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Sonstiges und Experimentelles Andersartige, experimentelle Texte und sonstige Querschläger.

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Alt 04.03.2008, 14:51   #1
weiblich Damaris
 
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Dabei seit: 03/2008
Ort: München
Alter: 57
Beiträge: 261

Standard Das Herz ist ein einsamer Jäger

Langsam öffne ich die Küchentür, gehe auf ihn zu...
"Beute erjagt den Jäger! Katze beißt sich in den Schwanz!"
Gedankenblitze in meinem Kopf. Da liegt er, auf dem Boden.
Ich kniee vor ihm, ziehe das Messer aus seiner Brust.
Hysterisches Lachen bricht aus mir,
zerschneidet die Stille.
Ich taste nach seiner Hand. Eiskalt.
Kalt und bleich wie Wachs. Wie lange schon?
Schwerfällig, wie durch Watte, bewege ich meinen Körper weg von ihm.
Zentimeterweise Distanz gewinnend. Weg von dem
süßlichen Geruch und dem klebrigen Rot des Blutes.
Ich habe keine Angst, nie mehr.
Nie mehr hab ich Angst vor ihm!
Er hat aufgehört, zu sein.
Der stolze Jäger, der geile Bock.
Das einsame Herz?

"Mein Gatte, wie habe ich Dich gehasst, hab gelitten, Angst!
Nun bist Du so friedlich... tot."
Mitgefühl, wie er da liegt, in seinem Blut.
Was jetzt? Ungläubigkeit weicht flutender Erkenntnis.
Ich fühle, endlich, wieder!
Meine Arme umfassen, halten mich.
Ich wende mich ab, hin zum Eckfenster.
Dort sitzt sie, Diana, auf den grauen Fließen.
Meine geliebte Rivalin - so schlaff, so bleich, blutbefleckt.
Unsere Blicke suchen sich.

"Diana. Du hast mich erlöst. Du bist nicht schuld. Ich weiß es, alles...
Du bist stark, so mutig, schön, perfekt.
Diese eine Schwachstelle, bedauerlich, Dein Herz.
Kindlich- naiv lässt Du dich fortreißen,
machst es ihm zum Geschenk, Dein Kostbarstes.
Wirbel in lichte Höhen, Sog in's schwarze Nichts.
Und dann - Ende und Aus.
Lange, bis Du begreifst: Du hast Dich verloren,
bist verloren. Dein Herz - seine Beute."

"Ja" flüstert Diana, "Ja!
Einsamkeit, kalte Leere in der Brust, Sehnsucht, Vakuum...
Dann, plötzlich, diese Wut! Ich, ich jage.
Rasend suche ich, greife das Messer, stoße zu,
wieder und wieder.
Überraschung!
Oh, ich bin gnadenlos und sehr präzise.
Ich bin Er.
Surreal und doch...
Ist es, war es so? Vorbei?"

"Gleich", ich nicke "gleich."
Greife zum Telefon, wähle 1,1,0.
Dann gehe ich zu ihr, hebe sie auf. Sie scheint kein Gewicht zu haben. Ich halte sie im Arm.
Sie umfließt mich, suchend, ohne Ecken und Kanten.
Wärme, Zärtlichkeit, pure Harmonie für einen Augenblick.

Aufheulendes Martinshorn... ewige Melodie der Jagd...
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Alt 04.03.2008, 14:57   #2
Stu
 
Dabei seit: 01/2007
Beiträge: 305

- verschoben in "Zwischen den Zeilen" -
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