Facettensteine zu lesen. Strophe 2 finde ich auch wunderschön mit dem einwerfenden, ja fast ankladendem Ton, der gleichzeitig Wehmut andeutet.

@ Timo und Albatros: Das Gedicht ist nicht einfach, aber es lässt viele Gedanken zu. Man sieht beim und nach dem ersten Lesen vielleicht noch nichts, ja vielleicht auch noch nicht nach dem zweiten, aber wenn man sich dann daran macht es aufzuschlüsseln, Wort für Wort vorgeht, so ist es mit Sicherheit nicht vollkommen verschlossen. Manchmal muss man sich nunmal ein wenig mehr Zeit für ein Gedicht nehmen. Das macht die Sache doch erst interessant.

Liebe Grüße,
Jule
jule ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.04.2007, 13:28   #6
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007

Zitat:
Hier bin ich nicht ganz sicher, ob die Facettensteine nun das Augenlicht der Person, die die Fliege zerklatscht und in zweiter Strophe gesprochen hat, zerrissen haben, oder das Augenlicht der anderen Personen.
Fliegen haben Facettenaugen - darum war es für mich keine Frage, dass die Fliegen ihr Augenlicht verlieren müssten.
Ich glaube, die verschiedenen Facetten einer Persönlichkeit werden durch diese Steine hier ebenfalls zerstört - die Individualität zunichte gemacht.

An einen Perspektivenwechsel habe ich noch gar nicht gedacht. Interessant, was Du Dir so denkst, jule.
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.04.2007, 16:31   #7
Inline
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

Hallo zusammen,

ich denke, Albatros und Timo stören sich einfach an der Unbestimmtheit. Natürlich ist es schön, die eigene Phantasie spielen zu lassen, und Interpretationen abzuleiten. Nur existiert auch (grade für Männer ) die Inhaltsfrage: Was will mir der Autor damit sagen? Und vor allem, für mich selbst: Hat der Autor vermitteln können, was er sagen wollte oder hat er Fehler gemacht, die dazu führen, dass alles falsch verstanden werden muß. Ist der Klang, die Aussage, diese welche der Autor vermitteln wollte. Das Schwierige ist eben für manchen die Bewertbarkeit.

Ich glaube, Cutie, geht s weniger um den Inhalt, als mehr um den Klang bzw. die Bilder die durch so schöne Worte wie "Facettenaugen" entstehen, unterstellt man diesen metaporischen Hintergrund. Dadurch entsteht ein Leseerlebnis das vor allem mit sanften, leichten Empfindungen in Verbindung steht. Ich denke, dass Cutie ihre Gründe hatte es genauso zu schreiben, und auch dass es eine nachvollziehbare Inhaltsebene gibt, die jedoch wohl nicht der Auslöser war den Text zu schreiben.

Ich mag Cutie s Gedicht bezüglich der weichen Klang und Bildereigenschaften. Die Inhaltsebene sagt mir nicht zu. Dafür ist für mich wohl die Bedeutung dieser zu groß.

Meine persönliche Ansicht ist, dass die weniger inhaltsbezogenen Gedichte eher für den angenehmen Moment taugen, vielleicht für die Entspannung in freien Gedanken. Natürlich könnte man Beliebigkeit vorwerfen bwz. eine ziellose Ausdrucksweise (einer ziellosen Generation), aber das wäre zu einfach. Ich finde auch solche Gedichte haben ihren Reiz und ihre Berechtigung. Eine Art Musik ohne Gesang. Wenn ich sie selbst auch nicht bevorzuge.

Lieber Gruß Inline
Inline ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.04.2007, 16:34   #8
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007

Aber woher will man wissen, dass es dem Autor nicht um den Inhalt, sondern um den Klang ging?
Woher nimmst Du das in diesem speziellen Fall?
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.04.2007, 16:44   #9
Inline
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

Einfach deswegen, weil der Text zu vielseitig verstehbar ist. Das ist aber auch kein negatives Merkmal. Es ist ein speziell positives. Würden alle den Text lesen und nicht über die generelle Deutung dessen spekulieren, wär es für mich wahrscheinlich dass die Inhaltsebene vorrang hatte. So deutet vieles auf anderes hin. Wie gesagt, das macht die Bewertbarkeit nicht leicht.
Inline ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.04.2007, 16:55   #10
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007

Alles klar, danke.
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.04.2007, 18:44   #11
cute_fighter
 
Dabei seit: 02/2006
Beiträge: 1.123

...huch Das so ein mehr spontaner Text so viel Aufruhr auslösen könnte ... Da hab ich jetzt was zu tun, mich durchzuarbeiten. Ich denke, ich fange mit Struppi an

