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Alt 05.11.2023, 01:23   #1
trivial
 
Dabei seit: 11/2023
Beiträge: 18

Standard Briefe an G. 1. Brief " Verzeihen"

Aus einer längst vergangenen Zeit, zumindest fühlt es sich wie eine Ewigkeit an, objektiv sind erst knapp 2 Jahre vergangen. Ich hoffe keine Grundsatzdiskussion zu eröffnen oder das es provoziert beziehungsweise jemand sich angegriffen fühlt. Wollte nur festhalten wie es mir damals ging. Vielleicht dachte/denkt jemand ähnlich oder jemand der gegensätzliche Ansichten hat, eröffnet es eventuell einen Einblick, den wir uns vielzulange verwehrt haben. Es ist ein persönlicher Brief und Einblick und keine Aussage, die ich hier öffentlich verfechten möchte. Falls der Abstand nocht nicht groß genug und/oder das Thema noch zu kontrovers kann ich es auch gerne wieder löschen. Da fehlt mir die Erfahrung, seht es mir bitte nach.

Insgesamt waren es über mehrere Monate 5 Briefe. Alle waren sehr persönlich und den Umständen geschuldet thematisch ähnlich gelagert. Hier den ersten Brief, später vielleicht noch andere.

Dienstag 14.12.2021

Hallo Frau G

verzeihen Sie den langen Text, der wahrscheinlich viel Redundanz in sich hat.
Aber in mir herrscht Chaos und ich versuche erfolglos es zu ordnen. Ich weiß nicht, ob es alles so unsinnig ist wie es mir erscheint oder ob ich aus einem inneren Prinzip heraus den Sinn einfach nicht erkennen kann und überhaupt ob alles wirklich alles ist. Es gibt wenige, mit denen ich darüber reden kann/möchte. Also fühlen Sie sich geehrt oder gestraft...

bitte entschuldigen Sie, dass ich Sie damit belästige. Vielleicht können Sie meine Bedenken und Gedanken etwas zerstreuen oder auch bestätigen. Beides wäre mir recht. Sind psychische Krankheitsbilder absolut oder relativ bemessen. Bin ich verrückt, wenn ich das Gefühl habe, die ganze Welt ist Verrückt geworden.

Was im Kontext einer Coronaimpfung beziehungsweise deren Pflicht grade geschieht entzieht sich meinen Verständnis. Natürlich ist mir bewusst, dass meine Urteilskraft stark durch meine Intuition beeinträchtigt ist aber da es auch andersherum so geschehen sein wird, dass meine Intuition auf meinen Verständnis des bisherigen Lebens und dessen Beobachtung zurückgeht, maße ich mir an, bisher nicht durch inkohärenten denken aufgefallen, mein Gefühl eine gewisse Berechtigung aber auch Aussagekraft besitzt. Denoch wäre mir ein Abgleich, jenseits dogmatischer Wahrheiten lieb und wichtig. So komme ich zu Ihnen, obwohl ich durchaus weiß, dass Sie es wohl nicht gänzlich anderes sehen werden, was es indirekt ja wieder zu einer Art Bestätigungsfehler machen wird, ist mir auch Ihre Meinung lieb und wichtig. Sei es auch nur, da ich eine starke Überzeugung ohne eine starke Persönlichkeit besitze und aus dieser Diskrepanz heraus mir diese ganze Situation doch sehr zu schaffen macht.

