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Alt 25.10.2007, 17:52   #1
Queline
 
Dabei seit: 10/2007
Beiträge: 1

Standard Gegen mich

Eines Tages muss man sich von den alten Erinnerungen, die nie wieder real sein können trennen, oder?
Ich weine und lache zugleich, ist das nicht lustig?
Wenn ich an die Vergangenheit denke, glaub ich manchmal, das es eines Tages wirklich wie früher sein könnte.
Eines Tages, ist das nicht eine schöne Zeit Formulierung?
Man weiß nicht, was damit gemeint ist. Mein Vater benutzte diese Formulierung sehr oft.
,, Eines Tages wirst du bestimmt berühmt werden Sophie, ganz bestimmt!'' dabei lächelte er, als ob er mir sagen wollte, dass ich nur weiter träumen solle. Ja, träumen.
Als ich klein war, habe ich mir immer um Punkt 16.00Uhr, nach den Mittags nachrichten, meine Lieblings Sendung ,,Lauras Life'' angeguckt. Es war eine typische amerikanische Serie.
Es ging um ein Mädchen, das für einen gutaussehenden jungen Mann arbeitete. Nach ein paar Wochen verliebte sie sich in ihren Boss, und er sich in sie, und sie lebten glücklich, bis die Serie abgeschafft wurde. Eine typische Amerikanische Serie halt. Manchmal dachte ich wirklich, so komisch es auch klingen mag, dass mein Leben auch so sein könnte. Derart einfach. Und so fängt meine Geschichte an.
Als ich von meinen Eltern auszog, um mein eigenes Leben anzufangen, war ich gerade erstmal neunzehn. Recht jung, wenn ich jetzt zurück schaue. Nicht mal richtig verabschiedet hatte ich mich. Meine Mutter lag mir sehr nahe und als ich in ihr verweintes Gesicht sah, hatte ich das Gefühl, das nichts mehr so sein würde wie früher. Keine Träume mehr, nur die fette Breitseite des Lebens. Ich öffnete die verrostete Tür des Wagens und stieg ein, drehte den Zündschlüssel. Ich hörte wie der Motor anging, für eine Sekunde hielt ich die Luft an, damit der Gedanke an meine Kindheit für immer in Erinnerung bliebe. Ich fuhr los, ohne richtig auf die Straße zu schauen. Mein Ziel war Berlin. Die Hauptstadt. Die Hoffnung für alle jungen Leute. Es wurde Abend und die Straße war schlecht beleuchtet, ich riss die Augen auf, um die Umgebung besser wahrnehmen zu können. Erst am Ende der Straße hatte ich begriffen, dass ich mich verfahren hatte. Schon müde von der fahrt streckte ich mich, für heute reichte es. Nur wo sollte ich hier ein Hotel finden? Ich seufzte leise, drehte um und suchte die dunkle verlassene Straße nach einem Hotel ab. Fuhr weiter in die nächste Straße, suchte weiter. Wieder nichts. Na toll, mein eigenes Leben fängt schon richtig toll an, murmelte ich leise zu mir. Ein Hund bellte laut und ein schrei war zu hören. Wo war ich hier gelandet? Mit schüttelndem Kopf fuhr ich weiter, nur noch ein Versuch. Ganz am Ende des Asphaltes sah ich ein großes Schild leuchten. Endlich. Ich parkte mein Auto genau vor dem Schild, wo mit großen Buchstaben '' Motel'' stand. Das Erscheinungsbild des Motels, sah sehr verwahrlost aus. Es passte zu dieser Gegend. Ich stieg aus dem Wagen, nahm mir Zeit dabei. Die hatte ich jetzt genug. Ich nahm meinen Koffer in die Hand und schlenderte in die Pension. Drinnen roch es nach einer Mischung von Schweiß und Dreck. Nach Misserfolg.
Ich beschaffte mir ein Zimmer.
In diesem Motel, so schien es mir zumindest, war es kalt und grau. Leise ließ ich meinen Koffer auf den Boden sinken und legte mich auf das alte Bett, dass 2 Meter vor der Tür stand. Erschöpft machte ich die Augen zu. Alles drehte sich, ich fühlte mich schwach. Wie eine alte leblose Frau, die nur noch lebt um zu Leben. Meine Hände zitterten leicht.
Du hattest es mir versprochen Geborgenheit zu geben. Vielleicht habe ich sie von dir bekommen und es doch nicht gemerkt. Hast du mich geliebt? Ja. Oder doch nicht? Hab ich dich geliebt? Nein. Oder doch? Versprechen haben wir uns viele gegeben. Aber an seine eigenen Worte, hat man nicht geglaubt, das hat mich zerstört. Das nicht glauben. Ich weine jetzt, still und leise in diesem Zimmer. Es passte zu mir. Mutter, meine geliebte Mutter hasste dich dafür. Sie hasste dich, weil ich wegen dir traurig war. Mutter kannte dich nicht einmal, sie wusste nicht viel über dich, das interessierte sie nicht. Solange es mir gut ging, war sie auch glücklich. Komisch. Ich konnte dir vergeben, aber sie nicht.
Ich schlief den Abend nicht viel. Konnte es nicht. Dir die Schuld zu geben, wäre Schwachsinn, warst ja nicht bei mir, hast mir nichts getan. Ich bin weggelaufen, konnte nicht mehr. Musste weg. Mein eigenes Ding durchziehen, nämlich die Schauspielerei. Wenn ich bei meinen Eltern geblieben wäre, könnte ich es nicht. Nicht weil sie mich daran hindern würden, im Gegenteil, weil ich zu abgelenkt wäre. Ich wollte mich selbst in das kalte Wasser schmeißen, um zu sehen ob ich schwimmen kann.
