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Alt 19.03.2007, 18:30   #1
lichtelbin
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

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Zweimal werde ich mich, gemeinsam mit meiner Austauschschülerin aus Italien dem grenzenlosen Vergnügen des Shoppings hingeben. Also eigentlich wird sie shoppen. Ich werde wohl eher hie und da einem ihrer zahllosen „che carinoooooooo“ (wie süüüüüüüüüß) beipflichten und ein Coloris nach dem anderen auf meinenm Handy spielen. Auf diese Art erzielte ich gestern schon mehrere Highscores und verdrängte meine Schwester aus der Liste, das einzige, was mir an diesem Tag Freude bereitete. Am Vormittag hatten wir Samstagsschule gehabt und da konnte mir nicht einmal der Kuchen, der in der Bücherei für uns Helfer bereitstand, weiterhelfen. Während die anderen sich unter hysterischem Geschrei auf eine Bluse minderwertiger Qualität mit einem „I’m with my best friend“-Aufdruck warfen, begann ich mich langsam zu fragen, ob ich einen genetischen Defekt habe. Bei mir verursacht nämlich die Verschwendung von Geld und Zeit nicht die Ausschüttung von Glückshormonen, sondern Krämpfe meines halbfränkischen Sparherzens und meines halboberbayrischen Hungermagens. Ich wäre gerne mit den Jungs in den Müller gegangen und hätte mir CDs-Probeangehört, ich hatte da neulich was im Radio aufgeschnappt und…. aber die waren leider schon abgehauen, fort, denn der neue H&M in der Innenstadt hat wohl nicht nur mich, sondern auch meine lieben Freunde wahnsinnig gemacht. Aber ich musste dort ganze zwei Stunden meines Lebens verbringen, in denen ich locker ein neues Gedicht hätte schreiben können, oder ein halbes Bild malen, mein neues Radio hörend mit feinen Klassikradioklängen, anstatt einem sabbernden Fifty-Cent. Das Gebäude erstreckt sich über vier Stockwerke. Untergeschoss: Damen, Erdgeschoss: Damen & Accessoires für Damen, erster Stock: Herren, zweiter Stock: Damen. Verbunden durch eine quasi frei schwebende Wendeltreppe, auf der die Leute wie die Dominosteine standen und auch zweifelsohne umkippen würden, gäbe man ihnen einen Stups. Ich, bereits durch zwei langweilige Orte gezerrt, wäre gerne einfach in die Frauenkirche gegangen und hätte mich in eine Bank gesetzt, vielleicht sogar eine Kerze angezündet und Gott gedankt, dass ich ihn als Gott haben darf und mich nicht auf Pilgerfahrten zum H&M (Heiliger Mammonvertilger) oder zur Göttin Zara begeben muss, um dort das sauer verdiente Geld von mir oder meinen Eltern opfere und in religiöse Extase verfalle, sobald mir ein gestreiftes Oberteil mit Erblindungsgarantie unter die Nase hüpft. Doch die anderen Mädchen folgen getreu diesem Pfad von erlauchter Heiligkeit und geben freudig ihr letztes Hemd für ein neues, sie kaufen sich die fünfte schwarze Jeans und die sechste gepunktete Tunika, ein Kleidungsstück, das in zwei Jahren spätestens out ist. Fröhlich hopsen, von ihrer Lähme auf der Münchenbesichtigung wundersam von ihren Priestern geheilte Italienerinnen durch die Innenstadt, in Ballerinas und Röhrenjeans, was meiner Meinung nach aussieht, wie jemand, der sich nicht zwischen einer Strumpfhose und einem Rock oder einer Jeans hat entscheiden können und nun die Jeans wie eine Strumpfhose trägt und die Ballerinas für den femininen Rock-Touch verwendet, also kurz: bescheuert, weil die Füße dadurch breit, flach und unelegant wirken. Sie schreien und diskutieren miteinander und ein unnötiger Kauf nach dem anderen geht über den Ladentisch. Warum müssen sie das eigentlich in München machen? Schließlich gibt es das, was die kaufen überall. Anders wäre es, wenn sie ein Dirndl erwerben würden oder ein Kropfband, meinetwegen. Ohne zu blicken, ohne zu fragen hetzen sie an Residenz, Theatinerkirche und Feldherrnhalle vorbei, am Rathaus, am Glockenspiel, an der Mariensäule, heben nicht einmal den Blick zu den Türmen der Frauenkirche, ignorieren den alten Peter und den Viktualienmarkt. Was würden unsere Altvordern sagen, die ganze Menschenleben darauf verwendet haben, diese Dinge erst zu bauen und nach dem Krieg wieder aufzubauen, als Wahrzeichen Münchens, des Widerstandes, der Kraft dieser Stadt. Könnten wir die Italiener nicht einfach nach Bremen, Berlin, Hamburg karren und sie würden nicht merken, dass sie in einer anderen Stadt sind? Hätten wir nicht besser anstatt der zerstörten Michaelskirche einen Kleidungsladen gebaut?
Wie tot muss eigentlich die Welt dieser Menschen sein, wie leer, wie sinnlos? und muss ich denken, dass sie arm sind, im Geiste, oder sind sie im Recht zu denken, ich sei arm?


