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14.05.2010, 11:50 | #1 |
Kindergschichte 4
Der alte Hans
Der alte Hans war griesgrämig geworden. Schon morgens, wenn er aufwachte, ärgerte es ihn, dass er noch im Bett lag. Er warf die Bettdecke beiseite und übelegte, was er als erstes tun wollte. Aber er hatte gar nichts zu tun. Er nahm die Bettdecke wieder an sich und schloss die Augen. Er ärgerte sich, dass er aufgewacht war. Draußen auf der Staße hörte er heute schon Kinderrufe. Das störte ihn. Er wankte ans Fenster, hustete in die frische Luft, spie aus und rief: "Könnt ihr nicht ruhig sein, verdammt!" Er hatte keine Lust mehr, wieder ins Bett zu gehen. Er war schon zu aufgeregt, um noch zu schlafen. "Komm schon, alte Hose!", schrie er, weil er sie nicht gleich fand. "Los jetzt, Herr Lahmarsch!", fauchte er zum Strumpf, weil ihm alles zu langsam ging. Dann, als er das Bein hob, um den Fuß in den Strumpf zu stoßen, passierte es. Ein Schmerz im Rücken und Hans warf sich wimmernd neben das Bett. Da lag er nun. Er konnte sich nicht bewegen. Wenn er aufstehen wollte, stach es, als wäre sein Rücken durchgebrochen. Draußen auf der Straße war es nun still. Im Haus noch stiller. Nur ein paar Vögel zwitscherten von fern. Hans hatte Kinder. Kinder gehabt. Alle waren groß und ausgezogen. Auch seine Frau. Weg! Nur die Katze, die ihn mit ihrem Miauen aufregte, kam manchmal noch schüchtern ins Zimmer und wollte gestreichelt werden. Aber Hans streichelte nicht mehr. Er füllte sie mit Katzenfutter ab und warf sie vor die Tür. Jetzt dachte er daran. Ach, wo war die Katze? Nicht mal sie kam, um sein Elend zu sehen. Hans weinte. Aber sowie er stärker weinte, blieb ihm die Luft weg. Er hätte nicht mal sterben können, weil ihn der Schmerz wieder weckte. Langsam ging die Tür einen Spalt weit auf. Hans merkte es nicht. Hans hielt die Luft , hielt die Tränen an, versuchte nichts zu denken. Unmerklich strich ein weiches Fell an seinem nackten Fuß entlang. Hans hatte das Gefühl, als ob sein Strumpf ihm um die Zehen wuchs. Dann hörte er das leise Schnurren. Mini, die Katze, kam doch. Und jetzt dachte er an seine Frau, die sie einst gezähmt hatte mit leisen, liebevollen Lockrufen, während er argwöhnisch abseits stand. Wie eines Tages endlich das aus Angst vor Menschen ganz verwilderte Tier ins Haus fand, langsam zu den Kindern ging. Und wie es dann eigene Kinder, drei Katzenbabies zur Welt brachte. Wie sie im Wohnzimmer im Körbchen lagen und seine Kinder still zusahen, wie Mini sie säugte. Welche Zeit, damals. Und er wusste es erst jetzt. Mini strich jetzt mit der Flanke über sein Gesicht. Immer wieder. Und diesmal konnte er sie nicht wegschubsen. Und er wollte es nicht. Er roch den kleinen Körper. Und bettelte still: "Bleib!" Er merkte, wie es ihn ablenkte von den Schmerzen, wie der Rücken allmählich ein kleines Stück weit wieder zusammen wuchs. Stunden blieb er so liegen. Und die Zeit wurde sein Freund. Später kroch er zum Telefon. Er rief nicht den Arzt an, sondern seine Frau. "Hallo", sagte er, "heute geht es mir nicht gut. Aber am Wochenende möchte ich dich einladen. Und ich frag mal unsere Kinder, ob sie auch kommen. Die Katze ist so einsam." |
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14.05.2010, 16:45 | #2 |
Hi Gummibaum,
erinnter fast an die Weihnachtsgeschichte. Aus meiner Sicht sogar für Kinder geeignet, denn da ist etwas das man draus lernt. Ich finds schön geschrieben, der Inhalt ist auch gut, nein sogar sehr gut. MfG Z. a. W. |
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16.05.2010, 11:49 | #3 |
Danke, Wackelpudding, für deine Worte.
Ja, der Text ist, wie "Der Tannenbaumräuber", ein Votum dafür, auf Menschen zuzugehen. Und hier so eine Anregung, das wieder zu suchen, was Tieren nicht so leicht auszutreiben ist. Kinder verstehen das wohl noch eher. Gruß gummibaum |
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