systemkritik 1.1

[reztuneb]

scheinheilig sanft surrt der scanner. ich liege nackt auf dem gerät, meine haut, fein säuberlich, neben mir auf einem stuhl. sie ist ordentlich gefaltet. meine ausgebreiteten arme sind hauchdünn mit silberdraht umspannt. ich bin gulliver.
meinen kopf kann ich 90 grad nach links und 90 grad nach rechts drehen. 65 grad nach oben, 60 grad nach unten.

stelle mir vor. stelle mir vor. vor vor zurück? mein ganzes leben auf dieser bank. ausgezogen und entblößt. damit ich zusammengehalten werde, haben sie mich in plastik gepackt. es wurden sogar ein paar löcher hineingeschnitten. ich habe den vertrag unterschrieben, der sie dazu berechtigt. vergessen, das kleingedruckte zu lesen. es war so viel. verdrängt.

ich kann nicht wirklich erkennen, wie groß der raum um mich herum ist. oder ob es fenster gibt? was ist ein fenster? was nützt es mir? komme ich damit voran? hilft es mir, mich selbst zu finden?

alle hundert sekunden fährt das licht des scanners über meinen körper. sie haben die frequenz erhöht. es tut weh, wenn das licht über meinen körper fährt. ich zähle rückwarts.

hundert. schmerz.
neunundneunzig. schmerz.
achtundneunzig. schmerz.

...

sechsundsiebzig. schmerz verringert.


...



dreiundvierzig. anfangsschmerz vergessen.



...




zehn. schmerz verflogen. nur die ahnung noch da.
...

zwei. schmerz eine bloße errinerung.
eins. schmerz vergessen.





null.