ist schon eine woche her, ich darf schließlich immernoch nicht wirklich tippen

engelsgruß, lichtel
lichtelbin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.03.2007, 22:28   #2
männlich Roan Eck
 
Dabei seit: 01/2007
Ort: München
Beiträge: 168

hey
Mal wieder bin ich der erste der dein Werk kommentiert. Auch bei so einem ernsten Thema, wie das, weclhes du angesprochen hast, musst ich lachen. Die Passage:

"Ich, bereits durch zwei langweilige Orte gezerrt, wäre gerne einfach in die Frauenkirche gegangen und hätte mich in eine Bank gesetzt, vielleicht sogar eine Kerze angezündet und Gott gedankt, dass ich ihn als Gott haben darf und mich nicht auf Pilgerfahrten zum H&M (Heiliger Mammonvertilger) oder zur Göttin Zara begeben muss, um dort das sauer verdiente Geld von mir oder meinen Eltern opfere und in religiöse Extase verfalle, sobald mir ein gestreiftes Oberteil mit Erblindungsgarantie unter die Nase hüpft"

fand ich echt witzig. Wobei ihmich frage ob du nicht ein wenig übberreagiert ahst. Du bist einwenig aggresiev gegenüber dieses Thema. Das verleit irgendwie eine angenehme würze (omg jetzt lass ich schon wieder den koch raushängen).

Das einzige, das mich sonst noch beschäftigt, ist. Du schreibst:

"Ich wäre gerne mit den Jungs in den Conrad gegangen und hätte mir CDs-Probeangehört, ich hatte da neulich was im Radio aufgeschnappt und…. "

Ich bin nicht der regelmäsige conrad geher, aber ich hab noch nie irgendwo CD's gefunden zum Probe hören. Falls ich mcih irre wäre ich gerne beret dazu sie mir von dir zeigenzu lassen. CD's hören kenn ich sonst nur von Müller oder Saturn.
Das ist nicht das welbewgendeste Problem aber...

Mehr habe ich nicht mehr zu sagen. Wie gesagt ab und zu einwenig aggresiev und die Sache mit Conrad. Mach weiter so. Freu mcih auf etwas neues.
gruß roan
Roan Eck ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.03.2007, 22:35   #3
lichtelbin
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

danke für deinen kommentar
und das mit dem koch stört mich nicht die bohne, ich weiß es ja und irgendwie mag ich das auch...

tja... irgendwie schon etwas zu aggressiv...
aber ich habe immerhin 4 stunden meines lebens verschwendet...
man kann im conrad keine cds hören?
dann hab ich mich vertan 8o
ist ja auch eigentlich nicht soooo wahnsinnig wichtig, ich ändere das bei gelegenheit

engelsgruß, lichtel
lichtelbin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.03.2007, 22:40   #4
männlich Roan Eck
 
Dabei seit: 01/2007
Ort: München
Beiträge: 168

Puhh, dann hab ich mich in Sachen Conrad nicht getäuscht. Bin ich froh
Das ändert natürhrlch alles
Ja des mit aggresieven schreibststilist so eine Sache, darf ich an mein werk "ostbahnhof" errinern, da wars doch auch so aggresiev und ich finds immer noch gut so
gruß roan
PS: für das mit dem Koch kann ich nun einmal nichts, aber wenn es jetzt schon beim schreiben anfängt...
Roan Eck ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.03.2007, 19:55   #5
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007

Zitat:
Ich werde wohl eher hie und da einem ihrer zahllosen „che carinoooooooo“ (wie süüüüüüüüüß) beipflichten und ein Coloris nach dem anderen auf meinenm Handy spielen. Auf diese Art erzielte ich gestern schon mehrere Highscores und verdrängte meine Schwester aus der Liste, das einzige, was mir an diesem Tag Freude bereitete, am Vormittag hatten wir Samstagsschule und da konnte mich nicht einmal der Kuchen, der in der Bücherei für uns Helfer bereitstand, weiterhelfen.
Och nee, so ein langer Satz. "Da konnte mich nicht mal der Kuchen weiterhelfen." Hehe. Warst Du beim Schreiben halb abwesend? Sogar den Titel hast Du verpfuscht. Lichtel, lichtel.

Zitat:
hätte mich in eine Bank gesetzt,
Wie setzt man sich in eine Bank? Du meinst doch sicher keine Bank, von der man Geld abheben kann.

Warum darfst Du nicht tippen?

Liebe Grüße
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.03.2007, 22:05   #6
lichtelbin
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

weil ich nen enzündete sehnenscheide hatte
und man kann sich wohl "in kirchenbänke setzen" keine ahnung, warum man da "in" sagt, aber ich bin mir da ziemlich sicher
ja...
meine seele schwebte im leeren raum, auf der suche nach einem weiteren riss in der matrix... deswegen war ich abwesend
nee, ich kümmer mir drum

engelsgruß
lichtelbin ist offline   Mit Zitat antworten
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