Liebe Anne 4

[Mummy]

Liebe Anne! (Teil 1)

Lange Zeit habe ich mich nicht mehr bei Dir gemeldet. Ich hoffe, Du verzeihst. Viel geschehen ist in den letzten Wochen, wenig Bedeutungsvolles, aber es hat meine Zeit in Anspruch genommen. Weißt Du noch, als ich Dir erzählt habe, wie gerne ich einen großen Bruder hätte? Wie ich Dich beneidet habe um Matze? Du hast jedes Mal gelacht und den Kopf geschüttelt. „Beschützer und Vorbild?“, hast Du gerufen, „Jeder kleine König hat auch seine Schattenseiten!“ Nie habe ich Dir geglaubt, in meinen Augen war er ein Held.
Doch nicht Kindheitserinnerungen sind es, die ich hervorholen möchte. Von meiner neusten Errungenschaft will ich Dir berichten. Da schlenderte ich letztens durch die Stadt, auf der Suche nach nichts, und kam zu einem Laden mit der Aufschrift „Kinderparadies“. Wie Du weißt, feiert meine kleine Schwester bald ihren neunten Geburtstag, vielleicht könnte ich hier also ein Geschenk erstehen. Wie enttäuscht ich war, nachdem ich durch die Tür getreten war! Nichts war da, nur ein Tresen, an dem ein Herr saß! Wo ich schon mal rein gegangen war, wollte ich natürlich erfahren, was das denn für ein Laden sei. Da fragte ich ihn, was sie hier so verkauften, und er schlug ein Buch auf, ein gar wunderliches und meinte: „Suchen Sie sich eins aus, junge Frau!“ Und da habe ich mir einen hübschen Jungen ausgesucht. Groß ist er, braunhaarig mit grünen Augen, zwei Jahre älter als ich, sein Name ist Philipp. Er ist immer für mich da, mit ihm kann ich über alles reden und er ist einfach perfekt, mehr kann ich dazu nicht sagen. Übermorgen wird er hier ankommen, ich bin schon sehr gespannt. Falls irgendwas nicht in Ordnung sein sollte, habe ich sogar ein Jahr Garantie drauf, ist das nicht ein klasse Service? Ich glaube, es wird toll mit ihm! Schließlich habe ich mir schon so lange einen großen Bruder gewünscht!
Ich werde Dich auf dem Laufenden halten!

Deine Marie


Liebe Anne, (Teil 2)

ich hoffe, Du erinnerst Dich noch an Philipp, meinen neuen Bruder, den ich mir im „Kinderparadies“ bestellt hatte. Seit wenigen Wochen ist er nun Mitglied unserer Familie. Anfangs hatte meine Mutter Bedenken, Du kennst sie ja, aber schließlich hat sie einer Probezeit zugestimmt.
Vom ersten Tag an hat Phil sich super in die Familie integriert, so, als lebte er schon immer bei uns. Er hilft gerne im Haushalt, ist witzig und man kann prima mit ihm reden; genauso, wie ich es in der Bestellung angegeben hatte. Da sein mitgeliefertes Startpaket an alltäglichen Utensilien wie Zahnpasta oder Anziehsachen leider einige Mängel aufwies - ich habe schon eine Beschwerde beim „Kinderparadies“ eingereicht - sind wir zuerst mit Phil einkaufen gegangen. Sein Umgang mit fremden Leuten ist wirklich vorbildlich, auch wenn es mir einige Probleme bereitet hat, ihm beizubringen, dass es nicht unhöflich ist, sich das Wechselgeld an der Kasse auszahlen zu lassen. Natürlich hat es ihn deswegen umso mehr verwirrt, als ich dem Kellner in der Eisdiele ein Trinkgeld gegeben habe, welches dieser ja nun wirklich verdient hatte. Welche Überredungskunst hat es uns gekostet, Phil dazu zu bewegen, sein Eis aufzuessen! Es standen ihm die Tränen in den Augen, weil er den Eisbecher nicht mit nach Hause nehmen konnte. Schließlich habe ich ihm versprochen, ihm einen Becher zu schenken, in dem Kunststoffeis drin ist, den er sich auf die Fensterbank stellen darf. Und, stell Dir vor, am Tag darauf ist er mit dem Auto von unserer Nachbarin in die Großstadt gefahren, um sich dort umzusehen. Ich weiß immer noch nicht, wie er das gemacht hat, aber Frau Wilke war sehr aufgeregt, als ihr Wagen nach zwei Stunden vergeblicher Suche doch wie gewohnt auf seinem Platz stand, nachdem sie doch gerade die Polizei angerufen hatte. Unseres sieht so ähnlich aus, musst Du wissen; Phil meinte, er hätte die Autos verwechselt. Zum Glück hat das außer mir niemand mitbekommen. Ich kann mir denken, dass Du wahrscheinlich nur mit dem Kopf schütteln kannst, doch mit solchen Vorfällen müsse man rechnen, habe ich in der Gebrauchsanweisung gelesen; eine Eingewöhnungsphase von mehreren Wochen sei durchaus normal.
Wie Du weißt, ist ja morgen der Geburtstag von meiner kleinen Schwester. Phil und ich haben in einem Laden mit dem Namen „Raritäten“ ein wunderschönes Geschenk für sie ausgesucht, einen Teppich. Mein Bruder ist gerade dabei, ihn auszuprobieren. Du weißt ja, wir haben hier viele Felder mit Kühen und Schafen, die ihr Gebiet nicht gerne mit Eindringlingen teilen, und auch der Fluss hier kann sehr launisch sein, die Wege außen herum aber sind weit. Dieser Teppich also ist so gebaut, dass man ihn nicht wahrnehmen kann, damit er den Straßen- und Luftverkehr nicht behindert. Phil ist nun allerdings den halben Tag unterwegs und langsam fange ich doch an, mich zu sorgen. Den fliegenden Teppich soll er bloß heil zurückbringen, sonst habe ich kein Geschenk mehr für die Kleine!
Ich gebe zu, es ist ein bisschen anstrengend mit ihm. Doch ich verspreche Dir: Dieses wird sich ändern. Ich werde mich so bald wie möglich bei Dir melden.

