Bittgebet

[Heinz]

Du hast mich, Gott, so lange leben lassen,
nicht nur bei Tag, auch manche tiefe Nacht,
ich armer Mensch, ich kann's, mein Gott, kaum fassen -
du hast mir alles irdsche Glück gebracht!

Du ließest locker siebzig Jahr verstreichen,
sie gingen hin wie eine einzge Stunde:
Mein guter Gott, nun lass dich doch erweichen,
und schließe meine allerschlimmste Wunde!

Was hilfts mir, wenn die Worte Seiten füllen,
wenn ich des Deutschen schlicht nicht mächtig werde?
Im Traume seh ich Kritiker den Mist zerknüllen,

ich hör sie flehen zu dem Schöpfergeist:
Verhindre bald mit göttlicher Gebärde,
dass jeder Dilettant hier Blödsinn scheißt.

[Ex-Letreo71]

Lieber Heinz,

mir scheint, du bist von allen guten Göttern verlassen, aber du bist!

Schön, dich zu lesen.

LG Letreo

[Heinz]

Liebe Letreo,
mein männlicher Stoßseufzer könnte Dir Recht geben, aber einer ist mir geblieben: Bacchus war mir immer treu.
Liebe Grüße,
Heinz

[talking head]

Wo, lieber Heinz, entwiche deinem Gedicht
ein männlicher Seufzer,
schlägt es mir doch nur lyrisch an.

Und beschisse wie im Schlaf
der Dilettant
die edle Wiese
doch mit seinem blödem Dünger,

nähme ein kluges Schaf
unter Schafen ihn bei der Hand
und bliebe ihm in großem Bogen
auch weiterhin gewogen.

Auf's Bittgebet kommt diese Kunde:
"Liebe nun auch die eine Wunde
und gib sie kund in trauter Runde."

Die Muse hat ein ehrliches Gesicht.
Den Dilettanten küßt sie nicht.

Was immer auch dein Aug erblickt,
umfasst sein Blick zurück
alles irdische Glück doch als das Deine.
Entzückt seist Du! Vor Freude weine!

[Heinz]

Die Muse hat ein ehrliches Gesicht,
den Dilettanten küsst sie nicht.

Lieber talking head,
Du sprichst ein großes Wort gelassen aus.
Hab Dank für Deine in Verse gesetzte Antwort!

Liebe Grüße,
Heinz