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Alt 15.02.2006, 12:35   #1
NicoleSchnitzer
 
Dabei seit: 06/2005
Beiträge: 29


Standard Von Himmel und Hölle (Roman)

-1.Kaptiel-
„Der Seelenjäger“


Zu einer Zeit, als die Dunkelheit drohte, stärker zu werden als das Licht, erkor der Himmel und die Hölle jeweils einen Todesengel aus. Einer so schwarz wie die Nacht, der andere so weiß wie die Wolken am Himmel. Beide grundverschieden, und doch für dasselbe bestimmt. Das aufspüren reiner Seelen.
Der Name des schwarzen Seelenjägers lautete Erasmus. Er stand in den Diensten Belzebubs. Ein wahrer Fluch für seine Opfer. Seine schwarzen Schwingen, bestehend aus unzähligen Federn, trugen ihn lautlos durch die Lüfte. In einen schwarzen Mantel gehüllt, war er nur ein Schatten, in ihrer Nähe. Und doch war er nicht viel mehr, als ein Sklave seines Herrn.

Nach jedem erfüllten Auftrag, musste Erasmus in die Hölle zurück, die er so sehr verachtete. In dieser Nacht ließ er sich damit jedoch besonders viel Zeit. Die Seele, die er rauben sollte, hatte Erasmus schon vor Stunden in eine Karte gebannt, die er nun durch seine Finger drehte. Auf dem Dach einer baufälligen Kirche sitzend, sah er dabei in den Himmel. Von ihm funkelten die goldenen Sterne jedoch nur stumm zurück. Selbst der Vollmond, gab keine Antwort auf Erasmus fragenden Blick. So weigerte er sich auch weiterhin, in den Schlund der Hölle zurück zu kehren. Bis die Sonne drohend hinter einigen Hausdächern aufging. Mit einem Lächeln, begrüßte Erasmus den neuen Morgen und sah der Sonne bei ihrem Aufstieg am Himmel zu. Während alle anderen Dämonen vor dem Tageslicht flüchteten, genoss Erasmus die Sonnenstrahlen. Mit geschlossenen Augen wartete er sehnsüchtig darauf, dass sie seine Flügel berühren mögen. Als sich die ersten Federn im Sonnenlicht weiß färbten, wurde seine Ruhe allerdings von einem Flüstern unterbrochen.
„Erasmus!“, hauchte eine dunkle Stimme direkt in seine Seele und ließ ihn die Augen wieder aufschlagen. Ein schwarzer Schatten strich dabei durch seine Flügel. Dort wo er die weißen Federn berührte, färbten sich diese wieder schwarz. Unter Schmerzen und mit zusammen gebissenen Zähnen empfing Erasmus den Geist und ließ ihn gewähren, bis nur noch eine weiße Feder übrig war. Erst dann ließ der dunkle Schatten von ihm ab und hauchte eine letzte Drohung: „Kehre zurück… sofort!“ Dann verschwand er so schnell, wie er zuvor erschienen war. Einen Moment noch verweilte Erasmus in seiner gedrückten Haltung, bis der Schmerz in seinen Flügeln nach ließ. Erst dann sah er wieder auf. Mit der Hand von seinem angewinkelten Knie abstoßend, erhob er sich. Sein langer schwarzer Mantel umgab ihn dabei wie ein Schatten, während durch seine rechte Hand noch immer die Karte drehte. In ihrem Inneren glühte bläulich die geraubte Seele. Mit dem Blick noch einmal gen Himmel gerichtet, stoppte Erasmus die Karte zwischen Zeige- und Mittelfinger und sprach dabei: „Wie lange seht ihr euch das noch tatenlos mit an?“ Als vom Himmel keine Antwort herab stieg, wurden Erasmus Gesichtszüge finster.
„Na schön! Wie ihr wollt!“, flüsterte er in die Morgensonne und löste sich in einem Knäuel aus Federn auf. Nur ein zwei schwarze Federn blieben zurück, die lautlos auf das Dach der Kirche trudelten. Vom Sonnenlicht bestrahlt, blieben sie als weiße Federn liegen.