Deine Marie


Liebe Anne, (Teil 3)

Entschuldige bitte, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe, es ist so viel geschehen in der letzten Zeit. Du wirst es kaum glauben, aber es ist wahr: Der Geburtstag von meiner kleinen Schwester ist in gemäßigten Bahnen verlaufen. Sie hat sich riesig über all die Geschenke gefreut. Der Höhepunkt des Festes war natürlich ein Ausflug mit dem neuen Teppich. Als erfahrener Flieger hat Philipp uns kreuz und quer durch die ganze Stadt geflogen; was ich daran am Interessantesten finde, ist die Tatsache, dass uns tatsächlich kein Mensch bemerkt hat. Wider Erwartung wurden allerdings die Kühe unruhig, als wir in ihre Nähe kamen und auch die Vögel wirkten sehr irritiert.
Aber du ahnst nicht, was letzte Woche passiert ist: Phil kam wieder einmal von seinen Ausflügen mit dem Teppich nach Hause, aber nicht alleine! Erinnerst du dich noch an unseren ersten Schultag in der zweiten Klasse? Erinnerst Du Dich an den langen, blonden Zopf, das mit Sommersprossen bedeckte Gesicht mit der frechen Stupsnase? An die immer zu einem Schmollmund verzogenen vollen Lippen und diese frech funkelnden Augen? Und an diese karierten Röcke, die uns immer so beeindruckt haben? Ich bin mir sicher, Du hast schon längst erraten, wen Philipp mitgebracht hat: Unseren Märchenprinzen aus der Grundschule, Jack McDonnor. Natürlich trägt er mittlerweile keine Schottenröcke mehr und auch die Haare sind der Mode gemäß geschnitten. Wie Du Dir sicher vorstellen kannst, fühlte ich mich ganz in die Vergangenheit zurückversetzt, als er mich spitzbübisch angrinste und mich mit einem wunderhübschen Mädchen namens Lilly bekannt machte. Sie ist einfach perfekt, anders kann ich sie unmöglich beschreiben. Es ist kaum zu glauben, wie verrückt Phil nach ihr ist! Jack wirft den beiden ständig eifersüchtige Blicke zu, was ich völlig verständlich finde. Wie ein kleiner Hund folgt er ihr überall hin; selbst auf Toilette wollte er sie begleiten, aber mit vereinten Kräften konnten Jack, meine kleine Schwester und ich ihn davon abhalten. Komischerweise schien Lilly aber nichts dagegen zu haben, aber so etwas gehört sich einfach nicht. Wir konnten bis jetzt noch nicht herausfinden, wie Phil und Jacks Schwester zueinander stehen, aber sie scheinen ein sehr enges Verhältnis zueinander zu haben, laut Jack schon seit mehreren Wochen. Dass er ihr bei dem ersten Treffen einen Kohlkopf geschenkt hat, den sie dann neben einem Sportgeschäft zusammen gegessen haben, scheint sie ganz normal zu finden. Doch es ist ein Jammer, Phil ist zur Zeit so viel mit ihr unterwegs, ich beneide dieses Mädchen geradezu. Aber er scheint sich sehr wohl bei ihr zu fühlen und ich möchte doch sein Glück nicht kaputtmachen. Allerdings werde ich mich, wenn das so weitergeht, im Laden beraten lassen, wie ich seine Aufmerksamkeit wieder auf andere Dinge lenken kann.
Falls sich etwas Neues ereignen sollte, werde ich Dich informieren.

