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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 28.05.2016, 15:36   #1
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Standard Gefunden

Sie ist es, und sie ist es nicht.
Je mehr ich meine Blicke
dem Heutigen entrücke,
wird mein Erinnern wieder licht.

Sie war noch klein, und unser Floß
war damals nach der Welle
so leer an ihrer Stelle,
und rings das Meer, so dumpf und groß.

Sie ist es nicht und ist es doch.
Jetzt sehe ich ihr Lachen
aus ferner Zeit erwachen.
Unglaublich, doch, es gibt dich noch…

Geändert von gummibaum (28.05.2016 um 18:21 Uhr)
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.05.2016, 18:19   #2
Stachel
 
Benutzerbild von Stachel
 
Dabei seit: 03/2015
Ort: Niederrhein
Beiträge: 954

Zitat:
Zitat von gummibaum Beitrag anzeigen
Sie ist es, und sie [ist] es nicht.
Ich glaube, das "ist" fehlt da in V1. Ich habe es mal eingesetzt.
Es ist ein schönes und nachdenklich stimmendes Gedicht, dass mich an das Gleichnis vom verlorenen Sohn erinnert. Abgesehen davon, dass der verlorene Mensch wohl nicht freiwillig fort ging, sondern (Welle) vom (heimatlichen?) Floß durch "Naturgewalt" entrissen wurde.
Das Bild mit dem leeren Platz hat mich in seiner Unmittelbarkeit zunächst an den Verlust eines Familienmitglieds denken lassen. Aber das passt nicht mit dem Ende.

Apropos Ende: Die Hinwendung in der Ansprache von den sonst in der dritten Person gehaltenen Versen zur zweiten Person im Abschlussvers ist ein interessanter Bruch. Er passt sehr gut zum Titel und schließt eine lange Suche auch stilistisch sinnvoll ab.

Einziger kleiner Wermutstropfen aus meiner Sicht: Das Bild von Wasser, Meer und Floß klingt nur in der zweiten Strophe an. Das Wiedersehen in S3 wirkt damit etwas seltsam. Landgang? Begegnung auf Floßen? Meerjungfrau?

Herzliche Grüße vom
Stachel
Stachel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.05.2016, 18:27   #3
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Danke, lieber Stachel. "ist" ist eingesetzt. Ich vergesse leider fast immer ein Wort.

Man sieht derzeit sehr viele Boote im Mittelmeer scheitern.

Hier sieht das LI (vielleicht 20 Jahre) später irgendwo seine ertrunken geglaubte Tochter, ist sich aber natürlich zunächst nicht sicher. Mit dem Wechsel des Pronomens geht es quasi auf sie zu, um sie anzusprechen und ihr ihre Identät zu offenbaren.

Aber all das wird ja (wie du findest: leider) im Gedicht nicht genauer ausgeführt. Mir ging es um das Wiedererkennen und Wiederfinden.

LG g
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.05.2016, 19:32   #4
Stachel
 
Benutzerbild von Stachel
 
Dabei seit: 03/2015
Ort: Niederrhein
Beiträge: 954

Zitat:
Zitat von gummibaum Beitrag anzeigen
Danke, lieber Stachel. "ist" ist eingesetzt. Ich vergesse leider fast immer ein Wort.
Das geht mir sehr ähnlich. Ich überlese ständig in den eigenen Gedichten selbst die groben Schnitzer. Das Gehirn kann einem seltsame Streiche spielen.

Zitat:
Zitat von gummibaum Beitrag anzeigen
Man sieht derzeit sehr viele Boote im Mittelmeer scheitern.
Bei einem Floß denke ich nicht gerade an Flüchtlinge. Mir kommen da Bilder von überfüllten, aber ordentlich gefertigten Booten in den Sinn. Floß klingt eher nach Flucht von einer einsamen Insel (Robinson, Cast Away) oder eben nach einem übertragenen Sinn (Famile als "Floß", angelehnt an "das Schiff, das sich Gemeinde nennt", Protestanten werden es kennen).


Zitat:
Zitat von gummibaum Beitrag anzeigen
Hier sieht das LI (vielleicht 20 Jahre) später irgendwo seine ertrunken geglaubte Tochter, ist sich aber natürlich zunächst nicht sicher. Mit dem Wechsel des Pronomens geht es quasi auf sie zu, um sie anzusprechen und ihr ihre Identät zu offenbaren.
Meinst du nach 20 Jahren Trennung?
Die Offenbarung der Identität hatte ich verstanden, auch die Zweifel ("[...] sie ist es nicht [...]", schöne Korrespondenz zwischen 1. und 3. Strophe), aber das Wasserthema der 2. Strophe hatte ich metaphorisch aufgefasst. Es steht so alleine in der Mitte.

Zitat:
Zitat von gummibaum Beitrag anzeigen
Aber all das wird ja (wie du findest: leider) im Gedicht nicht genauer ausgeführt. Mir ging es um das Wiedererkennen und Wiederfinden.
Wie gesagt: Letzteres kommt gut rüber und ist, wie ich finde und hoffentlich verständlich ausgeführt habe, gut und interessant und passend umgesetzt. Beim anderen war ich wohl auf dem falschen Pferd, aber das muss ja niemandem leid tun.

Freundliche Grüße von
Stachel

Geändert von Stachel (28.05.2016 um 22:07 Uhr) Grund: falsche Grußquotierung entfernt
Stachel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.05.2016, 21:55   #5
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Standard Lieber gummibaum -

und Stachel -

Ich nehme an, nach 20 Jahren des Verlusts.
Hab mal einen Film gesehen, in dem dieses Phänomen eine große Rolle spielte.
Wahrscheinlich konnte ich deswegen dem Inhalt mühelos folgen.

Grüße in die Nacht
von
Romulus Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.05.2016, 22:35   #6
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Genau, liebes Thing.

LG g
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.05.2016, 19:05   #7
männlich Gylon
 
Dabei seit: 07/2014
Beiträge: 4.269

Lieber gummibaum,
ein sehr bedrückender Text. Sehr gern gelesen!

Liebe Grüße Gylon
Gylon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.05.2016, 19:07   #8
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Hab Dank, lieber Gylon. Ich freue mich.

LG g
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.05.2016, 21:51   #9
männlich Lewin
 
Dabei seit: 03/2015
Beiträge: 1.231

Standard Gefunden

Hallo gummibaum,

ein beeindruckendes kleines Gedicht. Beeindruckend, weil es mich an eines meiner Lieblingsgedichte von Fritz Graßhoff „Mein Bild im Fluss“ erinnert, aber vor allem wegen der Dichte, mit der du die Erinnerung an Wesentliches wachrufst. Und das mit einer schlichten Schönheit, die ganz tief aufwühlt…

Herzlich grüßt dich Lewin.
Lewin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.05.2016, 06:22   #10
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Hallo Lewin,

welche Freude. Danke. Graßhoffs Gedicht habe ich gesucht

http://www.muschelhaufen.de/index.ht...grasshoff.html

aber nur anderes gefunden.

LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
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