In den Tiefen der Hölle wurde Erasmus bereits erwartet. In einem weinroten Sessel sitzend, beide Arme auf den Lehnen ruhend, verharrte Belzebub auf seinem Thron. Mit geschlossenen Augen und hocherhobenem Haupt, wartete er scheinbar geduldig auf die Rückkehr seines Seelenjägers. Im Schein zweier Fackeln, die rechts und links neben ihm in einer Halterung flackerten, tanzte rot das Licht auf seiner schneeweißen Haut und in seinen langen schwarzen Haaren. Sein schwarzes Gewand lag in falten über seinem dürren Körper und verbarg ihn vor den Blicken Außenstehender. Ruhig, ohne jeglichen Atemzug, verharrte er in seiner Haltung. Nur seine knochigen Finger verrieten was in ihm vor sich ging. Sie gruben sich missmutig in die schwarzen Löwenköpfe die die Spitze der Sessellehnen verzierten. Erst Erasmus erscheinen lockerte die Umklammerung ein wenig auf.
Aus dem Nichts vielen von der Decke zwei dunkle Federn gen Boden. Langsam aber bestimmt näherten sie sich dem schwarzen Marmorboden. Dort wo sie ihn berührten, kam ein starker Wind auf. Bald wirbelte ein ganzer Sturm aus schwarzen Federn, um ein schattenreiches Zentrum, in dessen Mitten Erasmus Körper gestalt annahm. Mit einem Knie am Boden und dem anderen angewinkelt, erschien er im Gemach seines Herrn. Während der Sturm um ihn herum sich wieder legte und ein paar vereinzelte Federn neben ihm zu Boden sanken, zollte er seinem Herrn nur widerwillig diese Art von Respekt. Mit Verachtung Blickte er auf den Boden vor sich, wagte es dabei allerdings nicht, seine hasserfüllten Augen auf Belzebub zu richten, als er gehorsam meinte: „Melde mich erfolgreich zurück!“
Belzebub selbst schwieg jedoch. Wie ein Fels wirkte er in seiner starren, leblosen Haltung und geschlossenen Augen, während seine mächtigen schwarzen Schwingen hinter ihm einen Schatten auf Erasmus warfen. Als kein Wort die Lippen seines Herrn verließen, wagte es Erasmus seinen Blick langsam zu erheben. Über Belzebubs langes Gewand, das in weichen Falten von seinen Knien viel, glitt er empor und blieb an den knochigen Fingern hängen. Diese bohrten sich erneut in die Löwenköpfen am Rande der Lehnen und verrieten deutlich den Unmut seines Herrn, über die lange Abwesenheit. Weiter wagte es Erasmus Blick nicht auf zu steigen, denn nun erstarb die Stille unter Belzebubs Worten: „Du bist spät!“ Einen Moment lang verfiel Belzebub nun wieder in Schweigen, während sich seine Augen langsam öffneten und sein Blick auf Erasmus herab sank. Erneut erklang seine tiefe Stimme. Dieses Mal jedoch ungewohnt ruhig, für das was er zu sagen hatte: „Und deine Gedanken, gefallen mir gar nicht!“ Trotz des ruhigen Tones, sah Erasmus wieder erschrocken zurück auf den Marmorboden. Der Versuch seine Gedanken neu zu ordnen, gelang ihm jedoch nicht. Immer noch konnte er die Verachtung gegenüber seines Meisters weder ausblenden, noch verdrängen. Sein vergeblicher Versuch blieb nicht ohne Reaktion. Langsam, mit derselben Ruhe wie zuvor, drückte sich Belzebub aus seinen Sessel. Nur widerwillig ließen die langen dünnen Finger von den Löwenköpfen ab und falteten sich hinter seinem Rücken übereinander. Einen Fuß vor den anderen setzend, schritt er nun auf Erasmus zu. Seine lange schwarze Robe schliff dabei über den Blankpolierten Marmor und untermalte seine Schritte noch zusätzlich. Als er einen kurzen Moment vor Erasmus inne hielt, sah dieser erschrocken an dem langen Gewand empor. Bis es anfing ihn zu umrunden. Scheu folgte Erasmus blick seinem Herrn, bis dieser in seinem Rücken stehen blieb. Seine Straffe erwartend, sah Erasmus wieder vor sich auf den Boden und schloss dabei die Augen, bereit für das was Belzebub als nötig erachtete, um ihm seine Gedanken aus zu treiben.
