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07.04.2018, 11:42 | #1 |
Resignation
Sie hatte ganz vergessen, wie es sich anfühlt, glücklich zu sein.
Die Tage, Wochen - vielleicht sogar Monate - zuvor hatte sie sich immer eingeredet, glücklich zu sein, um abends wieder an den Tod zu denken, ängstlich. Um mit nassen Haaren ins Bett zu liegen, weil sie den Lärm des Föns nicht hören wollte. Aber sie weinte nicht mehr, also dachte sie, es ginge ihr gut. Es brauchte nur wenig: Einen sonnig-warmen Frühlingstag, gerade warm genug um die Jacke und die Sorgen zuhause zu lassen, eine frische Liebe. Sie tauschte ihre schwarzen Pullover und Hosen gegen bunt gestreifte und blumig gemusterte Kleider und trug diese, obwohl es eigentlich trotzdem noch viel zu kalt dafür war. Sie konnte nicht an sich halten, wollte alles und jeden umarmen und küssen, ihre Liebe in die Welt hinausschreien. Sie war zum ersten Mal glücklich, seit sehr langer Zeit. Zwei Tage später, es war der 3. des neuen Monats, riss sie das alte Kalenderblatt ab. Und merkte, dass sie an vergangenen Zeiten festhielt. Es war wieder kalt geworden, Liebe ist ein flüchtiges Gefühl. Rote Linien zieren die schmaler gewordenen Knöchel, Tränen die Wangen. |
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07.04.2018, 15:25 | #2 | |
R.I.P.
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Hei, Enna
Zitat:
Zu 2. Statt Knöchel finde ich schmal gewordenen "Handgelenke", "Hände" passender. Geschmacksache. Den Satz finde ich schön; das Komma ist exquisit. LG v. Thing |
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09.04.2018, 11:16 | #3 | |
Forumsleitung
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Zitat:
du hast dir für deinen Text eine der schwierigsten Übungen ausgesucht: das Beschreiben von ambivalenten Gefühlen, die psychologisch stimmig sein, die Orientierungslosigkeit der Protagonistin verdeutlichen und ihren verzweifelten Versuch den Leser miterleben lassen sollen, aus der deprimierten Haltung herauszufinden. Oder ist es schon der Anfang einer Depression? Das braucht Raum und gewählte Worte, auch sollten die Sätze nicht zusammenhanglos folgen, sondern sich aufeinander beziehen. So steht der Satz mit dem ungefönten Haar etwas einsam und verloren da, ohne dass der Leser weiß, was es mit der Scheu vor dessen Rauschen auf sich hat. Beispiel: Sie hatte vergessen, wie es sich anfühlt, glücklich zu sein. Wochen- und Monatelang hatte sie sich eingeredet, glücklich sein zu müssen, denn sie war frei von nennenswerten Sorgen und eingebettet in ein sozial behütetes Umfeld. Doch der Widerstand hielt nie lange an. Wenn der Abend kam, holten sie die Gedanken an den Tod wieder ein und versetzten sie in Angst. Dann mochte sie nichts mehr sehen und nichts mehr hören. Selbst das Rauschen des Föns wurde ihr unerträglich, so dass sie mit nassem Haar zu Bett ging. Es spielte für sie keine Rolle, wovon ihr Kopfkissen feucht wurde, von ihrem ungetrockneten Haar oder von ihren Tränen.Nur als Anregung. LG Ilka |
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