Am nächsten Tag, fuhr ich weiter. Im hellen sah die Gegend nicht so schlimm aus, vielleicht weil es mir auch an diesem Tag besser ging. Es schien die Sonne, ich mochte es. Ich hörte Radio, es lief gerade einer meiner Lieblingslieder.
Es war ein Lied, indem die Gefühle willkürlich aus einen ausbrechen und man auf der Straße oder im Auto einfach anfängt zu schreien oder zu weinen. Ich liebte es. Es motivierte einen gerade dazu. Weine. Schreie. Die Ampel zeigte auf rot und ich schaute verträumt, immer noch dem Lied lauschend, aus dem Fenster. So viele Menschen. Jeder strebt nach Erfolg, trägt Verantwortung. Jeder versucht seine Sorgen beiseite zu schaffen, aber wer fühlt wie ich? Von wem bin ich die Sorge, die Verantwortung? Jetzt bin ich auf mich allein gestellt. Grün. Das Lied zu Ende. Einfach weiter, irgendwie wird es schon gehen, jetzt kann mir keiner mehr ein Vorwurf machen, bin ja weg. Bleibe nicht stehen. Damit keiner fühlt wie ich.
Noch eine Stunde fahrt, dann bin ich da. Ich will mich in Berlin mit meiner guten Freundin treffen, die auch weg gegangen ist. Ich bin mit ihr in die selbe Klasse gegangen. Sie hat bestimmt was aus ihrem Leben gemacht. Tief verankert im Boden, hielt sie jeden Sturm aus. So stark, ohne Rückblick. Ich bewunderte sie für jedes Lächeln, in jeder Situation. Ihre starke Hand, zielstrebig hochziehend.
Sie ließ mich allein. Mich, das verheulte Mädchen, das irgendwas aus ihrem Leben machen mochte. Stark, tief verwurzelt, das möchte ich sein. Damit ich die bin, die jemanden die Hand ausstreckt, lächelnd. Den Schmerz ertragend.
Zum Glück kannte ich Berlin ganz gut, da ich hier öfters schon Ferien gemacht habe. Es ist eine große Stadt und wenn man sie zum ersten Mal sieht, ist man etwas unbeholfen. Man weiß nicht wo was ist, alles ist so hektisch, keiner hat Zeit.
Meine neue Stadt. Mein neues Leben. Ich parkte das Auto und versuchte mein Tempo der Menge anzupassen. Mit zu fließen. Ich bog in eine Straße ein und sah unseren Treffpunkt. Ich öffnete die Cafetür noch rechtzeitig, bevor es anfing zu regnen. Ich schaute mich um. Viele Menschen saßen hier nicht. Nur ein paar ältere Frauen, die ihren heißen Cafe tranken und sich leise unterhielten. Sie war noch nicht da. Ich setzte mich an einen Tisch neben dem Fenster. Bestellte mir einen Eiscafe.
Marek, immer wieder beschwur ich deinen Namen. Ich machte den Mund auf um deinen Namen leise für mich auszusprechen, um zu schauen ob du nicht aus mir herauskommen würdest. Gefangen in mir, wie eine zweite Seele. Doch nichts passierte. Ich machte die Augen zu. Marek. Dein Gesicht tauchte vor mir auf, deine Wangen leicht gerötet, dein schwarzes Haar zurück gekämmt. Etwas hatte sich verändert. Bist du älter geworden, oder wieso schaust du mich so fragwürdig an? Die Erinnerung verblasste. . Ich versuchte es noch einmal, doch ich sah nur einen Schatten der immer näher zu mir kam. Enttäuscht öffnete ich die Augen. Wenn ich dich doch noch einmal küssen könnte. Dich ansehen und dich verstehen könnte. Dich ertragen könnte.
Nach kurzer Zeit ging die Tür auf. Und sie trat herein. Sie war von oben bis unten Nass. Ihre langen schwarzen Haare klebten an ihrem Gesicht. Die Schminke vermischte sich mit den Regentropfen. Sie zog sich ihr nasses Gewand aus, hing es auf einen Kleiderbügel. Gesehen hatte sie mich noch nicht. Ihr Blick wanderte durch den Raum. Ihre Schönheit war nicht zu übersehen. Nicht gerade eine typische Schönheit, nein das war sie nicht, eher wie ein Außenseiter, wie etwas das man begehren will, nur weil es anders ist. Was mich schon immer erstaunte, war ihr reifes Auftreten, so Ausgeglichen und ruhig.
Ich winkte ihr zu. Sie lächelte. Ihr lächeln. Unverwechselbar. So viel wärme, so viel Kraft. Sie schritt zu mir herüber.
,, Alice, schön dich zu sehen''
Sie setzte sich auf dem freien Stuhl neben mir, richtete ihre Haare und wischte einen Regentropfen auf ihrer Wange mit ihrem Ärmel weg.
Jede Bewegung von ihr sah aus wie einstudiert, wie ein Theaterstück.
,, Meine liebe Sophie''
Wie ich sie vermisst habe.
,, Nun sag mal, was hat dich nach hier verschlagen?’’
Sie zupfte an ihrem Ärmel.
,, Das Theater, da gehöre ich einfach hin’’
War das wirklich die Wahrheit?
,, Dann hast du eine gute Entscheidung getroffen, vielleicht kann ich dir ja dabei behilflich sein.’’
Wir lächelten uns an. Ich trank mein Eiscafe.
,, Ich glaub, ich hol’ mir auch was zu trinken, wie wäre es mit einem heißen Kakao?’’
,, Für dieses Wetter, das perfekte Getränk.’’
Ich schaute auf meine Tasse. Lächelnd. Nicht ganz perfekt, aber meine Entscheidung.
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