„Sieh einer an. Da hab ich doch glatt eine übersehen!“, stellte Belzebub hinter seinem Rücken fest. Eine Hand zog er nun hinter sich hervor und berührte damit die letzt weiße Feder, die vom Morgendlich übrig war. Kaum erreichten seine Fingerspitzen das letzte Symbol der hellen Welt, da verschwand das weiß und wisch dem allgegenwärtigen schwarz in Belzebubs Reich. Zufrieden mit seinem Werk betrachtet der Herr über den Tot Erasmus Flügel noch eine Zeit lang wohlgefällig, dann griff seine ganze Hand in die schwarze Bracht. An einer Hand voll Federn zog er Erasmus auf die Beine, der ohne großen Widerstand dem Zug nach oben nachgab. Wieder fest auf beiden Beinen stehend, löste sich der Griff seines Herrn wieder aus seinen Schwingen und legte sich stattdessen um seinen Oberkörper. Einer der knochigen Arme Belzebubs, legte sich um Erasmus Talje und zog ihn enger an seinen Herrn, während der andere sich quer über den ganzen Oberkörper schlängelte. Die langen dünnen Finger umschlangen dabei Erasmus linke Schulter während Belzebubs Kopf auf der recht neben seinem Ohr ruhte. Angewidert von dieser Berührung sah Erasmus vor sich hin und versuchte dabei möglichst an nichts zu denken, doch wieder gelang es ihm nicht, leere in seinem Kopf zu schaffen. So hauchte Belzebub seinem Seelenjäger warm ins Ohr: „Deine Seele flüstert zu mir!“ Wieder huschte ein Gedanke der Abneigung durch Erasmus Kopf und verstärkte den Griff Belzebubs um ihn. Wieder hauchte der heißer Wind seines Herrn in sein Ohr: „…Weißt du was sie zu mir sagt?“ Eingeschüchtert von der Dunklen Aura Belzebubs schwieg Erasmus. Nicht einmal ein Gedanke der Abscheu traute sich mehr durch seinen Kopf zu ziehen.
„Sei vorsichtig mit deinen Gedanken, mein Seelenjäger, sonst bist du bald der gejagte.“, ließ Belzebub ihn wissen und vergrub dabei seine langen dolchartigen Fingernägel in Erasmus linkem Schulterblatt. Als über seine knochigen Finger das Blut floss, fügte er noch eine letzte Drohung hinzu: „Du gehörst mir!“ Wieder legte er eine kurze Pause ein und verhärtete noch einmal seinen Griff um den Seelenjäger, bevor er weiter sprach: „Verabschiede dich von deinem freien Willen. Denn wie du weißt, kann ich auch anders.“ Mit Schmerzbezogenem Blick sah Erasmus nun gen Boden. Nicht gewillt nun mehr zu wieder sprechen oder auch nur einen Gedanken daran zu hegen. Zufrieden einmal mehr den Willen seines Seelenjägers gebrochen zu haben, verließen Belzebubs Finger die Wunde die sie geschlagen hatten und glitten über Erasmus Oberkörper auf die Karte zu, die dieser noch immer in der rechten Hand hielt. Ohne große Mühe nahm er sie aus Erasmus Griff und ließ von seinem Seelenjäger ab. Die Karte wohlig betrachtend ging er zurück zu seinem Thron. Sein Gewand hinter sich werfend nahm er wieder platz. Als sich seine Robe wieder beruhigt hatte und in denselben Falten wie zuvor von seinem dürren Körper fiel, öffnete sich in seiner linken Hand ein dickes rotes Buch mit goldenem Einband. Aus dem Nichts war es dort erschienen und eben so geisterhaft schlug es sich selbst auf, und blätterte auf eine bestimmte Seite zu. Als es sie von allein gefunden hatte, legte Belzebub die Karte und damit die geraubte Seele in die dafür vorgesehene hülle auf der geöffneten Buchseite. Völlig vertieft in dieses alltägliche Ritual und mit einem gefälligen Lächeln auf dem fallen Gesicht, war Erasmus anscheinend vergessen. So faste dieser noch einmal den Mut zu sprechen: „Wenn das für heute alles war, dann bitte ich darum mich zurück ziehen zu dürfen!