Deine Marie


Liebe Anne, (Teil 4)

es haben sich in der Zwischenzeit erschreckende Dinge ereignet. Phillip und Lilly sind mit dem fliegenden Teppich zusammen verschwunden! Ich kann es immer noch nicht fassen! Einfach so weg, ohne ein Wort zu sagen! Jack ist auch außer sich. Wir haben zusammen alle möglichen Plätze abgesucht, wo sie sein könnten, aber wir haben sie nicht gefunden. Sogar auf dem Waldspielplatz haben wir gesucht - in dem kleinen Häuschen, wo wir früher Hänsel und Gretel gespielt haben, weißt Du noch? - doch sie waren nicht da; kein Phil und keine Lilly. Der arme Jack ist todkrank vor Sorge. In eben unserer alten Hütte saßen wir dann zusammen, um uns auszuruhen. Da rückte Jack plötzlich näher zu mir und beugte sich vor: „Marie, ich muss Dir etwas sagen!“ Sein Gesichtsausdruck war steinerweichend, Du kannst Dir nicht vorstellen, wie aufgewühlt ich war! „Ich hätte es Dir schon viel früher sagen sollen, aber ich konnte einfach nicht den Mut aufbringen.“ Mit seinen großen Augen schaute er mich so intensiv an, dass mir ein Schauer über den Rücken lief. Was wollte er mir bloß sagen? „Marie! Lilly ist nicht meine richtige Schwester, ich habe sie gekauft. Es scheint mir, als wäre ein schwerer Fehler bei der Produktion unterlaufen. Ich fürchte, dass sie Deinen Bruder entführt hat, aber ich weiß nicht, was ich tun kann. Es tut mir so leid, Marie!“ Kannst Du dir das vorstellen? Er hat Lilly auch im „Kinderparadies“ erworben, dort, wo ich auch Phil gekauft habe. Wir haben uns für morgen verabredet und werden zusammen den netten Herren dort aufsuchen und uns beraten lassen, was man in einem solchen Fall machen sollte. Ich melde mich so bald wie möglich.

Alles Liebe, deine Marie


Nach langer Zeit gibt es wieder eine Fortsetzung. Ich hoffe, die Geschichte wird nicht langweilig.

Lg, Mummy

[Struppigel]

Hallo Mummy,

die Geschichte wird jetzt richtig interessant - viel besser, als es nach dem ersten Brief war.
Warum hast Du einen extra-Thread dafür eröffnet?

Dieses Fehlverhalten ist wirklich putzig. Ich kann mir die Fortsetzung ungefähr vorstellen - die Fehler steigern sich immer mehr, bis es zu einer ganz schlimmen Situation deswegen kommt und alle gewillt sind, das Produkt zu reklamieren.

Aber ich überlege gerade an einer anderen Fortsetzung, da die irgendwie nicht vom Hocker reißt.

Ich würde das Ding hier nicht umschreiben, sondern einen dritten Biref verfassen

Da sein mitgeliefertes Startpaket leider einige Mängel aufwies

Welche Mängel sind hier gemeint? Die später beschriebenen können es nicht sein, da sie rein zeitlich nach dieser Feststellung geschahen. Und wenn nicht, kommt es nicht richtig rüber.

weil er den Eisbecher nicht mit nach Hause konnte.

Hier fehlt noch ein Wort. "nehmen" höchstwahrscheinlich.

doch wie gewohnt auf seinem Platz stand, wo sie doch gerade die Polizei angerufen hatte.

Ich weiß, wie Du es meinst, aber das hier hört sich so an, als hätte sie auf ihrem Parkplatz die Polizei angerufen, denn "wo" ist kein Fragewort für die Zeit, sondern lediglich für den Ort.

Die Groß- oder Kleinschreibung der Anrede "Du" ist wieder nur inkonsequent - mal so, mal so.

