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20.02.2012, 22:10 | #1 |
Der Zahlenträumer
Ich hatte einst einen Freund, der von Zahlen träumte.
Eines Abends nach einem langen Tag, trafen wir uns in der Wirtschaft, und er erzählte mir von ihnen. Am Anfang, waren es unbewusste Botschaften aus der Welt der Schlafenden. So träumte er von drei Riesen, die ihm auf einer Landstraße begegnet sind. Sie grüßten ihn nicht. Dann träumte er von neun Rosen. In seinem Traum, sammelte mein Freund die Blumen auf, um sie seiner Mutter zu geben. Nachdem er die letzte, gelbe Rose in seine Hand genommen hatte, und sich an der Dorne etwas stach, wachte er schweißgebadet auf. Danach wurde es schlimmer. Schon bald kamen niedere Objekte hinzu, dunkle Motive reiften am Horizont. Eines Nachts, schloss er sich im Keller ein und zählte die Bajonetten - er kam auf siebzehn. Dann spielte er ein perfides Waffenspiel, bei dem es darum ging, das populäre Roulette, auf den erstaunlichen Revolvermechanismus anzuwenden. Sechs Mal schoss er auf sich selbst, vergeblich, bis er im Traum endlich starb. Mein Freund konnte es nur schwer ertragen, aber geteilt hat er seine Sorgen nicht. Bald schon, fing er an die Zahlen abstrakt zu sehen. Ihm träumte, eine fette Eins würde ihn in einer Wüstenlandschaft verfolgen; bald hoppelten die Neunen, und trommelten den Rhythmus des Verderbens, nur um später, meinem Freund als abgedrehte Sechsen zu begegnen. Die Zahlen schlossen sich bald zusammen, und ganze Armeen, ja Völkerschaften von Hunderten von Tausenden bis zu Millionen, verfolgten ihn immer und überall. Am Schlimmsten waren die Momente, in denen er gänzlich allein schwebte, im Dunkel, im Nirgendwo, und dann ging die Sonne auf, nur dass sie nicht leuchtete, sondern alles schmelzen ließ, und dass sie keine echte Sonne war, dafür aber eine fluoreszierende, obszön-lockende, Null. Zum Glück, gestand mir mein Freund, waren diese phantasmagorischen Erscheinungen lediglich Traumexzesse, und hatten keine Folgen für seine Wirklichkeit. Er nippte an seinem Bier, und fixierte mich mit seinem traurigen Blick. Ich merkte, es war gut für ihn zu reden, doch absolute Erlösung, brachte es ihm nicht. Ich verabschiedete mich, und ging müde und zersaust nach Hause. Diese Nacht konnte ich dennoch gut schlafen, und mir träumte es gut. Vielleicht passieren die erstaunlichsten Dinge einfach so, ohne Grund. Für eine kurze Zeit, dachte ich am Morgen danach, dass ich doch von etwas heimgesucht worden bin, die letzte Nacht, aber dann, schob ich diesen unsinnigen Gedanken zur Seite, und widmete mich, mit dem Elan eines gewissenhaften Prokuristen, meinen Büchern. |
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20.02.2012, 22:12 | #2 |
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Spannend und interessant.
Enorm flüssig geschrieben. Gefällt mir. Liebe Grüße Peace |
22.02.2012, 18:57 | #3 |
Danke Peace!
Was mir gerade einfällt, viell. kannst Du irgendwo Bücher von Breton oder Bataille auftreiben...die sind Vertreter einer surrealistischen Zunft, die ich relativ schätze. Könnte Dir gefallen (falls nicht schon gelesen)! |
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22.02.2012, 19:11 | #4 |
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Die kenne ich noch nicht - noch nicht
Ich würde mir eine Fortsetzung vom "Zahlenträumer" wünschen. Die Geschichte ist richtig spannend! |