“ Nur leicht hob Erasmus dabei seinen Blick um die Reaktion seines Herrn abschätzen zu können. Doch dieser schenkte ihm keine Beachtung. Noch kurz zögerte Erasmus, dann wagte er es sich um zu drehen und den Versuch zu starten, das Gemach Belzebubs zu verlassen. Er hatte kaum einen Schritt von dem Thron seines Herrn weg getan, da schlug hinter ihm das Buch zu und die raue Stimme Belzebubs rief ihn zurück: „Du bist noch nicht entlassen!“ Verkündete sie gehässig. Mit einem fasst unhörbaren Seufzer, wand sich Erasmus wieder um und holte dabei Luft um nach seinem neuen Auftrag zu fragen. Als sein Blick zurück auf den Thron viel, schoss von dort eine neu Karte auf ihn zu. Gerade so fing er die scharfe Kante zwischen Zeige –und Mittelfinger vor seinem Gesicht ab, während Belzebub ihn dabei erwartungsvoll ansah. Einen verstolenen Blick warf Erasmus nun auf die Karte, auf der das Bild seines nächsten Opfers abgedruckt war. Dabei wurde er ausgiebig von Belzebub gemustert, der Geduldig die Reaktion seines Seelenjägers abwartete. Erst blieb Erasmus Blick teilnahmslos, bis seine Augen zu verstehen schienen, wenn er da als nächstes in die Tiefen der Hölle holen sollte. Es nicht glauben könnend, sah er zurück zu Belzebub und wollte dabei verwirrt wissen: „Aber das ist der Todesengel des Himmels!“
„Sehr richtig!“, gab ihm Belzebub ruhig zurück. „Bring mir seine Seele und ich vergesse was eben geschehen ist!“ Erasmus zögerte jedoch noch. Während er die Karte in der rechten Hand hielt, ballte sich seine linke zur Faust, während sein Blick finster auf die Karte gerichtet war.
„Das könnt ihr nicht verlangen!“, sprach er nur flüsternd aus. Doch für Belzebub war es laut genug, um wahrgenommen zu werden. Während sich seine Gesichtszüge verhärteten, legte er erneut eine Drohung in seine Worte: „Du weißt was dir blüht, solltest du meine Befehle missachten!“ Noch einen Moment lang zögerte Erasmus, dann warf er einen letzten Blick der Verachtung auf seinen Herrn, bevor er sich in einer Federwolke auflöste, um seinen Auftrag zu erfüllen. Ein zufriedenes Grinsen breitete sich nun auf Belzebubs Gesicht aus und legte seine weiße Haut in Falten. Zufrieden mit sich selbst sah er einigen übrig gebliebenen schwarzen Federn dabei zu, wie diese auf den Marmorboden zu taumelten. Ein Schatten trat dabei hinter seinem Thron hervor. Ein langes rotes Gewand mit einem schwarzen Umhang hüllte eine schlanke Gestallt ein. Endlos lange schwarze Haare wehten bei jedem Schritt im Schein der Fackeln und legten sich erst wieder ruhig um ihre Trägerin, als diese neben Belzebubs Thron stehen blieb. Ihren linken Arm legte sie auf die Rückenlehne des Sessels und blickte dabei wie Belzebub auf die Stelle an der Erasmus verschwunden war. Ihre kleinen spitzen Eckzähne blitzten blank, im schein der Fackeln, als sie zu sprechen begann: „Wieso schickt ihr nicht mich, diesen Engel zu eliminieren? Ich bin um einiges schneller, klüger und tödlicher als er.“ Ein erneutes Lächeln erhellte Belzebubs Gesichtszüge, als er auf die junge Vampirin sah die so voller Verachtung auf die letzten Federn am Boden sah. Dann nahm er ihre Hand die sie so elegant über seinen Sessel gelegt hatte und führte sie daran um seinen Thron auf seinen Schoss. Bereitwillig nahm sie auf selbigen platz, während sich ihr langer Mantel um den Sessel legte wie ein samtener Schleier.
„Weil ich dich hier brauche!“, gab ihr Belzebub zurück und legte dabei seine rechte Hand mit den langen Fingernägeln, sanft um die zierliche Wange. Unter einem Kuss ihres Herrn befreite sich die junge Frau daraufhin von ihrem schwarzen Umhang und ließ ihn sanft zu aus der Hand gleiten. Über den Sessel floss er wie ein Strom aus flüssiger Seide auf den Marmorboden und wurde, wie der Rest ihrer Kleidung, bald nicht mehr gebraucht.
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