Leider scheint es öffentlich keine objektive Diskussion mehr zu geben. Aus wahrscheinlichkeit und Meinung wird eine Wahrheit geformt, die dogmatisch unter allem steht. Vielleicht ist mir da etwas entgangen aber für mich ist es nunmal nicht so klar, zumindest besitzt es nicht diese Eindeutigkeit, dass der Zweck die Mittel heiligt. Weshalb ich nicht verstehen kann, wie leichtfertig ein Grundrecht wie z.B. Körperliche Unversehrtheit nicht nur aufgegeben sondern geradezu abgestoßen wird, in einer pervertierten Weise als etwas negatives hingestellt wird und wer sich darauf beruft folgerichtig nur ein Nazi sein kann.
Entschuldigen Sie die theatralik aber ich kann es wirklich nicht nachvollziehen, wie einvernehmlich sich die Gesellschaft wandelt, dass mir nur die einzig logische Erklärung ist, ich bin verrückt geworden. Es scheint mir anmaßend von Hysterie der Masse zu sprechen, dass alle von Sinnen sind und nur ich zu einem erlesen Kreis gehöre, der nüchtern die Welt betrachtet. Dennoch, wenn selbst unser neuer Bundeskanzler davon spricht, dass es keine roten Linien mehr geben darf und Verantwortliche allgemein nicht mal mehr versuchen Verantwortung zu übernehmen, beziehungsweise ihre Aussagen das Gewicht einer Wettervorhersage haben, entfernt sich die Welt von mir und ich bin nicht bereit mitzugehen. So gesehen, wenn psychische Krankheiten relativ zur Norm stehen, bin ich wohl nicht verrückt geworden, war es vorher nicht und bin es nun trotzdem.

Ich bin nicht sonderlich religiös oder spirituell aber ich glaube daran, dass es die Gesellschaft in den letzten Jahrhunderten geschafft hat, Werte auszubilden, die eine Gewisse Emergenz besitzen, die größer waren als man selbst. Nun scheint es mir, man meine die Welt, die Gesundheit, einfach alles kann und muss kontrolliert werden. Die Hybris des Kontrollwahns, der keine roten Linien mehr kennt, ohne die Demut der eigenen Unwissenheit, die sich doch immer wieder zeigt.

Oder wie Nietzsche sagte: "Die Erde ist dann klein geworden, und auf ihr hüpft der letzte Mensch, der alles klein macht. Wir haben das Glück erfunden – sagen die letzten Menschen und blinzeln."

Verzeihen Sie den langen Text, ohne das ich genau weiß, worauf ich hinaus möchte.
Vielleicht Absolution oder nur etwas los werden. Wie gesagt, mir macht die ganze Situation sehr zu schaffen und schubst mich in ein dunkles Loch. Das Gefühl von der Mehrheit der Gesellschaft für meine Empfindungen abgelehnt und stigmatisiert zu werden. Entweder bin ich ein schlechter Mensch, ein Idiot oder beides. Etwas dazwischen, daneben, drunter oder drüber scheint es nicht mehr zu geben. Alles geht vom dem Punkt aus wie man zu dieser einen Impfung steht. Ist es meine Fixierung darauf und das Leben findet daneben statt oder eine objektive Betrachtung und meine Fixierung resultierte aus der nötigung, wahrscheinlichkeit und Meinung als die eine Wahrheit anzuerkennen?
Ist es nötig, nötigend oder irrational.
Es belastet mich ja selber, dass meine Gedanken ständig von diesen einen Thema beeinflusst werden. Aber es scheint mir, vollkommen unabhängig, wie man dazu steht, dass Ungeimpfte systematische ausgeschlossen und benachteiligt werden, respektive diskriminiert. Ob es jetzt als Kollateralschaden einer Regelung die zum Schutz dient oder als Mittel zum Zweck, darüber könnte man vielleicht noch streiten, wo ich dann aber wieder darauf zurück komme, dass meiner Meinung nach der Zweck nicht die Mittel heiligt und es dringend nötig wird darüber objektiv, distanziert und unabhängig zu reden, ob es Werte gibt, die größer sind als man selbst oder was es in ketzter Konsequenz bedeutet, dass es keine roten Linien mehr gibt.

Jetzt habe ich doch noch so viel geschrieben und am Ende drehe ich mich Kreis. Danke für Ihre Zeit, evtl. haben Sie einen Rat, wie ich das Ganze entspannter angehen kann und ob ich Gespenster sehe.

Liebe Grüße
R
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