Dieser Teppich also ist so gebaut,

Das "Dieser" verwirrt, weil der Teppich zuvor noch nie erwähnt wurde, ein solches Wort das aber voraussetzt. Ich würde vorher noch irgendeinen Satz einfügen, dass sie der kleinen Schwester einen Teppich gekauft haben.
Den Rest des Satzes verstehe ich nicht ganz. Eingeweihte können ihn nicht wahrnehmen? Müsste das nicht bei Nicht-Eingeweihten der Fall sein? Und warum behindert er dann den Verkehr nicht? Ist er dann auch durchlässig?

Liebe Grüße von Struppi

[Mummy]

Hi Struppigel,

es freut mich, dass die Geschichte dir auch weiterhin gefällt . Habe auch schon andere Meinungen gehört, aber auch das ist, wie alles, Ansichtssache.

Habe die Dinge, die du angemerkt hast, berichtigt. Dieses Mal habe ich zwar auf Du und du geachtet, aber scheinbar nicht gut genug. Ich hoffe, das ist jetzt einheitlich, die anderen Punkte habe ich konkretisiert.

Lg, Mumie

[Keks]

Hallo Mummy!
Das was Du schreibst gefällt mir sehr gut! Bei so einem Schreibstil wie Du ihn hast, muss man einfach immer weiterlesen, ich zumindest. Bin auf Teil 3 gespannt! )

[Mummy]

Schön, dass du es magst. Teil 3 kommt bestimmt

Lg

[Mummy]

Es gibt einen neuen Brief an Anne (s. erster Post).

Lg, Mummy

[Struppigel]

Hallo Mummy,

ich habe tatsächlich keinen einzigen Verbesserungsvorschlag - bei meiner Krümelkackerei sollte das was heißen!
Sehr interessant, mal schauen, wie es weiter geht.

[Mummy]

Kein Verbesserungsvorschlag? Mensch Struppi, ich bin enttäuscht . Ich bin auch gespannt, wie es weitergeht Mal sehen, ob ich in der nächsten Zeit noch was gebacken kriege.

Lg, Mummy

[Mummy]

Nach Ewigkeiten gibt es Liebe Anne Teil 4

[tagedieb]

Eine gut umgesetzte Idee leitet einen durch längere Texte. Jedenfalls hab ich mich hier nicht gelangweilt und hatte meinen Spaß beim Lesen. Und nach Teil 4 sollte meiner Meinung nach auch Schluss sein. Wir Leser haben ja Ansatz zum Weiterspinnen der Geschichte. Natürlich werden das falsche Brüderchen und das falsche Schwesterchen mit ihrem Teppich glücklich nahe einer Oase in Sibirien landen. Sie begegnen einem alten Schamanen, der ihnen den Weg bis zum Mittelpunkt der Erde zeigt. Und dann haben die beiden Gelegenheit sehr interessante Briefe zurück an Marie zu schreiben. Oder?

[Janus Winter]

ist es absicht, dass lilly aus teil 3 zu lucy in teil 4 geworden ist?

ich finde die geschichte langweilig. habe gehofft, es würde noch eine pointe kommen. aber es plätscherte leider nur vor sich hin. es fehlt irgendwie an tiefgang, aus dem thema hätte man mehr machen können. zudem wiederholt sich "wie du weißt" (& ähnliches) viel zu oft. man hat schon in teil 1 gemerkt, dass anne & ich offensichtlich viel gemeinsames erlebt haben. da muss man nicht immer drauf herumreiten.

[Mummy]

Hallo ihr!

Danke für die Kommentare.

@Ro: Freut mich, dass du deinen Spaß hattest . Ich bin aber nicht der Meinung, dass man das so stehen lassen sollte. Der Leser mag zwar eine Anregung zum Weiterspinnen haben, aber für mich ist das viel zu offen. Ich denke, es wird wohl noch mindestens ein letzter Brief kommen . Aber viele werden es auch nicht mehr, da ich es einfach zeitlich nicht gebacken kriege, die Geschichte regelmäßig fortzuführen...

@Janus: Nein, das ist ein extrem dummer Fehler von mir, der sich daraus ergeben hat, dass so viel Zeit zwischen dem Schreiben des 3. und des 4. Teils vergangen ist. Deswegen ist das sprachlich vielleicht auch ein bisschen einseitig, wenn man das alles auf einmal liest, kann ich nichts zu sagen, hab ich noch nicht gemacht. Eigentlich war "Liebe Anne" als längere Fortsetzungsgeschichte gedacht, aber das kriege ich aus o.g. Grund nicht hin.