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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 05.05.2013, 13:56   #1
männlich Schmuddelkind
 
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Standard Anfangs wollt ich fast verzagen (Glosse)

"Anfangs wollt ich fast verzagen,
Und ich glaubt, ich trüg es nie;
Und ich hab es doch getragen -
Aber fragt mich nur nicht, wie?"

(Heinrich Heine)



Mir war vorm Beginn wie Allen:
„Ach, wie komm ich in den Tritt?“,
wollte schon die Fäuste ballen,
„Wer spielt mir so übel mit,
vor dem Aufbruch schon zu fallen
über diesen ersten Stein?“
Doch da half kein träges Klagen,
oder half es doch hinein?
Klagen kann ein Anfang sein;
anfangs wollt ich fast verzagen.

Doch dann ging ich einfach fort,
wusste nicht, wohin, doch Gehen,
Gehen war das einzge Wort,
das gebot, nicht mehr zu stehen.
War ich hier, so lockt' es dort.
Im Begehr, ihm nachzueilen,
übersprang ich Lethargie
und so schrieb ich tausend Zeilen,
es zu tragen, lief ich Meilen
und ich glaubt, ich trüg es nie.

Als ich wähnte, dass ich scheiter,
und das Scheitern war mir nah,
war ich um so Vieles weiter,
als ich in der Ferne sah.
Plötzlich wurde mir ganz heiter,
so als ging ich wie ein Weg,
nicht mehr, um „ich geh“ zu sagen,
war mir, dass ich mich beweg
endlich meines Ziels Beleg.
Und ich hab es doch getragen.

Schließlich war das Wort dahin
Und Beginn verhieß das Ende
und das Ende Neubeginn.
Wie auch ich es dreh und wende,
auf dem Weg nur macht es Sinn,
dass ich ganz eindringlich spürte:
eine ehrliche Magie,
die erst zum Beginne rührte,
mich mit jedem Schritte führte,
aber fragt mich nur nicht, wie?
Schmuddelkind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.05.2013, 16:26   #2
weiblich Ex-Nitribitto
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Ort: Berlin
Beiträge: 407

Standard Anfangs wollt ich fast verzagen

Au, da hat aber einer den Heine mal "richtig" verstanden! Und mit so viel Gesülz und Gesaftel, dass man wohl eher doch Heines vier Zeilen vorzieht.
Gruß, Nitribitto
Ex-Nitribitto ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.05.2013, 18:17   #3
männlich Phönix-GEZ-frei
 
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Beiträge: 1.722

Unser geliebtes Schmuddelkind

Anfangs wollt ich fast verzagen (Glosse)

Heine gilt als „letzter Dichter der Romantik“ und zugleich als deren Überwinder. Er machte die Alltagssprache Lyrik fähig, erhob das Feuilleton und den Reisebericht zur Kunstform und verlieh der deutschen Literatur eine zuvor nicht gekannte elegante Leichtigkeit.

Supi gemacht

sehr gern gelesen und Hilfe für so manch Geisteskind

Danke

LG Phönerle
Phönix-GEZ-frei ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.05.2013, 20:54   #4
männlich Schmuddelkind
 
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Zitat:
Au, da hat aber einer den Heine mal "richtig" verstanden!
Wenn "Eine" die Historie dieser Gedichtgattung verfolgt hat, weiß sie sicher, dass eine Glosse manchmal, aber bei Weitem nicht immer in interpretierender oder kommentierender Absicht geschrieben wird.

Danke, Phönix fürs Verstehen und dafür, dass du das Wort "Glosse" nicht überlesen hast und vor allem für das nette "supi".

LG
Schmuddelkind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.12.2013, 23:41   #5
Thing
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Standard Lieber Schmuddelkind -

wenn ich nicht gegraben hätte, wäre mir dies verlorengegangen...

o, ist das schön!

Kommentar folgt


vom
entzückten
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.12.2013, 02:48   #6
männlich Schmuddelkind
 
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Huch, da wird das olle Gedicht tatsächlich noch hochgezogen!
Danke, Thing! Bin gespannt auf deinen Kommentar.

LG
Schmuddelkind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.12.2013, 18:24   #7
Thing
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Beiträge: 34.998

Lieber Schmuddelkind,

mir gehen die überschwänglichen Lobworte aus.
Ich muß auf bereits Gebrachtes zurückgreifen.


Ein Kleinod, das mich bis zu Tränen rührt.
Ich glaube nicht, daß mir je eine so vollendete Glosse vor Augen geraten ist.
Und wenn, dann kam sie aus Deiner Feder!


Tief entzückten Gruß
von
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.12.2013, 19:58   #8
männlich Schmuddelkind
 
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Ach, Thing!
Du machst mich schon wieder verlegen. Kann mich leider kaum gegen dein Lob wehren... außer:

so doll fand ichs selbst gar nicht.

LG
Schmuddelkind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.12.2013, 21:01   #9
männlich Ex Pedroburla
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Dabei seit: 11/2013
Beiträge: 1.359

Zitat:
Zitat von Schmuddelkind Beitrag anzeigen
(...) ... so doll fand ichs selbst gar nicht.
Thing kann eben sehr "charmant" sein! Doch sogar - und mit dessen Schreibstil und Diktion könnte man Dein obiges Gedicht durchaus vergleichen - Heinrich Heine, einer meiner deutschsprachigen Lieblingsdichter, hätte mit zeitlichem Abstand das eine oder andere anders geschrieben; auch er hatte - wie jede/r Kreative - gute und weniger gute Tage! Trotzdem ist anzuerkennen, dass Dein Gedicht überdurchschnittlich gut ist - obwohl noch nicht GANZ konsequent "ausformuliert" ...

LG Pedro
Ex Pedroburla ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.12.2013, 22:09   #10
Thing
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Beiträge: 34.998

Zitat:
Zitat von Schmuddelkind Beitrag anzeigen
, Thing!


so doll fand ichs selbst gar nicht.

LG
Spielt für mich keine Rolle!
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.12.2013, 13:00   #11
männlich Schmuddelkind
 
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Beiträge: 4.798

Zitat:
Spielt für mich keine Rolle!
Ich weiß. Ist ja auch richtig so. Ich fand den Film, in dem Helge Schneider Adolf Hitler gespielt hat auch halbwegs gut, obwohl dieser ihn ständig schlecht geredet hat.

Danke, Pedro. Ja, so in etwa habe ich es auch aufgefasst. Vielleicht lohnt es sich, da noch einmal drüber zu gehen. So eine Glosse ist ziemlich schwer zu schreiben, finde ich. Man muss aufpassen, dass man nicht den roten Faden verliert und man braucht eben Ausdauer.

LG
Schmuddelkind ist offline   Mit Zitat antworten
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