Du meinst, deine Interpretation würde sich nicht mit meiner decken... ich kann dir erstaunt sagen, dass mein Text wohl doch nicht so mehrdeutig ist, denn du hast es ziemlich erfasst. Natürlich gibt es immer noch persönliche Gedanken, die irgendwo in den Wörtern verborgen sind, aber die sind auch inhaltlich wohl nicht so sehr von bedeutung.
Denn ja, die Fliegen sollten keineswegs als etwas Ekliges dargestellt werden. Ich hatte lediglich das Bild dieser kleinen Eintagsfliegen im Kopf, deshalb auch mehrere "Fliegenkadaver" bzw. der Plural, dass "sie" bluten. Und du hast ganz recht, dass sie diese Freiheit des Fliegens verloren haben.
Ein Gedanke noch zu den Fliegen(den)... Vielleicht sind sie auch irgendwie mit dem lyr. Ich verbunden... Ein Teil von ihm oder einfach nur die Fliegen.
Es freut mich, dass dir mein Gedicht gefällt und ich danke dir für die Interpretation, denn sie hat mich doch ziemlich bestätigt, dass man auf den Inhalt kommen kann, den ich zum Teil beabsichtigt habe.

Ich denke, jetzt kann ich auch gleich hier noch auf jule eingehen, denn die Interpretationen sind sich doch sehr ähnlich.
Du hast Recht, Fliegen können nicht bluten Nur manchmal so gelbliches Zeugs... Deshalb bin ich auch erst auf die Freiheit gekommen, weil ich wusste, dass es ein Bruch wäre, wenn ich nun einfach schreiben würde, dass sie bluten.
Mit der Freiheit hast du ganz recht. öO. Also aus meiner Intention heraus...
An den Perspektivenwechsel habe ich selbst nicht gedacht, ihn gar nicht wahrgenommen... Interessant =) . (Gut, das war jetzt unprofesionnel, Autoren machen ja alles mit Absicht... aber das halt nicht ) Für mich war die Strophe immer noch aus der Sicht eines außenstehenden lyr. Dus, das eben diese Freiheit nicht erreichen kann, das was du schon in Strophe 1 ansprachst... Habe sie nun zum ersten Mal aus der anderen Sicht gelesen.
Struppi hat bereits gesagt: Facettensteine --> Facettenaugen der Fliegen. Und auch mit der Individualität gebe ich struppi ganz recht.
Insgesamt eine Interpretation, die sich teilweise erschreckend nahe an dem bewegt, was ich tatsächlich (beabsichtig und unbeabsichtig) aussagen wollte und teilweise überraschende Sichtweisen bereit hält. Echt schön, dass du dir so viel Mühe gemacht hast. =)

soo... inline =)
Ach man, ja, es geht mir oft viel zu wenig um den Inhalt oder um den richtigen Ausdruck. Hier ist mir der Anfang spontan eingefallen, ich musste ihn festhalten, da er mir einfach sehr gut gefallen hat.
Mich freut es, dass du dieses Leseerlebnis genossen hast (habe ich so verstanden ) und dass du dieses Sprachgefühl eben nachempfunden hast, das mich oft leitet...
Ich mag Gedichte mit verschiedenen Deutungen Und lieber Musik mit Gesang, aber vielleicht ist das mit dem Schreiben bei mir schon ganz anders... Man kann so etwas selbst immer erst nach einiger Zeit einschätzen.

Zu guter Letzt natürlich noch Timo und Albatros
Die Interpretationen haben euch vielleicht ein wenig den Zugang ermöglicht.
Danke aber auch an euch.

Grüße
=)
cute_fighter ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.04.2007, 19:05   #12
jule
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 378

Ich finds lustig, den "Smiliegang" zu beobachten

Danke dir, für deine ausführliche Antwort.
Der Perspektivenwechsel kam mir von Anfang an in den Sinn, eben wegen dem "an mir".


Was ich nochmal erwähnen muss: Das hier ist ein wahrlich schönes Beispiel, wie ein Gedicht kommentiert werden kann.

Liebe Grüße,
Jule
jule ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.04.2007, 19:09   #13
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007

Zitat:
Was ich nochmal erwähnen muss: Das hier ist ein wahrlich schönes Beispiel, wie ein Gedicht kommentiert werden kann.
*nick

Ich bin ebenso erstaunt (und erfreut) darüber, dass meine Interpretation so gut passt. Bin wohl doch nicht so lyrikuntüchtig.
Ebenfalls danke für die ausführliche Antwort.
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
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